Münster Bonn Geld war schon immer knapp

BONN · Wer das Bonner Münster betritt, dem fallen sicher zuerst die prächtigen Altäre, das Deckenmosaik in der Apsis oder die farbigen Fenster ins Auge. Dass hinter einem Sakramentsaltar vorne rechts noch etwas mittelalterliche Malerei hervorlugt, die alle Restaurierungen und Bauphasen überstanden hat, erkennt man erst auf den zweiten Blick.

Diese Ansicht der Münsterkirche ist eine Lithografie von 1850. Repro: GA

Diese Ansicht der Münsterkirche ist eine Lithografie von 1850. Repro: GA

Das neue Buch "Die Restaurierungsgeschichte der Bonner Münsterkirche", das jetzt vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland veröffentlicht wurde, zeigt solche Beispiele und führt zu den Anfängen der Denkmalpflege zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück.

Die Schwierigkeiten, mit denen seinerzeit der Kirchenvorstand zu kämpfen hatte, waren die gleichen wie heute: zu wenig Geld. Lorena Pethig hat für ihre Doktorarbeit viele Protokolle und Briefe aus dem Stiftsarchiv ausgewertet. "Korrespondenzen und Handwerkerrechnungen geben viel Auskunft über das, was gemacht wurde. Die handelnden Personen wurden sehr lebendig", sagt die Autorin, die bei ihrer Arbeit von der ehemaligen Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner betreut wurde.

Alles, was vor 1803 an der Münsterbasilika gemacht wurde, fällt unter Reparaturen. Erst nach der Säkularisierung, als die Stiftskirche nur durch einen Trick der benachbarten Martinspfarre vor der Zerstörung gerettet wurde, beginnt das, was man heute Denkmalpflege nennt. "Die Kirche wurde als Zeugin der Vergangenheit erkannt", sagt Pethig.

Im Münster sind noch viele "Zeitschichten" erhalten. Prägende Elemente wie die Malereien im Hochchor erhielt die Kirche jedoch erst im 19. Jahrhundert. "Man wollte einen homogenen Gesamteindruck erzeugen, einen perfekten mittelalterlichen Bau", erklärte Pethig. Außen wurde zum Teil Putz abgeschlagen, um der Kirche eine einheitliche steinerne Optik zu geben. Restaurierung im 19. Jahrhundert bedeutete Verbesserung und nicht zwingend, die Originalsubstanz zu erhalten.

"Es muss ein beeindruckendes Erlebnis gewesen sein, in diesen Raum zu gehen und diese ganze Pracht zu sehen", sagt Pethig. Heute würde man derart weitreichende Umgestaltungen nicht mehr vornehmen.

"Restaurierungsgeschichten zu einzelnen Bauwerken sind selten, weil sie unglaublich langwierig und schwierig zu recherchieren sind", sagte Landeskonservatorin Andrea Pufke gestern bei der Buchvorstellung im Münster-Carré. "Man muss sich mit endlosen Regalmetern Akten beschäftigen."

Stadtdechant Wilfried Schumacher freut sich deshalb auch über "die vielen Details, besonders die Originaldokumente, Fotos und Zeichnungen, die dieses Buch zu einer hochinteressanten Lektüre machen".

Draußen vor der Basilika verdeutlichte Pethig, dass "moderne Denkmalpflege heute einen ganz anderen Ansatz wählt". An der Westfassade des Münsters gab es keinen richtigen Eingang. Während Zeichnungen von 1869 einen Anbau vorschlagen, der die Architektur des Münster imitiert, steht dort heute das gläserne Münster-Carré, das einen Blick auf die alte Bausubstanz zulässt.

Die Baugeschichte des Münsters ist keineswegs zu Ende geschrieben. Ständig gibt es an dem imposanten Gotteshaus etwas zu tun. Bald steht laut Schumacher eine Generalsanierung an, auch Elektroninstallation und Beleuchtung müssen ausgetauscht werden. In 100 Jahren vielleicht Thema für eine weitere Doktorarbeit.

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