WCCB-Prozess Fußfessel statt U-Haft für Kim?

BONN · Wird Man-Ki Kim, Investor beim gescheiterten World Conference Center Bonn (WCCB), aus der Untersuchungshaft entlassen? Das war die zentrale Frage des 82. Verhandlungstages im seit Ende September 2011 laufenden Mammutprozess gegen Kim und weitere Angeklagte. Jens Rausch, Vorsitzender Richter der Wirtschaftsstrafkammer, traf dazu noch keine Entscheidung.

Zuvor hatte Walther Graf, Kims Strafverteidiger, einen Haftprüfungstermin beantragt und dies auf 38 Seiten begründet. Unterm Strich wirft Graf dem Gericht Verschleppungstaktik vor und argumentiert mit dem "Beschleunigungsgrundsatz". Konkret: "Dabei ist das Verfahren umso beschleunigter durchzuführen, je länger es schon andauert - und je länger die U-Haft andauert." Sein Mandant Kim sitzt seit 21 Monaten in U-Haft.

Ferner habe sich das Gericht "bei seiner juristischen Pionierarbeit im Zusammenhang mit dem koreanischen Rechtshilfeersuchen ganz offenkundig - zumindest in zeitlicher Hinsicht - verkalkuliert. Ob und wann der erste Zeuge in Korea gehört wird, weiß aktuell niemand mit der erforderlichen Sicherheit. Anstatt die sich aufdrängenden Schlüsse zu ziehen, versucht die Kammer ihren “Spagat„ zu turnen - in einer Zeit, in der es nichts mehr zu turnen gibt."

Auch jegliche Fluchtgefahr bestritt Graf und bot eine "Fuß- oder Handfessel" an, um Kims Aufenthalt elektronisch überwachen zu können. Gleichzeitig weist er ein Papier vor, wonach die südkoreanische Botschaft bestätigt, Kim nicht ihre diplomatischen Pforten zu öffnen. Staatsanwalt Ulrich Stein plädierte gegen Grafs Antrag: "Es gibt keinen Zweifel am dringenden Tatverdacht."

Außerdem habe sich Kim erst am 56. Verhandlungstag kooperativ gezeigt - und erst, nachdem Richter Rausch "eine negative Wasserstandsmeldung in Richtung Kim abgegeben hatte".

Zum Thema Fußfessel sagte Stein: "Das wäre der erste Fall in Nordrhein-Westfalen." Die Polizei könne die Überwachung gar nicht leisten. Auch sonst traut die Staatsanwaltschaft dem Braten nicht und sieht bei einer Haftverschonung Fluchtgefahr, nicht zuletzt "durch die angespannte Familiensituation Kims". Kim ist unter anderem wegen des Verdachts des Betrugs in drei Fällen und der Untreue in sieben Fällen jeweils im besonders schweren Fall angeklagt.

Erst am 64. Verhandlungstag, so Graf, habe man mit der Beweisaufnahme zum vierten Anklagepunkt begonnen. Ausführlich beleuchtet Graf die bisherige Beweisaufnahme zum Betrugsverdacht. Danach soll Kim die Stadt Bonn samt Stadtrat mit der Zugehörigkeit zum Hyundai-Weltkonzern hinters Licht geführt haben, um als Investor den Zuschlag für das WCCB-Projekt zu erhalten, für das viele öffentliche Fördermillionen bereit standen.

Kim von der SMI Hyundai Corp. hatte zugegeben, "bei der Vermarktung unserer Gesellschaft einen eher amerikanischen Marketingansatz" praktiziert zu haben. Im Klartext: Kim & Co. suggerierten ihre Nähe zum Weltkonzern Hyundai. Wie die Vernehmung von zahlreichen Zeugen aus dem Stadtrat ergab, hatten die Kommunalpolitiker geglaubt, dass die Sparkasse die wirtschaftliche Schlagkraft von SMI Hyundai Corp. geprüft und grünes Licht gegeben hatte. Tatsächlich hatte die aber einen Kredit für Kim abgelehnt, was auch die Stadtspitze wusste.

So hat Arno Hübner, der ehemalige Leiter der städtischen WCCB-Projektgruppe, ausgesagt: "Auch keine andere Bank auf diesem Planeten" hätte Kim & SMI einen Kredit gewährt. So kam die Nebenabrede zwischen Stadt und Sparkasse in die Welt, die aber nicht Bürgschaft heißen durfte, weil sonst die Kommunalaufsicht die Genehmigung verweigert hätte.

Auch das hatte Hübner dem Gericht erklärt. Von alldem wusste der Stadtrat nichts, als die Politiker Mitte Dezember 2005 für Kim den Arm hoben und ihm den Zuschlag für den Bau des World Conference Centers erteilten.

Der erste WCCB-Prozess
Angeklagte:
Man-Ki Kim (Investor), Ha-S. C. (Rechtsanwalt von Kim), Wolfditrich Thilo (Rechtsberater von Kim). Das Verfahren gegen Michael Thielbeer (Stadt-Berater) ist gegen eine Geldauflage von 150.000 Euro inzwischen eingestellt worden.

Die Anklagen lauten: Betrug, Untreue, falsche eidesstattliche Versicherung, Bestechung, Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in besonders schwerem Fall, Beihilfe zur Bestechung.

Weitere Anklagen: Die städtischen Projektmitarbeiter Arno Hübner und Eva-Maria Zwiebler sind wegen Untreue, beziehungsweise Beihilfe im besonders schweren Fall angeklagt. Friedhelm Naujoks, Ex- Leiter des Städtischen Gebäudemanagements (SGB) wegen des Verdachts des Betruges, zwei seiner Mitarbeiter sowie Young- Ho Hong, WCCB-Bauunternehmer, wegen Betrugsverdachts und Bestechung.

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