Bonner Investor im Interview Das sagt Frank Thelen über den Ärger mit Von Floerke

Bonn · Der Bonner Investor Frank Thelen lieferte sich zuletzt mit dem von-Floerke-Gründer David Schirrmacher, eine öffentliche Auseinandersetzung. Inzwischen ist Thelen dort ausgestiegen. Was ihn zurzeit viel mehr umtreibt: die Sorge um Europas Wettbewerbsfähigkeit.

Von Frank Thelens Büro im Bonner Bogen reicht der Blick durch die raumhohen Fenster über die Südbrücke bis zum Posttower. Trotz der exklusiven Lage herrscht in den Räumen seiner Investmentgesellschaft Freigeist Capital das Flair einer Studenten-WG. Im Aufenthaltsraum stehen Reste eines Kuchens, im Chefbüro liegt ein elektrisch angetriebenes Einrad-Skateboard. Thelen duzt aus Prinzip.

Seit Wochen läuft eine Schlammschlacht zwischen Ihnen und dem angeschlagenen Bonner Mode-Start-up von Floerke. Zuletzt haben Sie Ihre Anteile für einen symbolischen Euro an Mitinvestor Niclaus Mewes abgegeben. Hat der Zwist Sie beschädigt?

Frank Thelen: Das hat mein Tagesgeschäft und mein Leben nie beeinflusst. Allerdings hat es mich geärgert, dass aufgrund gefälschter Unterlagen unwahre Behauptungen über mich aufgestellt wurden.

Wie sieht die finanzielle Bilanz Ihres Investments in von Floerke aus?

Thelen: Ich habe dadurch etwa 250.000 Euro verloren.

Auch zahlreiche Kleinanleger der Crowd-Investment-Plattform Kapilendo haben Verluste gemacht. Sehen Sie sich als ehemaliger Gesellschafter von Floerkes in der Verantwortung?

Thelen: Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Entgegen anderer Darstellungen war ich wirklich von dem Unternehmen überzeugt, als die Kapilendo-Kampagne lief. Mir ist aber durch die Ereignisse noch einmal bewusst geworden, dass meine Bekanntheit und das Vertrauen in meine Person sehr groß sind. Künftig werde ich noch mehr reflektieren, was ich zu politischen, technologischen und anderen Themen sage. Crowd Investment generell bietet zwar gute Chancen, aber die privaten Kleininvestoren sollten sich auch des hohen Risikos bewusst sein.

Von-Floerke-Gründer David Schirrmacher nennt seine Strategie mit provokanten Internetauftritten und persönlichen Angriffen Guerilla-Marketing.

Thelen: Guerilla-Marketing gibt es schon lange, und mit True Fruits macht ein anderes Bonner Unternehmen vor, wie man mit gezielten Provokationen auf seine Marke einzahlen kann. Nicht in Ordnung ist es dagegen, wenn von Floerke auf Kosten anderer Menschen Umsatz generieren will. Hass gegenüber Frauen, Provokation mit Waffen und die Verletzung von Markenrechten zerstören eine Marke.

Ist die Start-up-Euphorie in Deutschland so groß, dass Gründern leichtfertig Geld in die Hand gegeben wird?

Thelen: Das kommt darauf an. In der sogenannten Seed-Phase ganz zu Anfang der Unternehmensgründung ist die Finanzierung in Deutschland relativ unproblematisch. In der zweiten Phase, wenn Firmen etwa eine bis zehn Millionen Euro brauchen, gibt es auch noch ausreichend Angebote von Investoren. Schwierig wird es danach, wenn etwa Technologiefirmen richtig viel Geld brauchen, um sich langfristig als Marktführer zu etablieren.

Wo soll das Geld herkommen?

Thelen: In Deutschland gibt es viel so genanntes altes Geld von sehr wohlhabenden Industriellenfamilien. Ich würde mir wünschen, dass sie mehr Geld in Technologie-Gründungen investieren. Da werden manchmal Summen von 100 bis 300 Millionen Euro gebraucht.

Offenbar wollen nur wenige dieses Risiko eingehen.

Thelen: Deshalb brauchen wir politische Lösungen. Der Staat könnte zum Beispiel Pensionsfonds vorschreiben, etwa zwei bis drei Prozent seiner Geldanlagen in Technologiefirmen zu investieren. Oder man lockt Großanleger durch steuerliche Absetzbarkeit.

Was hat die Allgemeinheit davon?

Thelen: Noch ist Deutschland durch seinen industriellen Mittelstand gut aufgestellt. Aber langfristig droht ganz Europa ins Hintertreffen zu geraten, wenn es nicht gelingt, den Technologieriesen in den USA und China Konkurrenz zu machen. Wir müssen jetzt in Europa einen weltweit führenden Technologiekonzern aufbauen.

Mit dieser Forderung sind sie auch immer wieder in der Berliner Politik unterwegs. Was treibt sie an?

Thelen: Ich mache da keine Lobbyarbeit, sondern versuche einfach, meine Überzeugungen weiterzugeben. Mir geht es um die Zukunft Europas, das ist mir ein persönliches Anliegen

Wie erfolgreich sind Sie in Berlin?

Thelen: Ich habe gelernt, dass Politik ein schwieriges und langwieriges Geschäft ist. Selbst wenn jemand überzeugt ist, heißt das noch lange nicht, dass er sich damit durchsetzen kann.

Wie laufen die Geschäfte Ihrer Investmentfirma Freigeist in Bonn? Es heißt, der unternehmerische Erfolg Ihrer Investitionen aus der TV-Show „ Die Höhle der Löwen“ hält sich noch in Grenzen.

Thelen: Bei Freigeist halte ich gemeinsam mit meinen Mitgesellschaftern derzeit Beteiligungen an rund 20 Unternehmen. Der Wert dieser Beteiligungen, gerechnet nach aktuellen Firmenbewertungen, summiert sich auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Richtig ist: Wir haben mit den Beteiligungen aus „Die Höhle der Löwen“ noch keinen Euro verdient, der Aufbau von Start-ups dauert fünf bis zehn Jahre. Es gibt bei uns aber keinen Zeitdruck, wir haben ausreichend frisches Kapital. Wir verfolgen eine langfristige Anlagestrategie und sind nicht auf schnelle Exits aus.

Wollen Sie als Juror bei der TV-Gründershow „Höhle der Löwen“ kürzer treten?

Thelen: Ja, ich habe die Zahl der Drehtage reduziert, um mich stärker auf unsere Technologie-Beteiligungen konzentrieren zu können.

Warum treten Sie überhaupt in einer Fernsehshow auf?

Thelen: Als ich vor sechs Jahren gefragt wurde, hatte ich gerade eine sehr unschöne Phase mit einem meiner Unternehmen hinter mir und fand es interessant, mal in eine ganz andere Welt hineinzuschnuppern. Und es hat sich gelohnt: Man erhält Einblick in viele Branchen und ich konnte dazu beitragen, das Interesse in der Öffentlichkeit für Unternehmensgründungen zu wecken.

Nicht zuletzt wegen der TV-Bekanntheit wurden sie als „Popstar der Start-up-Branche“ bezeichnet. Sehen Sie sich selber so?

Thelen: (lacht) In erster Linie bin ich Software-Entwickler, Popstar auf gar keinen Fall. Aber wenn mich jemand so bezeichnet, werde ich mich auch nicht darüber beschweren.

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