Dreck in Bonner Schulen und Turnhallen Fraktionen fordern schärfere Kontrollen

Bonn · Nach der Berichterstattung über die Unzulänglichkeiten bei der Reinigung in Bonner Schulen und Turnhallen hat sich eine Schulleiterin gemeldet. Sie berichtet von massiven Problemen. Bonner Ratsfraktionen fordern unterdessen schärfere Kontrollen der Reinigungsfirmen.

 Die Reinigung der Bonner Schulen ist in die Kritik geraten.

Die Reinigung der Bonner Schulen ist in die Kritik geraten.

Foto: dapd

Sie will anonym bleiben, um keinen Ärger mit ihrem Dienstherrn zu riskieren. Authentisch ist es trotzdem, was die Bonner Schulleiterin – nennen wir sie Frau Müller – dem GA schildert. Ein Beispiel für viele Schulen in dieser Stadt. Und ein Beleg dafür, dass Oberbürgermeister Ashok Sridharan gut daran tut, die umstrittenen Leistungsvorgaben an private Reinigungsfirmen jetzt doch auf den Prüfstand zu stellen.

Seit Jahren gebe es an ihrer Grundschule Mängel bei der Sauberkeit, berichtet Frau Müller. Die Putzfirma habe bisher für die tägliche Reinigung von fünf Gebäudeteilen und einer Turnhalle sieben Stunden zur Verfügung gehabt. Doch bei der Neuausschreibung habe das Städtische Gebäudemanagement Bonn (SGB) trotz der Probleme die Bedingungen verschärft: Seit Jahresbeginn hätten die Reinigungskräfte täglich nur noch sechs Stunden Zeit. Rechnerisch heiße das: 50 Sekunden für das Säubern einer Toilette, neun Minuten für einen kompletten Klassenraum (Boden, Tische, Waschbecken, Kreideleiste, Mülleimer leeren).

Einmal wöchentlich müssten eigentlich Fensterbänke, Heizkörper, Türgriffe und Ähnliches geputzt werden. „Aber das schaffen die gar nicht“, sagt Frau Müller. „Wenn Sie auf eine Fensterbank fassen, haben Sie schwarze Hände. Die Toiletten sind oft schmutzig. Überall liegt Staub, selbst auf Bürotischen.“ In ihrer Verzweiflung griffen die Lehrer immer wieder selbst zum Lappen – denn die „fast täglichen“ Beschwerden des Hausmeisters ans SGB würden dort geflissentlich ignoriert. Die letzte Reinigung der Fenster liege fast zwei Jahre zurück.

Auch auf den stadtweiten Schulleiterkonferenzen würden die Sauberkeitsprobleme immer wieder angesprochen. Die Stadt reagiere aber nicht. „Man fühlt sich einfach nicht ernstgenommen“, klagt die Grundschulleiterin. Als Frau Müller kürzlich auch noch einen umfangreichen „Hygieneplan“ schreiben musste, wäre ihr fast der Geduldsfaden gerissen. „Die Situation macht mich wahnsinnig wütend“, sagt sie.

Das gilt sicher auch für Ramona Schreiter, die sich gestern beim GA gemeldet hat. Sie ist selbst Objektleiterin einer Reinigungsfirma und beobachtete im vorigen Monat zufällig die Putzkräfte in einer Bonner Realschule, in deren Pflegschaft sie sitzt. „Ich war entsetzt und hätte ihnen am liebsten den Mopp, mit dem ein kompletter Flur (circa 20 Meter lang, drei Meter breit) 'gereinigt' wurde, aus der Hand gerissen. Er war nass gemacht in einer Pfütze von schwarzem, verdrecktem Wasser.“ Die Böden seien verschmiert, die Toiletten verdreckt gewesen. Ihr Fazit: „Für diese Reinigung ist jeder Euro zu viel.“

Von Schmutz in städtischen Turnhallen berichtet Wolfram Thiele, langjähriger Trainer in Bonner Sportvereinen. Die Firmen putzten mit breiten Wischmopps lediglich die großen Hallenflächen, nicht aber schwer zugängliche Ecken. „Ich schäme mich jede Woche vor den Kindern, weil ich ihnen nicht erklären kann, warum sie in solchen Dreckställen trainieren müssen“, betont Thiele. Bisher sei jeder Versuch gescheitert, mit den SGB-Verantwortlichen zu sprechen: „Das ist skandalös.“

Die Linksfraktion im Rat fordert das SGB seit Jahren auf, die Leistungsvorgaben bei den Ausschreibungen zu senken. „Diese Vorgaben sind in der Praxis nicht machbar“, unterstrich Anatol Koch, der für die Linke im SGB-Ausschuss aktiv ist. Bisher sei seine Partei aber am Unwillen oder Desinteresse der meisten anderen Fraktionen gescheitert. Koch hofft, dass interne Unterlagen der Stölting-Gruppe, einem der größten Auftragnehmer der Stadt, die Debatte jetzt vorantreiben: Die Arbeitszeitnachweise legen den Verdacht nahe, dass Putzkräfte unbezahlte Mehrarbeit leisten mussten (der GA berichtete). Koch: „Mir fällt es schwer zu glauben, dass das SGB davon nichts mitbekommen hat.“ Der Branchenmindestlohn für Gebäudereiniger beträgt übrigens seit diesem Monat 9,80 Euro. Die gestern genannten 9,31 Euro waren der Mindestlohn von 2014. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Tim Achtermeyer (Grüne): „Es ist fraglich geworden, ob unser städtisches Kontrollsystem einwandfrei funktioniert. Wir brauchen ein regelmäßiges Monitoring, inwieweit festgelegte Standards eingehalten werden. Gleichzeitig ist klar, dass gute Reinigung nur mit guten Arbeitsverträgen sichergestellt werden kann.“

Gieslint Grenz (SPD): „Wieder und wieder haben wir darauf hingewiesen, dass die Ausschreibungskriterien, was den Zeitaufwand in Schulen und Kitas betrifft, unrealistisch sind. Werden Reinigungskräfte zum Nacharbeiten angefordert, tun sie das unbezahlt. Wir müssen bei der Ausschreibungspraxis ansetzen und mehr Geld für die Reinigung zur Verfügung stellen.“

Stefan Fuchs (Allianz für Bonn): „Im SGB fehlt es an Professionalität. Es braucht ein strafferes Qualitätsmanagement, das die Einhaltung von Standards durchsetzt.“

Joachim Stamp (FDP): „Das muss konsequent überprüft werden. Wir brauchen ausreichende Kontrolle, sowohl was Ausschreibung als auch Leistungserbringung angeht. Schlamperei können wir nicht dulden.“

Welche Erfahrungen machen Sie mit der Sauberkeit in Schulen und Kindergärten? Schreiben Sie uns, schicken Sie Fotos an: bonn@ga.de

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