Sommerschule in Kessenich Flüchtlingskinder spielen und lernen

BONN · 60 Kinder aus Bonner Asylunterkünften werden in den Ferien drei Wochen lang in der Sommerschule in "Bonns Fünfter" ehrenamtlich betreut. Dabei lesen und rechnen die Kinder nicht nur.

 Fatoumata (vorne) mit Ehrenämtlerin Franziska und anderen Kindern.

Fatoumata (vorne) mit Ehrenämtlerin Franziska und anderen Kindern.

Foto: Horst Müller

Achmed würde am liebsten alle Aufgaben übernehmen: das Schnibbeln der Äpfel, das Schälen der Kiwis und das Halbieren der roten Weintrauben. „Nein, auch die andere wollen etwas zu tun haben“, bremst Franziska den Eifer des sechsjährigen Jungen ein wenig. Gerade erst haben Achmed, Fatoumata und die anderen Kinder der ersten Klasse das Schreibheft zur Seite gelegt, jetzt bereiten sie gemeinsam einen Obstsalat zu. Bevor sie allerdings zum Messer greifen, müssen sie noch einmal deutlich den Namen der verschiedenen Sorten sagen.

Das ist jedoch alles andere als ein fröhlicher Zeitvertreib in den Ferien. „Dadurch werden Sprache, Koordination und Feinmotorik trainiert“, erklärt Ellen Klandt. Gemeinsam mit sieben weiteren pensionierten Lehrern, einem Sozialarbeiter, einem Volkswirt im Ruhestand sowie 23 Schülern und Studenten betreut sie seit drei Wochen 60 Kinder aus Bonner Asylunterkünften.

Den sechs- bis zwölfjährigen Jungen und Mädchen werden in den Sommerferien nicht nur Spiel und Spaß geboten. „Nein“, stellt Ellen Klandt klar, die gemeinsam mit Reinhold Pfeifer die Sommerschule in den Räumen der Kessenicher Gesamtschule „Bonns Fünfte“ organisiert hat: „Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Sprachförderung sowie Schreib- und Rechenübungen.“

Viele Kinder sind traumatisiert

Eine Etage höher schreibt Jaafar in schönster Schrift die Namen der verschiedenen Körperteile auf. Er besucht bereits seit einiger Zeit eine Grundschule in Mehlem. Obwohl er erst vor acht Monaten aus Syrien gekommen ist, versteht er bereits jedes Wort. „Er ist wirklich sehr pfiffig“, hat die ehemalige Lehrerin aus Sankt Augustin schnell erkannt.

Jaafar ist schon bis Seite 66 in seinem Übungsheft „Willkommen in Deutschland“ gekommen. Und das in den Schulferien? „Mir macht hier alles Spaß. Das Lernen und die Spiele, die wir gemeinsam machen“, erzählt er strahlend. „Aber eigentlich ist Rechnen mein Lieblingsfach.“

Für Ellen Klandt und Reinhold Pfeifer, die beide vor ein paar Monaten aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sind, ist die Sommerschule allerdings kein Zuckerschlecken. „Sehr viele Kinder sind traumatisiert und haben eine geringe Frustrationsgrenze. Die Arbeit ist sehr anstrengend, aber sie macht unglaublich viel Spaß“, sind sich beide einig.

200 Kinder standen auf der Warteliste

Möglich wurde dieses Projekt nur durch das ehrenamtliche Engagement der Beteiligten sowie die Unterstützung von Bürgerstiftung, der Caritas/Diakonie-Hilfsaktion Robin Good sowie verschiedener Sachspenden. Viel Zeit gehe aber täglich verloren, weil man die Kinder in den verschiedenen Stadtteilen abholen müsse. „Vielleicht könnte in Zukunft dafür eine Art Schulbusverkehr eingesetzt werden“, wünscht sich Pfeifer. Denn das Angebot der engagierten Pädagogen stößt auf großes Interesse – 60 Kinder wurden für die dreiwöchige Aktion angenommen, 200 standen auf der Warteliste.

Auch wenn die Arbeit für die ehemaligen Lehrer anstrengend ist, sind sich beide schnell einig: „Die Kinder sind alle mit einer unglaublichen Motivation bei der Sache, clever und klug. Wenn wir sie jetzt gut auffangen, dann werden wir alle in Zukunft davon profitieren“, so Pfeifer.

Achmeds Urteil ist auch eindeutig: „Ich will nicht mehr zu einer anderen Schule gehen. Ich will hier bleiben“, sagt er und schreibt die Namen der Farben zu den entsprechenden Bildern. Heute bekommen alle zum Abschluss der Sommerschule ein Zeugnis.

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