Containersiedlungen nicht ausgelastet Bonn kann mehr Flüchtlinge aufnehmen

Bonn · Die Stadt Bonn bringt mehr Geflüchtete unter als vorgeschrieben, die Containersiedlungen sind dennoch nicht ausgelastet. Aber: In den nächsten beiden Jahren erlöschen die Betriebsgenehmigungen.

 Flüchtlinge überqueren die Grenze von Österreich nach Deutschland (Symbolbild).

Flüchtlinge überqueren die Grenze von Österreich nach Deutschland (Symbolbild).

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Die Stadt sieht derzeit ausreichend Kapazitäten, um weitere Flüchtlinge unterbringen zu können. Bei der Planung werde ein möglicher Anstieg der Zuweisungen bedacht, erklärte Kristina Buchmiller aus dem Presseamt. Allerdings betonte Buchmiller auch: „Gleichzeitig wird die Planbarkeit durch die Krisensituation an der griechisch-türkischen Grenze deutlich erschwert.“

Bonn gehe allerdings davon aus, dass die zuständige Bezirksregierung Arnsberg nur dann weitere Flüchtlinge auf die Stadt verteilt, „wenn es in der Person liegende Gründe wie zum Beispiel durch einen Familiennachzug gibt“.

Bonn wird Erfüllungsquote mit fast 136 mehr als gerecht

Diese Einschätzung bestätigt auch das nordrhein-westfälische Integrationsministerium. Ministeriumssprecherin Marie Vörckel begründet sie damit, dass Bonn der Erfüllungsquote nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz mit beinahe 136 Prozent (Stand: 8. März 2020) mehr als gerecht werde. Die „Überfüllung“ hänge auch damit zusammen, dass in Bonn mit einer Erstaufnahmeeinrichtung in der Ermekeilkaserne und einer Zentralen Unterbringungseinrichtung in Bad Godesberg zwei Landeseinrichtungen angesiedelt seien.

Düsseldorf verweist in der Frage, ob Kommunen in der Zuständigkeit von Arnsberg ihre Quote noch nicht erfüllen, auf die aktuelle Verteilungsstatistik. Demnach gibt es etliche Städte und Orte, die unter den hundert Prozent liegen, beispielsweise im Rhein-Sieg-Kreis Rheinbach mit rund 90 Prozent. Ziel bleibe eine „gleichmäßige Verteilung“, so Vörckel.

331 Plätze sind derzeit in Bonn frei

In ihrem Jahresbericht 2019 zur Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen erklärte die Bonner Verwaltung, die Kommune habe im Dezember 1615 Flüchtlinge untergebracht. 331 Plätze seien derzeit frei, hatte Stadtsprecherin Monika Hörig kürzlich dem GA gesagt, und die grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, innerhalb bei Zuweisungen innerhalb des gesetzlichen Verteilverfahrens diese unbelegten Plätze in Bonn auch zu besetzen.

Die Stadt nutzt für die Unterbringung neben Wohnungen auch Containerdörfer, die an fünf Standorten im Stadtgebiet zu diesem Zweck errichtet wurden. Dort stünden aktuell 490 Plätze zur Verfügung, „die bei weiterem Zuzug gegebenenfalls verdichtet werden könnten“. Allerdings haben diese Container nur eine Genehmigung für drei Jahre, die erste für Buschdorf läuft im November dieses Jahres ab.

Rechtsgrundlage für Verlängerung der Containerdörfer fehlt

Für die Verlängerung der Ausnahmegenehmigungen fehle im Baugesetzbuch die Rechtsgrundlage, erklärte die Verwaltung. Und weiter: „Für eine Verlängerungsmöglichkeit wäre daher zunächst der Bundesgesetzgeber gefragt.“ Voraussetzung wäre nach derzeitigem Stand, dass die Container entweder in einem Wohn- oder Mischgebiet liegen und sie energetisch ertüchtigt werden.

Aus der Sicht von Bonns Sozialdezernentin Carolin Krause ließe die Qualität der Container in Buschdorf eine längere Nutzungsdauer zwar durchaus zu. „Da die Weiternutzung aufgrund der jetzigen Rechtslage aber nicht möglich und der Innenausbau sehr aufwändig ist, können die Containeranlagen nicht ohne großen Aufwand an einen anderen Standort versetzt und dort weiter genutzt werden“, sagte Krause. Derzeit prüfe die Stadt Optionen für eine sinnvolle und wirtschaftlich tragbare Nachnutzung. Käme es zum Abbau soll die Innenausstattung wie Möbel zunächst eingelagert werden.

Im vergangenen Jahr haben Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten – die Stadt beschäftigt unter anderem 18 Mitarbeiter für die soziale Betreuung, 20 Hausmeister und engagiert externes Sicherheits- und Reinigungspersonal – nach Angaben der Verwaltung fast 32 Millionen Euro gekostet. 11,57 Millionen Euro hat die Kommune selbst zu zahlen, den übrigen Betrag erstatten zum größten Teil Bund und Land. Die Zahlen sind einige Tage alt, so die Stadt.

Bündnis „Städte sicherer Häfen“

Im Unklaren sind die Auswirkungen eines mehrheitlich gefassten Ratsbeschlusses von September, dem Bündnis „Städte sicherer Häfen“ beizutreten. Die CDU hatte den Antrag von SPD- und Linksfraktion nicht mitgetragen, Oberbürgermeister Ashok Sridharan schon im Vorfeld vor „Stimmungsmache“ gewarnt.

Beigetretene Kommunen erklären sich bereit, zusätzlich zum bundesweiten Verteilerschlüssel aus Seenot gerettete Menschen unterzubringen. Dazu teilte das Integrationsministerium mit: „Im Falle einer kommunalen Zuweisung von Flüchtlingen dieser Gruppe werden allerdings vorrangig die Kommunen berücksichtigt, die ihre Aufnahmebereitschaft für Angehörige dieser Personengruppe geäußert haben.“

Forderung nach Aufnahme von Kindern aus griechischen Flüchtlingslagern

Sowohl Angelika Esch (SPD) als auch Michael Faber (Linke) sprachen angesichts des Beschlusses von einem wichtigen humanitären Signal. Beide machten aber gegenüber dem GA deutlich, dass die Stadt im Fall einer zusätzlichen Aufnahme mit Land und Bund verhandeln müsste, in welchem Umfang die Kosten für die Unterbringung von den Regierungen übernommen würden.

Faber und der Vorsitzende der Bonner SPD, Enrico Liedtke, fordern von Sridharan, dem Beispiel von sieben deutschen Oberbürgermeistern zu folgen, die signalisiert haben, Kinder und Jugendliche aus griechischen Flüchtlingslagern aufnehmen zu wollen.

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