Gericht Bonn Finderin verkauft Opernkarte und wird angeklagt

Bonn · Ein kurioser Fall beschäftigte das Bonner Gericht: Eine Flaschensammlerin findet ein Ticket und versilbert das Fundstück bei Ebay. Das Gericht spricht sie zwar vom Vorwurf der Unterschlagung frei, der Staatsanwalt lässt aber nicht locker.

Es ist eine Geschichte,wie sie nur das Leben selbst schreiben kann: Eine 41-jährige Pfandflaschensammlerin zog aus einem Mülleimer am Bonner Hauptbahnhof eine Opernkarte hervor, versteigerte sie für 20 Euro bei Ebay – und fand sich plötzlich auf der Anklagebank wieder. Was war geschehen?

Der Fall, der nun eine Bonner Strafrichterin beschäftigte, nahm seinen Anfang am 18. März. Da kaufte ein Rentnerehepaar an der Bonner Theaterkasse zwei Karten für die Aufführung der Oper Anatevka am 30. April. Und als sich das Paar anschließend in einem Café stärkte, passierte es: Während die 78-jährige Rentnerin ihren Kaffee trank, wurden ihr aus der Handtasche Portemonnaie und Notizbuch gestohlen – mitsamt der gerade erworbenen Theatertickets. Das Ehepaar verschaffte sich umgehend Duplikate der Eintrittskarten.

Als die Eheleute bei der Bank die EC-Karte sperren ließen, erfuhren sie, dass jemand bereits am Bankautomaten 500 Euro vom Konto abgehoben hatte. Die Bank ersetzte das Geld, und das Ehepaar hätte den Fall eigentlich abhaken können. Doch nachdem die beiden am 30. April in der Bonner Oper ihre Plätze eingenommen hatten, erschien plötzlich ein Mann, der einen der Sitze für sich reklamierte – und zum Beweis eine der gestohlenen Originalkarten präsentierte. Das Paar war nicht minder überrascht als der Fremde, der das Ehepaar darüber aufklärte, dass er die Karte bei Ebay gekauft hatte. Am Ende konnten alle drei die Oper genießen, denn auch für den Opernfreund mit der ersteigerten Karte fand sich noch ein Sitzplatz.

Anschließend wurde die Polizei eingeschaltet, die ermittelte die Kartenverkäuferin und stellte fest: Die 41-Jährige war es nicht, die damals im Café lange Finger gemacht hatte. Denn sie war nicht identisch mit der Frau, die beim Geldabheben am Bankautomaten von der Überwachungskamera aufgenommen worden war. Aber die Staatsanwaltschaft klagte sie dennoch an und warf ihr Fundunterschlagung vor. Und vor dem Amtsgericht fragte die 41-Jährige, die durch Drogenabhängigkeit im Leben gescheitert war und sich mit dem Sammeln von Pfandflaschen aus dem Müll ein wenig Geld verschafft, nun fassungslos: „Wenn jemand etwas in den Mülleimer wirft und einer holt es raus, warum ist das dann Unterschlagung?“

Ist es auch nicht, befand die Richterin, sprach die 41-Jährige frei und erklärte: Das ist genauso wenig Unterschlagung, wie wenn jemand etwas vom Sperrmüll mitnimmt. Endgültig aufatmen kann die 41-Jährige dennoch nicht: Die Staatsanwaltschaft bleibt bei ihrer Rechtsauffassung und geht in die Berufung.

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