Legionellen-Anlagen Ex-SGB-Chef Friedhelm Naujoks wehrt sich gegen Vorwurf

BONN · Friedhelm Naujoks, der umstrittene Ex-Chef des Städtischen Gebäudemanagements (SGB), muss sich seit Mittwoch wegen vorsätzlicher Trinkwassergefährdung vor dem Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, den Einbau einer Entkeimungsanlage in zwei Schulen angeordnet zu haben, durch die das Wasser mit giftigen Stoffen versetzt worden sein soll.

Naujoks hatte das Verfahren zur "anodischen Oxidation" selbst mitentwickelt. Ihm sei bekannt gewesen, dass dabei gesundheitsschädliche Trihalogenmethane (THM) im Wasser gebildet würden, so die Anklage. Trotz alarmierender THM-Messungen im Konrad-Adenauer-Gymnasium habe er die Anlage auch noch in der Gesamtschule II in Bad Godesberg eingesetzt.

Der mittlerweile gefeuerte Ex-Manager wies die Vorwürfe zurück. Er glaube bis heute nicht, dass die THM-Belastung mit der Desinfektionsanlage zu tun gehabt habe, erklärte Naujoks. Sein oberstes Ziel sei gewesen, den massiven Legionellen-Befall in einigen Schulen, in denen das übliche Erhitzungsverfahren nicht half, einzudämmen. Das gelang auch. "Ich hätte nie wissentlich Menschen gefährdet", sagte Naujoks. Dass die Staatsanwaltschaft ihm eine vorsätzliche Straftat vorwerfe, sei "ehrverletzend".

Im Sommer 2005 ließ Naujoks die Anlage ausschreiben; im September 2005 wurde sie am Konrad-Adenauer-Gymnasium installiert. Im selben Monat erhielt Naujoks eine warnende Mail von einem Fachmann des Landschaftsverbands Rheinland: Der wies darauf hin, dass das Oxidationsverfahren wohl keine Zulassung im Rahmen der Trinkwasserverordnung bekommen würde - das ist tatsächlich bis heute nicht der Fall. "Das war nur einer von Dutzenden Diskussionsbeiträgen", erklärte Naujoks dazu vor Gericht. Die Fachwelt sei davon ausgegangen, dass das Verfahren sicher sei.

Trotzdem ordnete das SGB am 6. Januar 2006 eine THM-Messung am Gymnasium an. Ergebnis: 0,16 Mikrogramm pro Liter - dreifache Grenzwertüberschreitung. Am 12. Januar ließ Naujoks die Anlage demontieren und fünf Tage später erneut messen. Resultat: praktisch keine THM-Belastung mehr im Wasser.

Der Vorsitzende Richter wertete das in der dreistündigen Befragung als starkes Indiz, dass sehr wohl ein Zusammenhang mit der Desinfektionsanlage bestand. Dennoch wurde sie wenige Tage später in der Gesamtschule installiert. "Das ist schwer zu verstehen", hielt der Richter dem Ex-Manager vor. Dieser habe doch gewusst, dass am Gymnasium krebserregende Methane aufgetreten seien. "Ich hätte mich nicht getraut, die Anlage weiterlaufen zu lassen", so der Richter.

An der Gesamtschule erreichte die THM-Belastung sogar 0,66 Mikrogramm pro Liter: eine 13-fache Grenzwertüberschreitung. Akute Gesundheitsgefahr bestand laut einem Gutachten nicht. Am 15. Februar 2006 ließ das SGB die Anlage abbauen. Naujoks plante jedoch einen weiteren Einsatz in Intervallen am Konrad-Adenauer-Gymnasium. Doch das Gesundheitsamt, von Beginn an skeptisch, verbot die weitere Verwendung. Könne es sein, fragte der Kammervorsitzende, dass der "Erfinder" dieser Technologie unbedingt an der Anlage festhalten wollte? Das bestritt Naujoks. Morgen geht der Prozess weiter.

Der Ingenieur ist auch im WCCB-Bauskandal mit weiteren aktiven und ehemaligen Stadtbediensteten angeklagt. Gegen seine Kündigung hat der 62-Jährige, der nach eigenen Angaben Arbeitslosengeld bezieht, in zwei Instanzen erfolgreich geklagt. Die Stadt versucht mit einer Nichtzulassungsbeschwerde am Bundesarbeitsgericht, die Kündigung doch noch durchzusetzen. Naujoks, der in Detmold wohnt, gehörte mit rund 175.000 Euro Jahresgehalt zu den bestbezahlten Stadtmitarbeitern.

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