Prozess in Bonn Euskirchener muss sich wegen heimtückischen Mordes verantworten

EUSKIRCHEN/BONN · "Ich habe nur noch gemerkt: Was machst du da? Aber da war es schon zu spät." Unter Tränen berichtete ein 54 Jahre alter Mann aus Euskirchen vor dem Bonner Landgericht von jenem Tag im Mai dieses Jahres, an dem er seine schwer kranke Mutter (91) mit einem Küchenhandtuch erdrosselte.

"Ich konnte nicht mehr", so der Angeklagte am ersten Verhandlungstag. Die Staatsanwaltschaft geht von einer Tat im Affekt aus und wirft dem ehemaligen Postmitarbeiter einen heimtückischen Mord im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit vor. Gleich zu Beginn des mehrtägigen Prozesses erteilten die Richter der Schwurgerichtskammer allerdings den rechtlichen Hinweis, dass auch eine Verurteilung wegen Totschlags in Betracht komme.

Sein Leben lang hatte der Angeklagte mit seinen Eltern zusammengewohnt - auch mit seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau und einem gemeinsamen Sohn lebte er im Elternhaus. Ab 2009 pflegte der 54-Jährige seine Eltern. Lediglich einmal in der Woche sei er von einem Pflegedienst unterstützt worden.

Eine zusätzliche Belastung seien hohe Schulden gewesen: nach Angaben des Angeklagten mehr als 300 000 Euro. Diese kämen aus seiner Zeit als selbstständiger Unternehmer und aus einer bereits Jahrzehnte zurückliegenden Straftat wegen Betruges und Untreue.

Der Sohn kam mit 1,6 Promille ins Krankenhaus

Nach dem Tod des Vaters im Sommer 2013 spitzte sich die Situation offenbar immer weiter zu. Der Sohn gab an, schließlich nicht mehr gewusst zu haben, wie es weitergehen solle. Die demente, psychisch kranke und an Parkinson leidende Mutter habe alle paar Minuten gefragt, ob noch etwas zu essen im Haus sei und wo ihr Mann sei. Ein Küchenhandtuch, mit dem er etwas aufgewischt habe, habe er in der Hand behalten.

Eine Zeit lang sei er so durch das Haus gelaufen, dann habe er sich hinter seine im Wohnzimmer in einem Sessel sitzende Mutter gestellt, so der Angeklagte. Schließlich legte er der 91-Jährigen seinem Geständnis zufolge das Handtuch um den Hals und erdrosselte sie. Für ihn fühlte es sich an, als habe es mehr als 20 Minuten gedauert, bis die Mutter tot war. Die folgende Zeit beschrieb der 54-Jährige als "Endzeitstimmung". Zunächst habe er die tote Mutter aufs Sofa gelegt.

Anschließend wollte er sich anscheinend umbringen. Er verließ das Haus, kaufte Whisky und betrank sich. Zwischenzeitlich rief er bei der Polizei an und teilte mit, dass seine Mutter tot auf dem Sofa liege. In einem Schnellrestaurant brach er zusammen und kam mit 1,6 Promille ins Krankenhaus.

Bei der Polizei hatte der Sohn angeben, dass er die Mutter von ihrem Leiden erlösen wolle, da es "keinen Zweck mehr" habe. Hinzu sei gekommen, dass er davon ausging, sich eine Unterbringung der Mutter in einem Heim nicht leisten zu können. Der Prozess wird fortgesetzt.

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