HistTOURical Bonn Entdeckungsreise rund um die Königskrönung vor 700 Jahren

BONN · Schöffe Theoderich ist entsetzt: "Ich werde nicht durch diesen Morast waten. Schließlich habe ich keine Trippen an." Ratlos schaut er die Fußgängerunterführung zwischen Colmant- und Quantiusstraße hinunter.

Dieter Oliver Bongartz als Schöffe Theoderich und Christian Peitz als Friedrich von Moers erklären die Reichsinsignien, die als Nachbildungen im Landesmuseum ausgestellt sind.

Dieter Oliver Bongartz als Schöffe Theoderich und Christian Peitz als Friedrich von Moers erklären die Reichsinsignien, die als Nachbildungen im Landesmuseum ausgestellt sind.

Foto: Roland Kohls

"Hier verlief doch sonst ein alter Rheinarm, der modriges, dreckiges Brachwasser führte", wundert sich der ehrenwerte Bürger der Stadt Bonn. "Aber ich rieche nichts." Kann er auch nicht, die Gumme gibt es nämlich nicht mehr. Denn heute ist der Weg unter den Bahngleisen gepflastert, die kostbaren Lederschuhe des Herrn Schöffen bleiben unversehrt.

Theoderich (Dieter Oliver Bongartz) und Friedrich von Moers, der Zeremonienmeister am Hof von Erzbischof Heinrich von Virneburg, (Dr. Christian Peitz), hatten ihre liebe Not, sich in Bonn zurechtzufinden. "So viel hat sich verändert", sinniert Friedrich von Moers vor sich hin.

Die beiden gehören zum Team von HistTOURical Bonn. Die Gruppe aus Historikern, Kunsthistorikern, Archäologen, Kulturwissenschaftlern und Museumspädagogen hat sich vor gut einem Jahr gegründet und bietet Stadtführungen durch Bonn an. Unter dem Titel "Zepter - Krone - Erzbischof" nehmen sie die Besucher in den nächsten Wochen mit auf eine ganz besondere Zeitreise: In authentischen Kostümen des 14. Jahrhunderts bereiten Theoderich und Friedrich von Moers die Krönung von Friedrich III. von Österreich zum deutschen König vor. Vor 700 Jahren, am 25. November 1314, krönte Heinrich von Virneburg den Habsburger Friedrich den Schönen im Bonner Münster zum römisch-deutschen König.

Die Tour beginnt im Landesmuseum. Dort sind Repliken von Reichskrone, Schwert, Zepter und Reichsapfel zu sehen. Während des Spaziergangs zum Bonner Münster erfahren die Besucher viel Interessantes aus dem Leben im mittelalterlichen Bonn und so manch gruselige Anekdote rund um den Pranger.

Endlich im Bonner Münster angekommen, spielen Schöffe und Zeremonienmeister als Abgesandte schon einmal die Krönung durch. Dabei fehlen Friedrich von Moers die Worte, als er durch das große Portal tritt. "Monsignore Schumacher, habt Ihr eine Schankwirtschaft aus dem Gotteshaus gemacht? Was sollen die Bänke hier? Wir sind es gewohnt in der Kirche zu stehen!"

Um den Besuchern der Krönungsführungen ein realistisches Bild der damaligen Zeit zu geben, tragen Bongartz und Peitz auf ihrer Tour das, was im 14. Jahrhundert hochmodern war: Theoderich hat einen grünen Wollumhang über seine Tunika geworfen. Dass er von hohem Stand ist, das verrät schon seine Kopfbedeckung.

Denn über der Bundhaube, mit der sich die Menschen im Mittelalter vor Läusen schützten, sitzt noch ein Fehhut. Hätte er gewusst, dass er in die Nähe eines alten Rheinarms geht, dann hätte er noch seine Trippen getragen. Das waren hölzerne Plateaus, die man unter die Schuhe schnallte, um diese zu schützen.

Friedrich von Moers ist auf den ersten Blick bescheidener gekleidet. Denn er trägt nur eine Wolltunika. Die ist allerdings mit einer gewebten Borde verziert, die auch ihn als Bürger von hohem Stand identifiziert. Rund 15 Meter Stoff wurden für die beiden Kostüme verarbeitet, Friedrichs Zierborde sogar von Hand gewebt.

Bei ihren Führungen tragen die Mitglieder von HistTOURical Bonn immer Kostüme, die originalgetreu nach historischen Vorlagen geschneidert werden. Diesmal war es allerdings schwierig, das richtige Material für den Fehhut zu bekommen. Ebenso wie die beiden Tasseln, mit denen der Wollumhang des Schöffen gehalten wird. "Im Internet haben wir schließlich beides gefunden", erzählt Sabine Peitz, die ebenfalls zum Team gehört und die Kostüme gefertigt hat.

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