Umwelt Energiewende im Garten

Bonn · Der Swisttaler Hermann Schlagheck betreibt eine Eisspeicherheizung, ein regionales Netzwerk beschäftigt sich mit regenerativen Quellen - Teil 1 unserer GA-Serie "Energie im Wandel".

 Die Gitterstäbe sind kein Gartenzaun, sondern dienen der Energieerzeugung: Der Swisttaler Thomas Maintz (links) diskutiert mit Energieexperte Hermann Schlagheck über seine Eisspeicherheizung. . FOTO: AXEL VOGEL

Die Gitterstäbe sind kein Gartenzaun, sondern dienen der Energieerzeugung: Der Swisttaler Thomas Maintz (links) diskutiert mit Energieexperte Hermann Schlagheck über seine Eisspeicherheizung. . FOTO: AXEL VOGEL

Foto: Axel Vogel

Als Bundeskanzlerin Angela Merkel 2011 die Energiewende verkündet, ist Hermann Schlagheck guten Mutes. Der Swisttaler Professor und seine Mitstreiter leben die Energiewende bereits seit Jahren – im Kleinen, an der Basis, in den Kommunen des linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreises. Dort existiert schon zum Zeitpunkt von Merkels Politikwechsel ein Netzwerk, das sich erneuerbaren Energien und Energieeffizienz widmet. Es ist auch heute noch aktiv, trifft aber auf veränderte Rahmenbedingungen. Mit dem Energiepreis hat auch der Leidensdruck der Verbraucher nachgelassen. Und damit auch der Anreiz, von Öl und Gas auf regenerative Energien wie Sonne, Holz oder Erdwärme umzusteigen.

Kommunen wollen mit guten Beispiel vorangehen

„Diese Entwicklung betrübt uns natürlich ein wenig“, sagt Schlagheck. „Dadurch amortisieren sich Anlagen zur Gewinnung von erneuerbaren Energien nicht so schnell, wie man sich das noch vor wenigen Jahren erhofft hat.“ Was bleibe, sei ein gutes Gefühl – die Gewissheit, dass man dadurch einen Beitrag zum Klimaschutz leiste. Der Ministerialdirektor a.D. war im Verbraucherschutzministerium tätig, bevor er 2007 ein neues ehrenamtliches Tätigkeitsfeld fand.

Die Kommunen Alfter, Bornheim, Rheinbach, Meckenheim, Swisttal und Wachtberg setzten ihn als Leiter des Arbeitskreises Erneuerbare Energien und Energieeffizienz ein. Hintergrund war das Förderprogramm Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept, kurz ILEK. Ziel: Die Kommunen wollten beim Thema Energie mit gutem Beispiel vorangehen. Ergänzt wurde das Gremium von einer ehrenamtlichen Projektgruppe, in der Schlagheck den externen Sachverstand von Unternehmern und engagierten Bürgern hinzuzog. Zu den Aktivitäten von ILEK gehören Infotage, Broschüren, ein Leitfaden zu klimafreundlichem Bauen und die Organisation einer neutralen Energieberatung.

2011 kam das Klimapaten-Netzwerk hinzu, dem inzwischen rund 120 Bürger und Unternehmen angehören. Was sie verbindet: Sie haben innovative Ideen zum Klimaschutz umgesetzt und sind auch bereit, diese der Öffentlichkeit zu zeigen. „Das Ganze lebt vom Vorbildcharakter, vom Erfahrungsaustausch“, sagt Schlagheck, der regelmäßig den „Klima-Paten des Jahres“ kürt. Diesen Titel hat aktuell der Rheinbacher Reinhard Ganten, der daheim unter anderem eine Photovoltaikanlage (PV) mit Stromspeicher betreibt. Der Speicher hat eine Kapazität von 4,9 Kilowatt und nimmt den Strom auf, der nicht ins Netz eingespeist wird. So wird die Energie in die Abend- und Nachtstunden gerettet. „Ein Zukunftsthema“, sagt Schlagheck.

Denn vor dem Hintergrund der stetig sinkenden Vergütung nach dem Energieeinspeisegesetz (EEG) gewinnt die Eigennutzung von Sonnenenergie an Bedeutung. Wer heute eine PV-Anlage in Betrieb nimmt, erhält noch acht bis zwölf Cent pro Kilowattstunde. 2005 waren es noch rund 50 Cent, allerdings waren damals auch die Anlagen teurer als heute.

Wenn Schlagheck in der Vergangenheit durch die Lande zog und für regenerative Energien und Investitionen in Energieeffizienz warb, konnte er sicher auf das Kostenargument zählen. Es überzeugte auch die, die eher ökonomisch als ökologisch dachten. Doch in diesem Jahr dümpelt der Ölpreis zwischen 30 und 50 Dollar je Barrel (159 Liter). 2011 übertraf er locker die 120-Dollar-Marke.

Besuch bei Thomas Maintz in Swisttal-Ollheim. Er hat sich beim Umbau seiner Hofanlage für eine große Lösung entschieden: Der Energieexperte ließ eine Eisspeicherheizung in Kombination mit einer Wärmepumpe und einem zaunähnlichen Absorber einbauen, der hauptsächlich die Umgebungsluft zur Wärmegwinnung nutzt. Dafür wurden 2013 vier massive Betonspeicher in der Erde versenkt. Die Eisspeicherheizung, die mit der sogenannten Kristallisationsenergie arbeitet, sorgt im Winter für wohlige Wärme und im Sommer für angenehme Kühle.

Ob er heute noch einmal diesen Aufwand betreiben würde? „Ja – weil die Ökobilanz stimmt“, sagt Thomas Maintz. Es ist nicht zuletzt die Begeisterung für die Technik, die ihn antreibt. Und die Idee von Unabhängigkeit: „Ich habe die Hoffnung, von einer Flexibilisierung des Strommarktes zu profitieren und den Strom zum Antrieb der Wärmepumpe dann nutzen zu können, wenn er – bei einem Überangebot durch Solar- und Windenergie – günstiger ist.“

In der kommenden Woche geht es um die Energieerzeugung aus Kohle und welche Rolle sie noch bei der Energiewende spielt.

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