Eine Runde mit Tom Schmidt Endspurt im Kampf um den Chefsessel im Bonner Rathaus

BONN · Er kommt politisch korrekt mit dem Fahrrad. Tom Schmidt, OB-Kandidat der Grünen, fährt am Brückenforum vor. "Das Rad ist in den meisten Fällen die beste Art sich in der Stadt zu bewegen", sieht der 56-Jährige das Thema eher pragmatisch.

An diesem Mittwoch allerdings wollen wir nicht zusammen radeln, sondern ein Stück joggen. Zwischen Kennedybrücke und Südbrücke auf der Schäl Sick. Und ein wenig über Persönliches, Politik und natürlich den Wahlkampf plaudern.

Schmidt zögert kurz. Auf die Frage, ob er die Kandidatur für den Chefsessel im Rathaus auch schon mal bereut habe, antwortet er dann mit einem entschiedenen Nein. Was soll jemand, der am kommenden Sonntag das Bonner Wahlvolk von sich überzeugen will, auch sonst sagen. "Obwohl die vielen Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen natürlich auch anstrengend und manchmal sehr ähnlich sind."

Freude über das Aus vom Festspielhaus

Unser Blick fällt nahe der Kennedybrücke auf die gegenüberliegende Rheinseite. Links Oper und Theater, rechts die Beethovenhalle. Mit dem Aus für das Festspielhaus ist Schmidt ein potenziell zentrales Wahlkampfthema weggebrochen. Oder etwa nicht? "Meine Haltung zu diesem Thema war immer konsequent, insofern freue ich mich über das Aus."

Klar wäre das Festspielhaus ein Großthema geworden, "aber ich mache Politik nicht aus strategischen Überlegungen". Warum dann? Warum diese Kandidatur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, die Wahl nicht zu gewinnen? "Ich kannte frühzeitig meine Kontrahenten und sehe da durchaus Chancen für mich."

Seine Idee: "Ich mache den Menschen ein ehrliches Angebot." Nach 25 Jahren in der Kommunalpolitik habe er eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie ein Oberbürgermeister diese Stadt führen sollte. Vor allem "nicht abgehoben, mit einem offenen Ohr für die Bürger". Ein anderer Typ von OB soll es werden, "nicht der glatte Repräsentationstyp".

Bonn habe sich verändert

"Ich will in Bonn nicht mehr diese Elitokratie", versucht sich Schmidt in einer Wortschöpfung. "Lässig und seriös" möchte er wirken und damit in Bonn einen anderen Stil kreieren.

Pause. Obwohl Tom Schmidt ein Ausdauersportler ist, gehört das Laufen nicht zu seinen Lieblingsdisziplinen. An Kondition mangelt es ihm nicht. Windsurfen am Gardasee ist die ganz große Leidenschaft des studierten Theologen. Den Campingplatz südlich von Malcesine kennt er seit Jahrzehnten.

"Ich verbringe dort soviel Zeit, wie ich kann." Auf halbem Weg zur Südbrücke gönnen wir uns ein paar Minuten Parkbank. Im Sommer Gardasee und im Winter die Alpen. Spätestens ab Januar zieht es Schmidt in den Süden. Dann besucht er gerne seine Geschwister in München. "Wir sind alle begeisterte Skifahrer." Schmidts Augen glänzen, wenn er vom Aufbruch in der Morgensonne spricht, von Skitouren abseits der Pisten - zum Beispiel im Tannheimer Tal.

Winterurlaub in den Bergen hat er schon mit seinen Eltern und fünf Geschwistern gemacht. "Eigentlich konnte sich das die Familie nicht leisten", erinnert er sich. "Deswegen gehörten wir zu den Pionieren des Wintercampings." Denn der Vater konnte auf vieles verzichten, aber nicht auf den jährlichen Spaß im Schnee.

Es fällt leicht, sich den vierfachen Familienvater als naturverbundenen Skiwanderer vorzustellen. Ausdauernd, zäh und zielorientiert. Aber als Festredner auf der großen UN-Bühne? Oder bei der Proklamation des Prinzenpaares in der Beethovenhalle? Bislang verweigert er im Wahlkampf den Schlips zum Jackett.

Verwaltung soll transparenter werden

Wird sich das auch als Bonner OB noch durchhalten lassen? Schmidt kontert entspannt. Entscheidend sind für ihn die Inhalte. "Ich mag das ganze Versteckspielen nicht." Er spricht über die Stadtverwaltung, die er viel transparenter aufstellen will. Das Arbeiten hinter verschlossenen Türen müsse der Vergangenheit angehören. "Ich würde das gerne ändern", aus einem vielstimmigen Dezernentenkreis einen Verwaltungsvorstand formen, der gemeinsam Verantwortung für die Stadt übernimmt.

Unser kleiner Lauf in Beuel endet. Wir haben viel gesprochen und nur einige Kilometer geschafft. Ist das ein Sinnbild für die bisherige Politik? Ein Sinnbild für die vielen Aufgaben, die die Bundesstadt nicht gelöst hat? "Wenn ich gewählt werde, dann rufe ich als erstes Landrat Sebastian Schuster an", sagt Schmidt.

Denn er ist überzeugt: Ob ÖPNV, Wohnen oder Tourismus - nur zusammen mit dem Rhein-Sieg-Kreis lassen sich die vielen Probleme lösen. Das erfordere eine völlig neue Ebene der Kooperation.

Und davor: Noch ein paar Termine im Wahlkampf.

Sieben persönliche Fragen

Was bedeutet für Sie Glück?
Eine Familie zu haben, die mich liebt, wie ich bin.

Wer wären Sie gerne?
Fußballbundestrainer, ein Traum.

Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Beharrlichkeit.

Was schätzen Freunde an Ihnen?
Verlässlichkeit, hoffe ich.

Was können Sie überhaupt nicht?
Malen. Und das würde ich wirklich sehr gerne können.

Was machen Sie am liebsten?
Fußballgucken mit meinen Kindern.

Was war denn bisher Ihr größter Fehler?
Mit 14 Jahren den Klavierunterricht abgebrochen zu haben. Jetzt habe ich wieder angefangen.

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