Kita-Streik in Bonn Eltern übernehmen Kindergärten

BONN · Großes Hallo Dienstagfrüh auf den Fluren der städtischen Kita auf dem Gelände der LVR-Klinik am Kaiser-Karl-Ring: 21 Kinder werden in der seit dem 11. Mai wegen des Kita-Streiks geschlossenen Einrichtung ab sofort von Eltern betreut.

Ebenso haben Väter und Mütter der Kita Am Stadion in Beuel sowie in zwei weiteren Tagesstätten in Bonn das Angebot des Jugendamtes angenommen, ihren Nachwuchs in den jeweiligen Kitas in Eigenregie zu betreuen. Andere Eltern, wie die der Rasselbande in Friesdorf, hatten das Angebot dagegen als "Scheinangebot" bezeichnet, weil aus ihrer Sicht die Haftungsfrage nicht ausreichend geklärt sei.

Es ist kurz vor 9 Uhr. Die Kinder der Kita im Kaiser-Karl-Park sitzen noch an den Frühstückstischen, während einige Mütter die Brötchen schmieren oder bereits die ersten schmutzigen Teller spülen. Die größeren Kinder, die "Wackelzähne", die nach den Sommerferien in die Schule kommen, sind schon ganz aufgeregt. Gleich geht es los zur Feuerwehr. 13 Vorschulkinder dürfen mit.

Die Zeit drängt. "Bitte Jacken und Schuhe anziehen", ruft eine der Frauen. Dann stellen sich die Kleinen brav in Zweierreihen auf. Alles klappt wie am Schnürchen. Die Mütter wirken sichtlich erleichtert.

"Blöder Streik"

Die "Wackelzähne" freuen sich schon sehr auf diesen Ausflug. Überhaupt ist die Stimmung unter den Kindern gelöst und fröhlich. "Ich finde das toll, wieder hier zu sein", sagt Paul (6), "zu Hause war es echt langweilig". Seine Mutter Susanne Draeger lacht. Sie hat mit anderen Eltern das ungewöhnliche Betreuungsangebot organisiert und ist froh, dass wenigstens ein Teil der Kinder wieder in den vertrauten Kitaräumen spielen können.

"Blöder Streik", findet Marlene (6), die mit anderen Altersgenossen in der Bauecke herumtollt. Ein Junge wühlt mit großem Eifer und sichtlich zufrieden in der Kiste mit Bauklötzchen. Die Kinder sind sich einig: Ihre Erzieherinnen vermissen sie aber schon sehr.

"Uns hat es wirklich hart getroffen. Wir werden von Beginn an bestreikt, also sind damit schon in der vierten Woche", sagt Eva Flinkerbusch vom Elternrat. Die Eltern seien sehr verärgert, dass anders als in vielen anderen städtischen Kitas hier noch nicht einmal eine Notgruppe eingerichtet werden konnte. Das habe viele Familien vor riesige Probleme gestellt, der Organisationsstress sei angesichts des langen Streikzeitraums inzwischen enorm.

Weil einige Mütter die Vorschulkinder zur Feuerwehr begleiten müssen, haben sie eine junge Frau, eine Kinderpflegerin, gegen Honorarzahlung engagiert, die die in der Kita verbliebenen Mütter bei der Betreuung der restlichen Kinder unterstützt. "Das zahlen wir natürlich aus eigener Tasche", erklärt Draeger.

Auch in den Wochen vorher, als die Eltern noch in privaten Räumen die Betreuung organisiert haben, hätten sie zum Teil dafür eine Kraft bezahlt, weil nicht alle Zeiten mit Eltern abgedeckt werden konnten. Obwohl sie die regulären Kita-Beiträge, wie berichtet, trotz des Streiks weiterzahlen müssen.

Die Stadt hatte erklärt, dass eine Beitragserstattung nicht vorgesehen sei. Das hatte indes die Ratsfraktion der Linken im jüngsten Jugendhilfeausschuss gefordert - ohne Erfolg. "Dabei spart die Stadt doch zurzeit erhebliche Summen bei den Personalkosten für die Erziehungskräfte ein", meinte Anatol Koch von den Linken.

Eingesparte Personalkosten sollen beziffert werden

Immerhin beschloss der Ausschuss, die Verwaltung solle bis zur nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses - also bis nach den Sommerferien - die durch die Streiktage eingesparten Personalkosten beziffern und Vorschläge zu deren Verwendung im Kindergartenbereich vorbereiten. Marc Hoffmann vom Presseamt zufolge hatten beispielsweise am Montag 23 der 65 städtischen Kitas komplett geschlossen, 17 Einrichtungen waren teilweise geöffnet.

Das Jugendamt habe zudem alle freien Träger gebeten, Kinder aus bestreikten Einrichtungen aufzunehmen, wenn dies unter Wahrung der Aufsichtspflicht möglich sei. "Bekannt ist, dass freie Träger dieser Bitte gefolgt sind. In wie vielen Fällen dies möglich war, ist nicht bekannt", so Hoffmann.

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