Außerordentliche Kündigung Eltern gewinnen Prozess gegen private Kita

BONN · Kinder dürfen künftig die Kita wieder wechseln, auch wenn ihre Eltern eine außerordentliche Kündigung bislang nicht im Vertrag stehen hatten. Sollte dieses Urteil Bestand haben, dürften sich viele Eltern kleiner Kinder freuen.

Ein Bonner Zivilrichter hat nun entschieden, dass ein Betreuungsvertrag mit einer Kindertagesstätte bei gescheiterter Eingewöhnung des Kleinkindes auch dann außerordentlich gekündigt werden darf, wenn dies den Eltern per Vertragsklausel nicht zugestanden wird.

Im vorliegenden Fall hatte die private Bonner Kita sich dieses Recht nur selbst vertraglich gesichert. Der Richter aber erklärt die Klausel nun für unwirksam, denn sie benachteilige die Eltern auf rechtswidrige Weise. Das teilte die Direktorin und Sprecherin des Amtsgerichts, Birgit Niepmann, mit.

Zu dem Rechtsstreit war es gekommen, weil die Eltern des kleinen Tim nicht akzeptierten, dass sie noch monatelang weiter zahlen sollten, nachdem sie ihren Sohn nicht mehr in die Kita bringen konnten, weil das Kind dort nur weinte. Am 5. September 2014 hatte das Paar den damals einjährigen Tim in der privaten Kita angemeldet und auch den Vertrag unterschrieben, obwohl der sie in ihren Rechten benachteiligte.

Aber, so erklärten sie dem Gericht, die Familie war stark unter Zeitdruck, da die Mutter wieder an ihrer Arbeitsstelle erwartet wurde und es mit einer privaten Kinderfrau nicht geklappt hatte.

Am 9. September wurde Tim erstmals in die Kita gebracht, doch seine Eingewöhnung schlug fehl: Das Kind war so unglücklich, dass es ständig weinte und keine Beziehung zu seiner Betreuerin aufbauen konnte. Ständig mussten die Großeltern den Jungen abholen, und nach fünf Wochen gaben die Eltern den Versuch auf.

Am 15. Oktober kündigten sie den Vertrag und stellten ab 1. November die Zahlung von monatlich 735 Euro ein. Doch die Kita verklagte die Eltern auf Zahlung für weitere drei Monate mit der Begründung: Die Eltern hätten sich an die Kündigungsfristen zu halten, wonach mit dreimonatiger Kündigungsfrist nur zum 31. Juli und 31. Januar wirksam gekündigt werden dürfe. Eine außerordentliche Kündigung wegen Eingewöhnungsschwierigkeiten sei ausdrücklich im Vertrag ausgeschlossen worden.

Tims Eltern aber hielten im Prozess dagegen: Es könne nicht zulässig sein, dass nur die Kita sich das Recht im Vertrag eingeräumt habe, den Vertrag fristlos zu kündigen, "wenn die Integration des Kindes trotz intensiver Arbeit nicht möglich sei und dessen Verbleib in der Gruppe die pädagogische Arbeit wesentlich beeinträchtige".

Der Zivilrichter gibt nun den Eltern recht und erklärt: Die gescheiterte Eingewöhnung des Kindes ist ein berechtigter Grund für eine außerordentliche Kündigung. Und die Klausel, die das den Eltern verwehren wolle, sei rechtsunwirksam, weil sie "die Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige".

Der Richter wies die Klage ab. Und Tims Mutter ist für alle Eltern froh, denn, so sagte sie dem GA: "Hier wird die Zwangslage von Eltern ausgenutzt. Das kann doch nicht richtig sein." Ihr Sohn Tim wird übrigens von den Großeltern betreut.

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