Prozess vor dem Bonner Landgericht Eltern fordern von Klinik 500.000 Euro Schmerzensgeld

Bonn · Mit dem Schicksal eines kleinen Jungen, der seit seiner Geburt schwerbehindert ist, müssen sich derzeit die Richter der neunten Zivilkammer des Landgerichts beschäftigen.

Die Eltern werfen einer Bonner Klinik, in der das Kind zur Welt kam, vor, dass Behandlungsfehler während der Geburt zu einem schweren Sauerstoffmangel und infolge dessen zu einem bleibenden Hirnschaden führten.

Für den heute fünf Jahre alten Jungen wird ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 000 Euro gefordert. Vor allem aber soll das Krankenhaus für sämtliche in Zukunft anfallenden Kosten aufkommen, die dem Vorfall zugerechnet werden könnten. Ein weiteres Schmerzensgeld von 20 000 Euro soll die Klinik laut Klage an die Mutter zahlen.

Bei der Geburt des einzigen Kindes des Ehepaares verlief zunächst alles nach Plan. Doch dann fielen die Herztöne des Jungen in einen "absolut kritischen" Bereich. Der bereits hinzugerufene Oberarzt entschied sich daraufhin zu der schnellsten Möglichkeit, das Kind zu holen - einer Zangengeburt. Diese musste er jedoch erfolglos abbrechen und einen "Notfall-Kaiserschnitt" vornehmen. Dabei wurde festgestellt, dass sich die Nabelschnur zwei Mal um den Kopf des Jungen gewickelt hatte. Als das Kind zur Welt kam, war es nahezu leblos und musste wiederbelebt werden.

Fraglich ist jedoch, ob der Klinik nachgewiesen werden kann, dass sie für den erlittenen Hirnschaden verantwortlich ist. Ein medizinischer Sachverständiger aus dem Bereich der Gynäkologie und Geburtshilfe hat zwar in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass der Oberarzt die Frau hätte fragen müssen, ob sie eine Zangengeburt oder einen "eiligen Kaiserschnitt" wolle.

Im Falle eines sofort eingeleiteten "eiligen Kaiserschnitts" wäre das Kind zwölf Minuten früher zur Welt gekommen. Zur Frage, ob dies gereicht hätte, um den schweren Hirnschaden zu vermeiden, müsste aber wohl ein zweites ärztliches Gutachten von einem Kinderarzt eingeholt werden. Der gynäkologische Sachverständige geht allerdings davon aus, dass auch bei einer zwölf Minuten früheren Geburt bereits eine Schädigung vorgelegen hätte.

Der Oberarzt machte vor Gericht einen tief betroffenen Eindruck. Seinen Angaben zufolge hat er bereits 600 Kinder per Zangengeburt geholt. Dies sei der einzige Fall gewesen, bei dem es nicht geklappt habe. Auf Anraten der Zivilrichter wollen Klinik und Eltern in den kommenden Wochen besprechen, ob nicht doch eine gütliche Einigung möglich ist.

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