GA-Sonntagskicker Einwechslung: Im Fußball ist Sprache kein Problem

Bonn · Nach formalen Hindernissen kommen immer mehr Flüchtlinge im Spielbetrieb zum Einsatz – und feiern dann ihre ersten persönlichen Erfolge. Sowie Amin Mahmud Hassan vom TuS Odendorf.

 Erzielte sein erstes Tor: Amin Mahmud Hassan.

Erzielte sein erstes Tor: Amin Mahmud Hassan.

Foto: Simon Bartsch

Der 28. Februar wird vielen Spielern der zweiten Mannschaft des TuS Odendorf in Erinnerung bleiben. Allen voran Amin Mahmud Hassan. Es läuft die 32. Minute, als der Abwehrspieler mit einem Flachschuss das 2:0 des TuS gegen den ISC AlHilal Bonn erzielt. Die abstiegsbedrohten Odendorfer gewinnen das C-Liga-Duell überraschend deutlich mit 3:0. Ein wichtiger Sieg – für Hassan ein denkwürdiger.

Im vergangenen Jahr floh der junge Mann aus Somalia, kam in Odendorf in einer Flüchtlingseinrichtung unter und spielt seitdem für den TuS – im regulären Spielbetrieb. Gegen den ISC erzielte Hassan sein erstes Saisontor. „Nach dem Spiel war er immer noch sichtlich angetan“, sagt Trainer Kai Imsande.

Als wir den Verein im Oktober vergangenen Jahres besuchten, war Hassan der einzige der Odendorfer Flüchtlinge, der am Spielbetrieb teilnehmen durfte. Mittlerweile sind es bis zu fünf Akteure, die für die zweite Mannschaft regelmäßig in Meisterschaftsspielen auflaufen. Integration über den Fußball – ein probates Mittel. „Viele Sportarten werden in anderen Ländern ähnlich gespielt. Das heißt, dass eine Basis bei den meisten Flüchtlingen bereits vorhanden ist“, sagt Bettina Rulofs vom Institut für Soziologie und Genderforschung der Sporthochschule Köln. „Man muss nicht mehr viel erklären, das Spiel versteht sich in der Regel von selbst.“

Und doch hapert es hin und wieder an der Sprache. Nicht so in Odendorf. „Man versteht sich mit Händen und Füßen“, erklärt Imsande, der zusätzlich auf seinen Dolmetscher zurückgreifen kann. Der Trainer hat einen Syrer im Team, der bereits seit zwei Jahren in Deutschland lebt und bei Sprachproblemen aushilft.

Integration wird in vielen Vereinen groß geschrieben

Auch in Meckenheim ist die Sprache kein Problem. Beim VfL steht Abdul Oulaiji an der Seitenlinie. Der Cheftrainer spricht Deutsch, Englisch, Arabisch und Französisch. In Sachen Integration von Flüchtlingen ist er ein Glücksgriff. Denn auf den Plätzen des Preuschoff-Stadions trainieren 15 bis 25 Flüchtlinge. Einige nehmen am Spielbetrieb der Bezirksliga teil. „Am 20. Januar haben wir das verkürzte Verfahren für insgesamt elf Spieler eingeleitet“, so Meckenheims Vorstandsvorsitzender Udo Kolberg. Innerhalb von 30 Tagen haben neun Spieler ihre Spielerlaubnis erhalten, die anderen zwei gelten „als neue Talente der A-Jugend“ und warten bisher noch auf ihre Spielberechtigung.

Die neuen Spieler stammen unter anderem aus Algerien, Tunesien, Syrien oder Afghanistan – Probleme gibt es keine. Auch nicht von Seiten der einheimischen Spieler. Im Gegenteil: „Bis jetzt ist es uns gelungen, eine gute Kameradschaft aufzubauen“, so Oulaiji.

Auch den SV Kriegsdorf haben wir im vergangenen Jahr besucht. Da viele der Flüchtlinge in Notunterkünften untergebracht sind und der Verbleib in Troisdorf fraglich ist, gibt es in diesen Fällen auch keine Spielerpässe. Und dennoch nehmen 25 bis 30 von ihnen regelmäßig am Training teil. Dabei droht die Gefahr, dass der Unmut wächst. „Selbstverständlich wollen sie auch am Spielbetrieb teilnehmen. Und es ist für sie enttäuschend, wenn das nicht klappt“, so Rulofs. „Dass die Flüchtlinge aber am Trainingsbetrieb teilnehmen, ist ein sehr wichtiger erster Schritt.“

So auch in Odendorf. Das Thema Integration wird groß geschrieben. Mittlerweile hat man beim TuS eine dritte Mannschaft gegründet – bestehend aus Flüchtlingen. „Monoethnische Sportteams werden ja schon seit Jahren von der Wissenschaft beobachtet, und es gibt daran durchaus nachvollziehbare Kritik“, sagt Rulofs. „Es ist aber schon mal ein guter Anfang. Diese Vereine können eine Brücke zwischen der Herkunfts- und der Aufnahmekultur darstellen.“

Am Spielbetrieb nimmt die Mannschaft noch nicht teil. Es fehlen noch Spielberechtigungen, aber auch an der Logistik hapert es. Die Spieler sind zum Teil nicht motorisiert, Auswärtsspiele nicht zu erreichen. Daher sucht Imsande Gegner für Freundschaftsspiele. Zur nächsten Saison wird das Team voraussichtlich gemeldet. Dann soll es noch mehr denkwürdige Momente in Odendorf geben.

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