Vor 100 Jahren Eine Insel des Friedens

BONN · 24. November 1915: Mitten in der schweren Zeit des Ersten Weltkrieges wird das Johanniter-Krankenhaus "Friedrich Wilhelm Stift" in Bonn eingeweiht. Die Gemeinde und der Orden der Johanniter-Ritter haben das Krankenhaus gebaut, um eine in jeder Hinsicht mustergültige Krankenanstalt zu errichten, mit Diakonissen als Pflegerinnen.

 300 Festgäste feiern den Erweiterungsbau des Johanniter-Krankenhauses am 5. August 1955. Der 72 Meter lange Rheinflügel trägt damals wesentlich zur Modernisierung des 1915 gegründeten Hauses bei.

300 Festgäste feiern den Erweiterungsbau des Johanniter-Krankenhauses am 5. August 1955. Der 72 Meter lange Rheinflügel trägt damals wesentlich zur Modernisierung des 1915 gegründeten Hauses bei.

Foto: Heinz Engels

Pfarrerin Manuela Quester und viele andere Autoren blicken im aktuellen Gemeindebrief der Friedenskirche auf die hundertjährige Geschichte des Krankenhauses und dessen Vorgeschichte zurück. Die beginnt schon 1852 mit der Gründung einer Stiftung von Mitgliedern der evangelischen Gemeinde Bonns mit dem Ziel der Errichtung eines evangelischen Krankenhauses.

Nach den beiden Weltkriegen herrscht im Haus der Johanniterschwestern erst ab 1950 wieder ein normaler Krankenhausbetrieb. Schon fünf Jahre später feiern 300 Festgäste im Garten des Johanniter-Krankenhauses den Erweiterungsbau, eine "Insel des Friedens" für 1,5 Millionen Mark, wie der GA im August 1955 titelt. Der 72 Meter lange, viergeschossige neue Rheinflügel macht dem Architekten Günther Baumhögger aus Köln alle Ehre. Die geschmackvolle Einrichtung von 60 modernen Zimmern verscheucht vorab schon jeden Gedanken an Krankenhaus-Atmosphäre. Bundespräsident Theodor Heuss ist bei einer Begehung höchst angetan.

Und Oberin Lydia Faust lobt überschwänglich: "Dank für diese neue Wirkungsstätte! Dank aber auch für das Schwesternheim, das wie eine Krone über den Patientenzimmern ruht!"

Im Innenhof des Krankenhauses findet eine Feierstunde mit Ärzten, Schwestern, Johanniter-Rittern, Patienten und Gästen statt. Pfarrer Schumacher erklärt: "Noch sind die Räume des neuen Hauses leer. Wir wissen jedoch, daß jedes Krankenzimmer seine Geschichte erhalten wird, in der auch das Kreuz nicht fehlt. Die Menschen, die in dieses Haus kommen, sollen spüren: Hier hat man Zeit für uns."

Ehrenkommendator Hans von Cossel sagt bei der Feier: "Bedenken Sie, Herr Oberstadtdirektor Dr. Langendörfer, daß die konfessionellen Krankenhäuser Wohltäter der Stadt sind. Sie nehmen ihr die Sorge ab, in eigener Regie Krankenanstalten führen zu müssen." Prinz Oskar von Preußen als Herrenmeister des Ordens zeigt sich ebenso begeistert: "Der Orden will ein Wort großschreiben, das aus dem Sprachschatz der Welt fast verschwunden scheint: Güte!"

Und Festredner Professor Büttner bezeichnet die Geburtsstation als wichtigste im ganzen Hause: "Niemand fällt in die Hände der Spezialisten, bevor er geboren ist. Hier werden die Patienten verdoppelt - das soll ein Chirurg oder Physiotherapeut erst einmal nachmachen." 23 Jahre später folgt eine weitere wichtige Wegmarke in der Geschichte des Krankenhauses: Am 6. Oktober 1978 wird das neue Johanniter-Krankenhaus mit 392 Betten eingeweiht.

Zum Richtfest im Mai 1976 erläutert der GA die Auswirkungen des 60-Millionen-Mark-Projektes. Durch den Neubau wird die Kapazität fast verdoppelt. 1976 ist der Funktionstrakt mit Küche, Wäscherei und Technik bereits in Betrieb. Der Neubau wird nach den modernsten Erkenntnissen der Medizin ausgestattet. Dann erinnert nicht mehr viel an das alte Johanniter-Krankenhaus von 1915.

Kurator Dr. Friedrich Schramm sagt beim Richtfest 1976, der gute Geist, der in einem Krankenhaus herrsche, die Harmonie zwischen Ärzten und Schwesternschaft, sei durch keine Gesetzgebung und durch kein Geld erreichbar. Bei den Krankenhaus-Reformen wünschte er sich mehr Sachlichkeit und die Einbeziehung der freien Träger mit ihrer reichen Erfahrung. Der Johanniter-Orden betreibe seit 800 Jahren Krankenhäuser.

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