"Lachende Beethovenhalle" Ein Wochenende der Extreme

BONN · Im wahrsten Sinne des Wortes war es ein karnevalistisches Wochenende der Extreme: auf der einen Seite die Proklamation des Bonner Kinderprinzenpaars, auf der anderen die Krönung von Franziska, der Vierzigsten, mit 97 Jahren die älteste Karnevalsprinzessin in Bonn.

 Gut gelaunt mit eigenem Fässchen: Karnevalisten in der "Lachenden Beethovenhalle".

Gut gelaunt mit eigenem Fässchen: Karnevalisten in der "Lachenden Beethovenhalle".

Foto: Nicolas Ottersbach

Und in der Beethovenhalle hatten Karnevalisten ihren Spaß mit Bühnenprogramm und Selbstversorgung.

Rechts gab es Frikadellen und Käsewürfel, aus den vorderen Reihen wurden Dosen mit Mettwürstchen und asiatischen Teigtaschen nach hinten gereicht. Keine Frage, die Kühltasche gehörte am Samstagabend wieder zur Grundausstattung eines jeden Jecken. Schon seit Jahren ist es Tradition, dass sich die Besucher der "Lachenden Beethovenhalle" ihren Proviant mitbringen.

Denn anders als bei anderen großen Karnevalsveranstaltungen genießen sie nicht nur die Spitzenkräfte des rheinischen Fastelovends, sondern auch das, was der eigene Picknickkorb hergibt. "Das ist wirklich ganz einmalig hier", freut sich Hannelore Klaas, die mit ihren Freundinnen schon seit Jahren kommt. Diesmal hatten sie sich alle als Stewardess verkleidet. "Man bietet seinem Nachbarn etwas an und kommt sofort miteinander ins Gespräch. Das ist wirklich eine ganz besondere Atmosphäre."

Kaum waren der Elferrat und das Garde-Korps Köln unter der Leitung von Wolfgang Nagel eingezogen, tobte auch schon der Saal. Klüngelköpp, Bernd Stelter, Brings, Höhner, Et fussich Julche, Paveier, Domstürmer, Räuber, Bläck Fööss und das Thorrer Schnauzerballett brachten jeden Jeck im Saal zum Schunkeln und Mitsingen.

Kinderbonna Amy I.

Kinderbonna Amy I. war so aufgeregt, dass sie beinahe den Einmarsch zur eigenen Proklamation verpasst hätte. Schnell eilte sie noch durch den Mittelgang in der Turnhalle der Bernhardschule zu ihrem Kinderprinzen Niclas I., um dann mit vollen Händen Kamelle in die Zuschauermenge zu schmeißen. Dabei wirkten die beiden Tollitäten sehr souverän. Dann waren sie auf der Bühne und blickten scheu auf die versammelten Jecken hinunter.

Vorgestellt wurden sie von Bezirksbürgermeister Helmut Kollig: Niclas Weißkirchen, 14 Jahre alt, Schüler am Collegium Josephinum Bonn und Tambourcorps-Trommler, wird mit Amy Siegert durch die Session ziehen. Sie ist zwölf Jahre alt, besucht das Sankt-Adelheid-Gymnasium und spielt Klavier. Ein gemeinsamer musikalischer Auftritt im nächsten Jahr? Man sah den beiden Tollitäten an, dass Kolligs Vorschlag bei ihnen wenig Anklang fand.

"Lasst uns die Narrenzeit genießen", sagte Prinz Niclas nach seiner Proklamation. Seine Bonna verkündete: "Ich freue mich auf eine tolle Zeit mit Frohsinn, Spaß und Heiterkeit." Kollig freute sich über des Prinzen Geburtsdatum, den 11. November: "Da ist klar, der muss irgendwann im Karneval eine große Nummer werden."

Zuvor hatte Uli Dahl, der die Proklamation moderierte, das bisherige Prinzenpaar Pascal II. und Louisa I. verabschiedet. Der Ex-Prinz kündigte an, dass er auf jeden Fall auch mal als Erwachsener Bonner Prinz sein will. Ihren ersten offiziellen Auftritt nach der Proklamation hatten Niclas I. und Amy I. beim Kindergardetreffen am Sonntag ebenfalls in der Bernhardschule. Dort hatten sich 26 Nachwuchsgarden angekündigt, auch Prinzengarden aus Köln und Düsseldorf waren dabei.

Elly Laabs

Elly Laabs musste deutlich länger als das Bonner Kinderprinzenpaar darauf warten, Tollität werden zu können: Sie ist die mit Abstand älteste Karnevalsprinzessin in Bonn in der aktuellen Session, denn sie ist bereits 97. Und selbst unter den "Franziskas", zu denen sie sich sich seit Samstag zählen darf, gehört sie zu den ältesten. Seit 2013 wohnt sie im Seniorenheim Wilhelmine-Lübke-Haus, das in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert. Genauso oft wurde die hauseigene Tollität gekrönt: Elly Laabs aus Marienthal in der Ucker mark ist "Franziska XXXX." - die lateinische 40 lautet zwar IL, aber im Karneval nahm es Hausleiter Marcus Klemm nicht so genau.

Die neue Tollität kam im Jahr 1961 nach Bonn, weil ihr zweiter Ehemann dort bei der Stadt arbeitete. Aus beiden Ehen - ihr erster Gatte fiel 1945 im Krieg - ging je ein Kind hervor, inzwischen hat Elly Laabs vier Enkel und vier Urenkel. Proklamationsmoderator Willi Baukhage hob ihre Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen, hervor, und präsentierte ihr Motto: "Leben und leben lassen."

Sie sei eigentlich gar kein Karnevalsjeck, verriet die frisch gekrönte Franziska. Humor, Spaß, Toleranz und Offenheit bringe sie aber mit, und das macht sie zu einer guten Karnevalistin. Und eine so betagte Tollität wird es in Bonn nicht oft geben. "Da gehe ich in die Geschichte des Karnevals ein", freute sie sich.

Ihr gratulierten die Bonner und die Dransdorfer Tollitäten, und rund um ihre Krönung gab es ein buntes Karnevalsprogramm, bei dem auch "Fräulein Wunderschön" nicht fehlen durfte, die Klemm wie gewohnt lebhaft verkörperte.

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