GA-Serie: Sicher leben Ein neuer Airbag kostet mindestens 2000 Euro

Bonn · Im Schnitt werden in der Mercedes-Niederlassung in Bonn wöchentlich zwei Autos repariert, aus denen ein Navigationsgerät oder der Airbag gestohlen wurde

 Beim Autohaus RKG in Bonn repariert ein Mitarbeiter einen Mercedes, bei dem der Airbag gestohlen wurde.

Beim Autohaus RKG in Bonn repariert ein Mitarbeiter einen Mercedes, bei dem der Airbag gestohlen wurde.

Foto: Axel Vogel

Es ist ein normaler Arbeitstag in der Werkstatt der Rheinischen Kraftwagen Gesellschaft (RKG) an der Bornheimer Straße, der Mercedes-Niederlassung in Bonn. Alle Hebebühnen sind besetzt, in jedem Winkel der weitläufigen Werkstatt haben Mechaniker an Kundenfahrzeugen zu tun.

Auch an einem fast neuwertigen, auf sportlich getrimmten Wagen wartet viel Arbeit: Automarder, sprich Diebe, die auf Kraftfahrzeugaufbrüche spezialisiert sind, haben viel Schaden angerichtet. Nachdem die Täter eine der hinteren Seitenscheiben mit roher Gewalt eingeschlagen hatten, galt ihr Interesse allein einem hochwertigen Bauteil im Innenraum: dem Airbag. Beim Ausbau fackelten die offensichtlich geübten Diebe nicht lange, was nach Aussage von Werkstattleiter Oliver Görsch den Schaden vergrößerte.

So wurden alle Kabel des Airbags rabiat abgezwickt, nachdem die Täter diesen aus dem Lenkrad geschraubt hatten. Das erhöhe den Schaden, denn alle Kabelstränge müssten neu verlegt werden, erklärt Fachmann Görsch: Rund 2000 Euro wird in dem Fall der Einbau eines neuen Airbags kosten - plus Material und Arbeitslohn für die Instandsetzung der Scheibe.

Deutlich teurer wird es, wenn es um ein anderes Teil geht, das bei den Automardern ebenfalls ganz hoch im Kurs steht: dem Navigationsgerät. Wird etwa das Topmodell von Daimler gestohlen, kommen laut Görsch leicht mehr als 5000 Euro zusammen. Weil es die Langfinger oft eilig haben, werden Navis förmlich aus dem Armaturenbrett herausgebrochen, was einen hohen Schaden verursacht. Diese Diebstähle sind laut Görsch längst keine Einzelfälle mehr: Im Schnitt ein bis zwei Autos pro Woche müssen bei der RKG repariert werden, aus denen Airbag und/oder Navi gestohlen wurden.

Auch bei der Bonner Polizei ist längst angekommen, dass sich beim Thema Autoaufbruch ein neuer Schwerpunkt auftut: Der Diebstahl von Navigationsgeräten, bevorzugt Geräte aus Fahrzeugen der Oberklasse - Mercedes, BMW und Audi (siehe Artikel oben). Oft werden Halter dabei sogar zwei- oder dreimal hintereinander von Dieben heimgesucht, "weil die Täter damit rechnen, dass ein neues Navigationsgerät oder ein Airbag eingebaut werden", sagt Werkstattfachmann Görsch.

Typisch war etwa das Vorgehen von Automardern auf dem Parkplatz eines Autohauses an der Hauptstraße in Niederdollendorf: Dort schlugen die Langfinger jeweils bei drei Autos eine Seitenscheibe ein und bauten die Navigationsgeräte aus. Solche Serien bekommt dann oft auch die Werk-statt mit: "Die Aufbrüche verlaufen in Wellen. Dann müssen mit einem Schlag gleich mehrere Fahrzeuge repariert werden", sagt Görsch. Was die Täter angeht, weist die Spur nach Osteuropa.

Erst Mitte Oktober 2015 hatte die Polizei Essen ein Netzwerk von Autodieben zerschlagen. Die Verdächtigen sollen vor allem hochwertige Autos und Fahrzeugteile wie Navis und Airbags gestohlen haben - die entdeckte Hehlerware soll 1,1 Millionen Euro wert sein. Bei der Aktion wurden nach Angaben der Ermittler knapp 50 Verdächtige in Deutschland und Litauen festgenommen und acht Haftbefehle vollstreckt.

Zeitgleich waren Polizei und Staatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein erfolgreich: Ihnen gelang nach eigenen Angaben ein Schlag gegen eine Diebesbande, die für rund 600 Einzeltaten in mehreren Bundesländern verantwortlich sein soll. Da beläuft sich der Schaden auf 1,5 Millionen Euro. Rund 700 Beamte waren in NRW und 80 in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen beteiligt. Parallel seien in Litauen 90 Fahnder im Einsatz gewesen, um unter anderen die Hintermänner dingfest zu machen. Allein in Deutschland wurden rund 100 Wohnungen und Büros durchsucht.

Oft werden die gestohlenen Teile über Verkaufs- oder Auktionsportale wie Ebay angeboten. Vor einem Kauf solcher Geräte warnt nicht nur die Polizei, sondern auch Werkstattleiter Görsch. Schließlich sei es bei Daimler Benz so, dass jedes Navigationsgerät erst mit einem Wagen verbunden werden müsse: "Sonst funktioniert das Navi nicht." Darauf haben aber auch die Diebe bereits reagiert: "Anfang des Jahres entwendeten sie Diagnosegeräte in einer Mercedes Niederlassung in Rheinbach." Darum rät der Werkstattfachmann jedem Halter, dessen Auto zum zweiten Mal aufgebrochen wurde, zum Einbau einer Alarmanlage. Die kostet rund 1000 Euro und wird oft sogar von der Versicherung bezahlt, weiß Görsch, Möglicherweise gut investiertes Geld: Er kennt Kunden, denen die Versicherung nach dem dritten Aufbruch gekündigt habe.

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