Von Afghanen in Bonn gegründet Ein Fußballverein als sportliche Heimat

BONN · Der Fußballclub Hindukosch ist 35 Jahre alt. Einst wurde er von Afghanen gegründet, die nach Deutschland ausgewandert waren und in Bonn eine neue Heimat gefunden hatten. Nachdem der Verein fast schon Geschichte war, ist er jetzt wiederbelebt worden, um Flüchtlingen eine Freizeitbeschäftigung zu ermöglichen.

 Fußballtraining auf der Werferwiese am Sportpark Nord. Der FC Hindukosch würde gerne auf das Fußballfeld nebenan wechseln.

Fußballtraining auf der Werferwiese am Sportpark Nord. Der FC Hindukosch würde gerne auf das Fußballfeld nebenan wechseln.

Foto: Stefan Knopp

Sodais ist zehn Jahre alt und damit deutlich jünger als alle anderen Fußballspieler, die sich regelmäßig auf der Hammerwerferwiese am Sportpark Nord treffen. Er steht im Tor und macht seine Sache wirklich gut. Er kassiert viele der Schüsse ein, die die älteren Spieler auf ihn abfeuern. „Er hat keine Angst vor dem Ball“, sagt Safi Khaliqi, der den Fußballern – überwiegend Flüchtlinge – im FC Hindukosch eine sportliche Heimat gibt.

Der Fußballclub ist eigentlich schon 35 Jahre alt. Einst wurde er von Afghanen gegründet, die nach Deutschland ausgewandert waren und in Bonn eine neue Heimat gefunden hatten. Khaliqi hat selbst vor einigen Jahren noch für den FC Hindukosch gespielt. „Aber der Verein war damals schon eher tot“, erinnert er sich. Jetzt hat er ihn wiederbelebt, um Flüchtlingen eine Freizeitbeschäftigung zu ermöglichen.

Gelangweilte Jugendliche in Flüchtlingsheimen

„Ich war in Flüchtlingsheimen“, sagt der gebürtige Afghane Khaliqi, der für die Stadt ehrenamtlich als Übersetzer und Dolmetscher arbeitet und auch Spieler beim Bonner SC war. Die Jugendlichen hielten sich überwiegend in den Unterkünften auf und langweilten sich oftmals. „Essen, Trinken, Schlafen, Aufstehen.“ Er wollte diesen Kreis durchbrechen, den Flüchtlingen helfen. Er selbst musste seine Heimat einst verlassen, weil er eine allzu westlich geprägte Internet-Plattform betrieben habe, erzählt er.

„Innere Integration“ nennt er das: Afghanen, Syrer, Kurden, Araber und Afrikaner unterstützen sich gegenseitig. „Das ist Multikulti“, sagt Khaliqi. Gesprochen wird Deutsch und Paschtu – letzteres auch deshalb, weil es die Muttersprache ist.

Sodais großer Bruder ist der Trainer und spricht kaum Deutsch. Aber er lernt beim Oberkasseler FV, wo er spielt. Er muss mitunter ganz von vorne anfangen. „Es kamen viele Jungs, die gar nicht Fußball spielen konnten“, sagt Khaliqi, „aber unsere Türen sind für alle offen.“ Denn zunächst geht es um den Spaß und das Miteinander. Obwohl: „Wir versuchen auch, eine offizielle Fußballmannschaft zu werden. Dafür brauchen wir die Unterstützung der Stadt.“ Und Sponsoren, denn der Verein hat bislang keine Trikots und auch keine richtigen Tore.

Integrationsbeauftragte sucht Spielfläche

Ein großer Wunsch des Vereins ist es, auf den Fußballplatz gleich neben der Werferwiese wechseln zu dürfen. Das wäre auch im Sinne der städtischen Integrationsbeauftragten Coletta Manemann. „Wir bemühen uns, dem Verein passende Flächen zur Verfügung zu stellen.“ Und man arbeite daran, dem FC Hindukosch Mittel aus dem Hilfsfonds „Hilfe für Helfer“ der Bürgerstiftung zur Verfügung zu stellen.

Gerne würde der Verein Freundschaftsspiele austragen, sagt Khaliqi, um zu prüfen, wie gut die Spieler schon sind. Same, der ebenfalls schon früher für den FC gespielt hat, ist überzeugt: „Die Mannschaft ist gut genug für die Ligen.“

Für den Verteidiger ist das ehrenamtliche Engagement des 23-jährigen Studenten Khaliqi ein wichtiger Beitrag zur Integration der Flüchtlinge. Das sieht auch Yannik so, der in Bonn geboren ist. Sein Vater stammt aus Togo, die Mutter ist Italienerin. Der Verteidiger hat die doppelte Staatsbürgerschaft, „aber ich sehe mich eher als Rheinländer“. Der Verein sei eine bessere Freizeitbeschäftigung für die Flüchtlinge, „als sich auf der Straße aufzuhalten“. Denn dort drohten sie schnell auf die schiefe Bahn zu geraten.

Nähere Informationen auf fchindukosch.jimdo.com und auf der Facebookseite des FC Hindukosch. Wer helfen oder Freundschaftsspiele austragen möchte, kann sich bei Safi Khaliqi unter der Rufnummer 01 76/80 42 45 30 oder per Email an safi.khaliqi@hotmail.com melden.

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