Kommentar zum abgehängten Verbeek-Bild Ein Dokument seiner Zeit

Meinung | Bonn · Im Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Bonn-Ückesdorf ist ein großes, wandfüllendes Gemälde aus der Gründungszeit der Schule abgehängt worden. Es lagert im Heizungskeller. Von der Schulleitung hieß es lapidar, der Künstler könne das Bild abholen.

Zu Egbert Verbeeks Bild kann man stehen wie man will. Mein Stil war es damals auch nicht. 1977 habe ich Abitur an dieser Schule gemacht und fand es einfach klasse, dass im Foyer solch ein „spaciges“ Bild hing. In einem fantastisch, leicht surrealen Stil, wie es damals eben üblich war. Es erinnerte an Plattencover von Psychedelic-Rockbands. Und das fanden viele von uns auch „cool“. Unser Kunstunterricht war ziemlich anspruchsvoll. Ich kann mich nicht daran erinnern, ob Hartmut Kahmen sich mal darüber geäußert hat. Aber er hat uns durch die Kunstgeschichte geführt mit dem feinsinnigen Gespür eines Chirurgen, bloß keine wichtigen Blutgefäße zu verletzen. Er ließ uns dabei jede Freiheit, unseren eigenen Standpunkt in der Kunst zu entdecken. Meine Begeisterung gehörte dann eindeutig den abstrakten Expressionisten und der Arte Povera.

Unsere Vorlieben können sein wie sie sind: Aber Verbeeks Bild gehört zum Carl-von-Ossietzky-Gymnasium. Es ist Teil der Schulgeschichte. Es erinnert an die Anfänge der Schule, aber auch an den Geist, der damals herrschte – zunächst von Oberstudiendirektor Heinz Schmeken geprägt, dann von Studiendirektor Hans Jürgen Schlicht und Udo Poseck, der Anfang des Jahres gestorben ist.

Alle drei verkörperten ein Lehrerbild, das exemplarisch sein sollte. Sie forderten uns Schüler, förderten uns aber auch. Wir sind beim Abitur damals nicht unseren Lehrer um den Hals gefallen, wie es heute ja schon fast üblich zu sein scheint, dazu hatten wir ein viel zu respektvolles Verhältnis. Gerade wir aus der Generation der 1970er Jahre haben es weder unseren Eltern noch unseren Lehrern leicht gemacht. Ich erinnere an überaus hitzige, ja emotionale Diskussionen über die Aufarbeitung der Nazi-Zeit, aber auch die RAF.

Unsere damalige Schulleitung kam noch aus der Kriegsgeneration, die Leidenschaft für die Demokratie galt ihnen alles. Wir wurden in einem merkwürdigen Spannungsfeld zwischen Freiheit und Strenge unterrichtet. Manches war vielleicht für beide Seiten irritierend. So irritierend wie Verbeeks Bild vielleicht auf manche wirkt. Es ist auf jeden Fall ein Dokument, das viele meiner Mitschüler und mich an diese Zeiten denken lässt. Es sollte einen Platz in der Schule behalten.

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