Bonner Chronik Ecke Kaiserplatz und Kaiserstraße: Ende eines beliebten Treffpunkts

Bonn · Der Wert historischer Aufnahmen zeigt sich besonders dann, wenn Häuser komplett aus dem Stadtbild getilgt wurden, um Platz für Neues zu schaffen. Ein Beispiel dafür ist die Ecke Kaiserplatz/Kaiserstraße.

In den 1970er Jahren prägte dort eine hölzerne Ladenzeile das Bild: Sie musste Zuge einer städtebaulichen Neuordnung dem Hotel Residence weichen, das am 1. Mai 1989 eröffnet wurde. Den Anfang vom Ende für den beliebten Treffpunkt mit Schnellimbiss, Pizzeria und Biergarten verkündet der General-Anzeiger bereits im Oktober 1975: Eine unterirdische Wendeanlage für Stadt- und Straßenbahn soll gebaut, die Ladenzeile schon 1977 abgerissen werden. Tatsächlich muss zunächst der Biergarten mit Pizzeria weichen, wie der GA im Juni 1977 berichtet. Das 300 Meter lange zweigleisige Tunnelbauwerk kostet rund fünf Millionen Euro und soll schon Ende 1978 fertig sein.

Der Biergarten verschwindet, doch die Ecke behält noch bis weit in die 1980er Jahre ihr bisheriges Erscheinungsbild. Im Mai 1985 berichtet der GA unter der Überschrift „Schandfleck am Kaiserplatz verschwindet“ über den geplanten Hotelneubau des Nürnberger Versicherungskonzerns Universa, den Bistrol-Betreiber Gerhard Günnewig ebenfalls übernehmen wird. Architekt Ralf Schweitzer stellt die Pläne für das 20 Millionen Mark teure Projekt „Hotel Residence“ dem GA vor. Das Erste-Klasse-Hotel mit 150 Zimmern soll am Eingangstor zur Südstadt einen neuen Akzent setzen und jene Ladenzeile ersetzen, die damals längst nicht mehr als städtebauliche Zierde gesehen wird – im Gegenteil.

Mit mehr als 600 Ehrengästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wird das Hotel Residance am 1. Mai 1989 eröffnet – am 84. Geburtstag des Betreibers Gerhard Günnewig. Von besonderem Interesse ist dabei auch die Wiedererrichtung eines Denkmals von Kaiser Wilhelm I., das 40 Jahre ausgemustert auf dem städtischen Bauhof gelegen hatte und nach einer Restaurierung nun im Kaisergarten einen neuen sonnigen Platz findet. Die in Bonn einmarschierenden Amerikaner hatten den Kopf vom Rumpf geschossen. Der Restaurator Michael Woznik erschuf ihn aus weißem Carrara-Marmor neu.

Die Stadt überlässt dem Günnewig-Konzern das Standbild als Dauerleihgabe. Mit dem Kaisergarten sollen die Bonner ein Stückchen altes und liebenswertes Bonn wieder in Besitz nehmen.

Die Wiedererrichtung des alten Kaisers freut nicht jeden. Es gibt auch Kritik, zum Beispiel vom umstrittenen Aktionskünstler Alfred Kerger, der in der Statue ein Symbol des preußischen Obrigkeitsstaates sieht und 1991 in einem Schreiben an den städtischen Beschwerdeausschuss fordert, das Denkmal wieder zu entfernen. Doch bekanntlich hat der Kaiser auch diesen Sturm überstanden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Von GA-Redakteur
Philipp Königs
zur Klimaplan-Bilanz
Erfolg bemisst sich an Taten
Kommentar zur Bonner Klimaplan-BilanzErfolg bemisst sich an Taten
Zum Thema
Aus dem Ressort