Abwasser im Bonner Westen Duisdorfer Kläranlage soll stillgelegt werden

Lessenich · Rund 23 Jahre nach ihrer Komplettsanierung müssen Teile der Duisdorfer Kläranlage erneuert werden, um Ausfälle zu vermeiden. Bis etwa 2040 soll die Anlage stillgelegt werden.

 Die Kläranlage in Duisdorf gibt es seit den 1930er Jahren. Sie wurde immer wieder aufgerüstet, weshalb sie heute hochmodern ist. Auf lange Sicht soll sie abgeschaltet werden.

Die Kläranlage in Duisdorf gibt es seit den 1930er Jahren. Sie wurde immer wieder aufgerüstet, weshalb sie heute hochmodern ist. Auf lange Sicht soll sie abgeschaltet werden.

Foto: Google Earth

Die Duisdorfer Kläranlage ist – genau wie ihre Pendants in Bonn, Beuel und Bad Godesberg – in die Jahre gekommen. 1996 ist sie zwar komplett saniert worden. Ein gutes Vierteljahrhundert später muss sie nun sukzessive erneuert werden.

"Wir arbeiten vorbeugend", sagt Betriebsleiter Achim Höcherl. Es wird nicht gewartet, bis Teile defekt sind, sondern stetig saniert, um Ausfälle zu vermeiden. Langfristig – bis etwa 2040 – soll die Anlage stillgelegt werden.

Als nächstes großes Projekt steht am Weidenpeschweg in Lessenich ein Generationswechsel bei der maschinellen Schlammvorentwässerung an. Für die Kläranlage ist diese Verarbeitungsstufe essenziell. Denn wenn der anfallende Klärschlamm nicht durch ein Sieb entwässert und somit verdickt wird, schlägt sich das auf die Effizienz der späteren Prozesse nieder. Der Schlamm wird eingesammelt und in speziellen Behältern zum Faulen gebracht, wodurch unter anderem Methangas entsteht. Das wird beispielsweise genutzt, um ein Blockheizkraftwerk zu betreiben und Energie zu gewinnen.

Ist der Schlamm zu nass, hat also einen zu großen Wasseranteil, verursacht er zusätzliche Kosten: Das Wasser enthält kaum organisches Material, muss aber dennoch aufgeheizt werden. "Eine erste Ausschreibung ergab bisher keinen Bieter", sagt Tiefbauamtsleiter Peter Esch. Das Gesamtpaket werde nun aufgeteilt und neu ausgeschrieben. Das soll allerdings nicht lange dauern: Als Fertigstellungstermin nennt Esch Ende 2020.

Doch wozu braucht man die Kläranlagen überhaupt? Ziel ist es, das Abwasser von Phosphor, Kohlen- und Stickstoff nahezu zu befreien, sagt Höcherl. So sorgten die Anlagen dafür, "dass die Bürger in einer luxuriösen Atmosphäre leben und das tolle Gefühl genießen dürfen, ohne Gestank am Rhein spazieren gehen zu können". Auch, dass keine (unappetitlichen) Abfälle aus dem Abwasser in den Fluss gelangen, sei den Anlagen zu verdanken.

Anlage zwischen Feld und Wohnbebauung

Gereinigt wird in drei Stufen: mechanisch, biologisch und chemisch. Zunächst wird das Abwasser von großen Feststoffen befreit, danach werden kleinere Teile wie Sand herausgesaugt und -geschoben. Gelöste Stoffe, die zwei Drittel der Verunreinigungen ausmachen, werden in der biologischen Reinigungsstufe entfernt.

Mikroorganismen fressen diese auf und wandeln sie in so genannten Belebtschlamm um. Der wird in der Nachklärung aus dem Abwasser entnommen. Weitere biochemische Reaktionen sorgen übrigens dafür, dass auch Stickstoff und Phosphor nahezu verschwinden.

Zuletzt stehen chemische Reinigung und Filtration auf dem Programm. Dabei wird der Rest-Phosphor durch zugegebene Salze gebunden und dann entzogen, auch die letzten feinsten Schwebeteilchen werden entfernt. Medikamentenrückstände verbleiben im Abwasser, so Höcherl. Es sei zwar technisch kein Problem, die Anlagen um diese vierte Reinigungsstufe zu erweitern. Bisher allerdings gebe es dazu keinen gesetzlichen Auftrag. Der aber sei für die Aufrüstung nötig, stellt der Betriebsleiter fest.

Was die Duisdorfer Kläranlage besonders macht, ist unter anderem ihre Lage. Sie liegt zwischen Wohnbebauung und dem Messdorfer Feld und muss deshalb leise arbeiten und darf nicht stinken. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass allein an einem Tag ohne Regen jede Sekunde bis zu 143 Liter Abwasser über die Kanalisation dorthin gelangen. Das sind pro Tag 4,8 Millionen Liter.

Im Vergleich zu den restlichen Kläranlage ist sie aber die kleinste, was die angeschlossenen Haushalte angeht. Das macht sie für die städtischen Azubis besonders interessant: Die Anlage ist durch ihre Größe übersichtlicher, bietet aber alle Bereiche der Abwassertechnik. "Sie stellt einen Schwerpunkt in der Ausbildung zur Fachkraft für Abwassertechnik dar", sagt Esch. Für ihn ein vielseitiger und zukunftssicherer Job, der "leider kein besonders gutes Image zu haben scheint" – was vermutlich daran liege, dass der Begriff "Abwasser" im Namen vorkomme. "Tatsächlich ist das aber nur ein kleiner Teil, neben theoretischen Kenntnissen im Bereich Pumpen- und Elektrotechnik werden auch zahlreiche handwerkliche Fähigkeiten in der Schlosserei und dem Labor vermittelt."

Auf lange Sicht ist die Zukunft der Kläranlage in Duisdorf besiegelt. "Ganz langfristig möchten wir sie aufgeben." Technisch wäre eine Behandlung des Abwasser auf der Großanlage Salierweg möglich, allerdings verhinderten die noch hohen Restbuchwerte der Anlage in Duisdorf die Stilllegung. "Als Zeitraum peilen wir 2040 und später an, allerdings berücksichtigen wir die Zusammenlegung der Anlagen bereits bei langfristigen Planungen", so Esch.

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