Einbrecher in Bonn Die Täter kamen nachts über gekippte Fenster

Bonn · Der Bonner Polizei gelingt ein Schlag gegen eine hochprofessionelle albanische Bande. Als Rückzugsräume hatten ihnen Flüchtlingsheime in der Region gedient.

Ein besonderer Schlag gelang der Bonner Polizei gegen eine mit viel krimineller Energie ausgestattete Bande albanischer Einbrecher. Ein Aufgebot von 150 Beamten hatte nach viel Ermittlungsarbeit am 14. September allein vier Männer in der Flüchtlingsunterkunft in Muffendorf festgenommen. Darunter auch den mutmaßlichen, 41 Jahre alten Kopf der Bande, der laut Polizei bereits bei anderen Behörden in Erscheinung getreten war.

Einen Mann nahm die Polizei in einer Flüchtlingsunterkunft in Wiehl fest. Zwei weitere Verdächtige befanden sich bereits in Abschiebhaft. Das erklärte der leitende Ermittler, Kriminalhauptkommissar Mark Patrick Lück, gestern auf einer Pressekonferenz im Bonner Polizeipräsidium. Die Mitglieder der Gang waren zwischen 21 und 49 Jahre alt, und Albaner, deren Flüchtlingsantrag abgelehnt worden war.

Das Besondere an der Bande, der 65 Straftaten zwischen Köln, Bornheim, Bonn; Sankt Augustin und Coesfeld zur Last gelegt werden: Die Täter hatten sich auf Nachteinbrüche spezialisiert, wobei sie stets über ein gekipptes Fenster eingedrungen waren, führte Lück aus. Er ist Leiter der Ermittlungsgruppe „Dritare“, was im Albanischen „Fenster“ bedeutet. Dass Einbrecher das Risiko in Kauf nehmen, nachts auf Hausbewohner zu treffen, ist nicht nur für Betroffene ein Horrorszenario. Auch Ermittler Lück besorgte ein solches Vorgehen zutiefst: „Nachteinbrüche sind völlig ungewöhnlich.“. Schließlich würden die Täter in der Regel jene Zeiten tagsüber abpassen, in denen die Bewohner nicht zu Haus sind.

Hausbewohner überrascht Täter

Am 27. Juli war es zu einem Einbruch in Bornheim gekommen, wo die Bande schwerpunktmäßig unterwegs war. Lück und seine Kollegen wurden hellhörig: Ein Hausbewohner hatte die Täter sogar noch dabei überrascht, wie sie sich aus seinem Kühlschrank bedienten. Für Lück war das der „Supergau“: „Das zeigte uns die hohe Risikobereitschaft der Täter, denen offensichtlich alles egal ist.“

Zwar waren mehrere solcher Begegnungen zwischen der Einbrecherbande und ihren Opfern ohne Verletzte ausgegangen: Doch Lück wusste: „Wir haben ein Problem“. Um Schlimmeres zu verhindern, wurden nun Kräfte aus allen Teilen der Bonner Polizei zusammengezogen, ähnliche Fälle bei Nachbarbehörden überprüft und beschleunigt Feststellungsberichte von Tatorten ausgewertet..

Das Zusammenziehen von Kräften ist seit 2013 möglich, erklärte Ulrich Sievers, Leiter der Kriminalinspektion 3. Nachdem Bonn 2013 „Einbruchshauptstadt“ gewesen sei, „haben wir Einbrüche als gesamtbehördliches Problem bekämpft“. Dazu durfte Sievers unter seiner Leitung erstmalig im Bedarfsfall Kräfte aus allen Teilen der Behörde zu einer Art „Task Force“ bündeln. Aus seiner Sicht hat sich das Verfahren bewährt: „Wir hatten 2013 zu diesem Zeitpunkt an tatsächlichen Zahlen noch 1830 Einbruchsfälle, 2016 sind es 18 Prozent weniger.“

Rasche Erfolge

Tatsächlich zeigte der Kräfteeinsatz auch in Lücks Ermittlungsgruppe rasch Erfolg. Dank aufwendiger Observationen kamen die Kriminalisten der Bande rasch auf die Spur, die in wechselnden Besetzungen ausschließlich mittels Öffentlichen Personennahverkehr unterwegs war, oft gegen 23.30 Uhr die Stadtbahn in Bad Godesberg in unterschiedliche Richtungen bestieg. Getrennt sitzend und sich gegenseitig absichernd, so Lück, ging es dann etwa nach Köln-Rodenkirchen, wo die Täter in einer Nacht neun Autos aufbrachen.

Lück verfolgt die „Hypothese“, dass oft Flüchtlingsunterkünfte in der Nähe als Depot für Einbruchswerkzeuge und Beute dienten. Einen Teil der Beute im Wert von einem sechsstelligen Betrag im unteren Bereich vermutet die Polizei allerdings bereits in Albanien. Derzeit befinden sich noch drei Bandenmitglieder in Untersuchungshaft, drei wurden bereits abgeschoben, eine weitere Abschiebung steht laut Polizei bevor.

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