200 Jahre evangelische Gemeinde Bonn Die Protestanten heute und in der Zukunft

Seit 200 Jahren gibt es die evangelische Gemeinde Bonn. Das Jubiläum wird am Sonntag, 5. Juni, ab 11 Uhr auf dem Marktplatz gefeiert. Wo stehen die Protestanten heute? Eine Bestandsaufnahme.

 Die Rigalsche Kapelle in Bad Godesberg war 1856 die erste eigenständig erbaute evangelischeKirche im linksrheinischen Bonner Stadtgebiet.

Die Rigalsche Kapelle in Bad Godesberg war 1856 die erste eigenständig erbaute evangelischeKirche im linksrheinischen Bonner Stadtgebiet.

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

Wie viele Protestanten zählt Bonn heute?

In den drei Kirchenkreisen sind 221.000 Mitglieder gemeldet (Bonn 50.000, Bad Godesberg-Voreifel 55.000, An Sieg und Rhein 21.000). Durch den seltsamen Zuschnitt sind auch Protestanten von Euskirchen bis Siegburg mitgezählt. Die Zahlen sind gegen den Bundes- und Landestrend stabil. Von der Altersstruktur sind die Protestanten erstaunlich jung. Es gibt Gemeinden mit mehr Taufen als Beerdigungen.

Warum ist Bonn in drei Kirchenkreise geteilt?

Ein Jahr vor der kommunalen Gebietsreform hatten die Protestanten 1968 den einen Kirchenkreis mit seinen 56 Gemeinden dreigeteilt: Der Kirchenkreis Bonn erhielt aus dem Stadtgebiet unter anderem die Bezirke Bonn und Hardtberg, Bad Godesberg-Voreifel bekam Bad Godesberg und Beuel ging An Sieg und Rhein. „Wie sinnvoll das ist? Diese Frage beantwortet Pressepfarrer Joachim Gerhardt vieldeutig mit einem „Tja? Die Grenzen sind aber nicht in Stein gemeißelt oder gar biblisch, auch wenn das zuweilen schon so wirkt.“ Alle drei organisieren gemeinsame Arbeitsfelder wie das Schulreferat und die Kindergartenfachberatung.

Wer ist Bonns evangelischer Ansprechpartner?

Die drei Superintendenten kooperieren gut. Eckart Wüster (Bonn) nimmt jedoch im Namen aller die meisten städtischen Aufgaben und Kontakte wahr.

Wie viele Gemeinden, Pfarrer und KIrchen gibt es?

Die drei Kirchenkreise haben 48 Gemeinden. Bonn zählt 40 Pfarrstellen inklusive vieler Krankenhaus- und Berufsschulseelsorger, Bad Godesberg-Voreifel 33 und An Sieg und Rhein 71. Im Stadtgebiet sind 29 Gemeindekirchen in Betrieb, dazu Kapellen in Krankenhäusern und Altenstiften, mehr als 20 Gemeinde- und 30 Pfarrhäuser. Die meisten Pfarrer wohnen auch noch im Pfarrhaus.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit den anderen Konfessionen?

Jede zweite Trauung in Bonn ist inzwischen ökumenisch. „Die Ökumene in Bonn, evangelisch-katholisch, aber auch innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen ist in weiten Teilen vorbildlich“, sagt Superintendent Wüster. Beispiele seien die Kirchennacht, das Miteinander von Stadtdechant und Superintendent, von katholischem Citypastoral und evangelischer Stadtkirchenarbeit sowie von Diakonie und Caritas etwa in der Bahnhofsmission oder Schuldnerberatung.

Welche Probleme drücken die Bonner Protestanten?

„Uns in Bonn geht es vergleichsweise gut“, sagt Wüster – mit vergleichsweise weniger Austritten und mehr Wiedereintritten gerade von jungen Menschen. An den guten Einnahmen lasse man auch die landes-, die bundes- und weltweite Kirche teilhaben. Mit Blick in die Zukunft sagt er: „Die demografische Entwicklung wird auch Bonn nicht verschonen.“

Wo geht es in Zukunft mit den „Evangelen“ hin?

„Einsamkeit ist ein großes Thema. Wir müssen uns noch stärker dem einzelnen Menschen zuwenden“, sagt Wüster. Vielleicht sei die Kirche eine der letzten Institutionen, denen es gelingen könne, unterschiedliche Milieus und Generationen zusammenzubringen. Die Gesellschaft rufe nach geistlicher Orientierung, nach Wertevermittlung jenseits von Profitdenken und vermeintlicher Optimierung aller Lebensbereiche.

Wo stehen Bonns Protestanten in 200 Jahren?

„Das kann ich nicht überschauen. Ich wünsche mir, dass wir von guten Mächten wunderbar geborgen bleiben“, so Wüster. Mit 208 Menschen habe man 1816 angefangen, heute sei fast jeder vierte Bonner evangelisch. „Es mögen mal wieder weniger sein. Aber ich wünsche mir, dass wir Bonn weiter mitprägen, ökumenischer, deutlicher noch in dem, was wir diakonisch tun, denn die Aufgaben werden gewaltig zunehmen.“

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