Anny Hartmann Bonn Die politische Kabarettistin im Pantheon Casino
Bonn · Die kostenlose Sonderausgabe der "Bild"-Zeitung einen Tag vor der Bundestagswahl war für sie eine "Belästigung". Mit diesem Aufmacher startet Anny Hartmann am selben Tag in die Premiere ihres neuen Programms "Ist das Politik oder kann das weg?" im ausverkauften Pantheon Casino.
Der Termin könnte passender nicht gewählt sein. Denn Anny Hartmann ist die einzige ernstzunehmende politische Kabarettistin in Deutschland zurzeit. Wahrscheinlich ist sie sowieso die erste Frau ihrer Zunft, die das mit einer derartigen analytischen Konsequenz anpackt.
Rauchverbot und Veggie-Day-Visionen machen die Kölnerin nachdenklich. Sie denkt weit darüber hinaus, und dies überaus plausibel: "Dadurch, dass Genuss und Sinnlichkeit immer mehr aus unserem Alltag verschwinden, glauben inzwischen viele Leute, dass fehlende Emotionen ein Zeichen von Kompetenz sind."
Zur gleichgeschlechtlichen Liebe und den damit verbundenen Repressionen in Russland hat sie eine pointierte Meinung und sieht es als erstes Anzeichen einer Diktatur. Und im Fall der Neonazis des NSU von "Zwickauer Terror-Trio" zu sprechen, "klingt für mich nach Volksmusik", sagt sie. "Ist aber Volksverhetzung. Nun, da sind die Übergänge ja fließend."
Steuerhinterziehung, Betreuungsgeld, Energiewende, Flughafen Berlin-Brandenburg, Asylanten, Bundeswehreinsätze im Innern, Waffenexporte der schwarz-gelben Regierungskoalition - Anny Hartmann hat sich einiges vorgenommen. Sie hat dabei alles im Griff, sie spottet ätzend, sie plädiert leidenschaftlich.
Und bewegt sich souverän zwischen Sarkasmus und Satire, fundierter Aufklärung und scharfer Anklage. Was für eine Bereicherung für das politische Kabarett.
