Landgericht Bonn Die "Kult-Kammer": Richter Heinz Sonnenberger nimmt Abschied

BONN · Ob Schürmann-Bau, Kundus oder Bad Kleinen - all diese und viele weitere Prozesse von oftmals bundesweitem Interesse sind mit seinem Namen eng verbunden: Heinz Sonnenberger, Richter am Bonner Landgericht, hat diesen Verhandlungen als Vorsitzender der Ersten Zivilkammer seinen Stempel aufgedrückt.

 Der Kundus-Prozess war der letzte große Prozess von Richter Heinz Sonnenberger am Bonner Landgericht.

Der Kundus-Prozess war der letzte große Prozess von Richter Heinz Sonnenberger am Bonner Landgericht.

Foto: dpa

Doch damit ist jetzt Schluss: Am Montag wurde der 65-Jährige feierlich in den Ruhestand verabschiedet. Aufgrund der Vielzahl ehemaliger und aktueller Weggefährten platzte der alte Schwurgerichtssaal förmlich aus allen Nähten.

Landgerichtspräsidentin Margarete von Schwerin würdigte die "hohe Sachkompetenz" Sonnenbergers, der einer "Kammer mit Kultstatus" vorgestanden habe. Ausgezeichnet habe den 65-Jährigen vor allem, dass er seine Verhandlungen stets mit einer "liebenswürdigen Gelassenheit" führte.

Der in Königswinter lebende Richter freut sich nun darauf, in seinem Tennisverein eine Vielzahl von Doppelpartien zu bestreiten. Und wenn seine Frau, die als Schulleiterin noch ein paar Jahre arbeiten muss, ebenfalls in den Ruhestand geht, soll "endlich mal außerhalb der Ferien" gereist werden.

20 Jahre lang hatte Sonnenberger den Vorsitz der sogenannten "Staatshaftungskammer" inne. Und gleich zu Beginn dieser Zeit bekam er es mit einem dicken Brocken zu tun.

Nach dem Rhein-Hochwasser im Dezember 1993 begann für die Erste Zivilkammer bereits im Januar 1994 das Beweissicherungsverfahren im Fall des schwer beschädigten "Schürmann-Baus". Das Gebäude, in dem heute die Deutsche Welle sitzt, gilt als eines der teuersten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Erst 14 Jahre nach dem Hochwasser einigte sich die Bundesrepublik im Jahr 2007 mit drei beteiligten Baufirmen auf einen millionenschweren Vergleich.

Immer wieder musste sich Sonnenberger mit seinen Beisitzern bei Ortsterminen einen Eindruck der Gegebenheiten vor Ort machen. Mal ging es um Nachbarn, denen die Kinder der benachbarten Kindertagesstätte in Troisdorf zu laut waren - dann wiederum ging es um den RAF-Terroristen Wolfgang Grams.

Nach dessen Tod bei dem misslungenen Festnahmeversuch durch die GSG 9 auf dem Bahnhof von Bad Kleinen bei Lübeck musste sich der Zivilrichter um die Frage kümmern, ob die Eltern des Terroristen, der sich selbst mit einem Kopfschuss getötet haben soll, die Beerdigungskosten erstattet bekommen - was die Kammer ablehnte. Im letzten großen Prozess unter der Regie von Heinz Sonnenberger entschied die Erste Zivilkammer im vergangenen Dezember, dass die verklagte Bundesrepublik Deutschland den Hinterbliebenen des Luftangriffs im afghanischen Kundus keinen Schadensersatz zahlen muss.

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