UN-Tagung in Bonn "Die kleine Stadt mit dem großen Einfluss"

Bonn · 150 Wissenschaftler aus 60 Nationen tagen zurzeit bei der zwischenstaatlichen Plattform für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (IPBES) im UN-Campus Bonn. Am Dienstagabend wurden sie von Bürgermeister Reinhard Limbach im Alten Rathaus empfangen. Dabei geb es auch viel Lob für die Stadt am Rhein. Am Mittwoch steht neben weiteren Beratungen auch eine Fahrt auf dem Rhein an.

 Anne Larigauderie ist Chefin des Weltbiodiversitätsrates IPBES.

Anne Larigauderie ist Chefin des Weltbiodiversitätsrates IPBES.

Foto: IPBES

Es ist der Auftakt einer weltweiten Vernetzung von Wissenschaftlern, die die Auswirkungen der globalen Erwärmung und des menschlichen Handelns auf die Ökosysteme zusammentragen. 150 Wissenschaftler aus gut 60 Ländern dieser Erde tauschen zurzeit auf einer Tagung im UN-Campus ihre Analysen aus. Es geht um nicht weniger als das Zusammenführen des vorhandenen Wissens auf diesem Gebiet.

Die Ergebnisse der auf drei Jahre angelegten Studie sollen die Grundlage für nationale und internationale Entscheidungsfindungen von Regierungen, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft in den nächsten zehn Jahren und darüber hinaus bilden. „Die Ergebnisse sind immanent für die zukünftige Sicherung von sauberem Trinkwasser und unserer Nahrungsgrundlage“, sagte am Dienstagabend IPBES-Chairman Sir Robert Watson beim Empfang der Wissenschaftler im Alten Rathaus Bonn.

Dabei gehe es auch immer um die zentrale Frage, wie man Regierungen, aber auch den Menschen die Risiken der globalen Erwärmung, die große Bedeutung der biologischen Vielfalt näherbringen kann, sagte Anne Larigauderie, Exekutivsekretärin der seit 2014 in Bonn beheimateten zwischenstaatlichen Plattform für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (IPBES), dem wissenschaftlichen Arm der Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen.

Sir Robert Watson war Berate von Präsident Clinton

Watson ist eine schillernde Figur in der internationalen Wissenschaftsszene und gilt als einer der wichtigsten Forscher auf dem Gebiet der globalen Erwärmung und des Ozonabbaus. Der britische Professor war Chefwissenschaftler bei der NASA, wissenschaftlicher Berater der Weltbank und unter anderem der leitende Berater für Umweltschutz des früheren US-Präsidenten Bill Clinton and seines Vize Al Gore. Watson galt sehr früh als ausgesprochener Verfechter der Idee, dass menschliches Handeln, vor allem die Verbrennung von Kohle und Öl, maßgeblich zur globalen Erwärmung beitragen und dass dieses Verhalten geändert werden muss.

Der 67-Jährige mit dem grauen Bart spricht gestenreich, wenn er über die Bedeutung der biologischen Vielfalt spricht, wenn er die Wissenschaftler aufruft, eine internationale Debatte loszutreten, wie wichtig das menschliche Verhalten für ihre Zukunft ist. Der Rotwein in seinem Glas droht überzuschwappen, wenn er beschreibt, welche Folgen die globale Erwärmung schon für die Küstenerosionen hat, für Inselregionen wie Polynesien.

2005 gab es zwar schon mal eine Begutachtung der globalen Ökosysteme über das Millennium Ecosystem Assessment (MA), so Larigauderie. Aber es sei dringend notwendig, den Status der Biodiversität und den Leistungsstand der Ökosysteme auf den neuesten Stand zu bringen. Es gebe jede Menge Erneuerungen, und außerdem sei es der ausdrückliche Wunsch der 125 Mitgliedstaaten der IPBES. „Letztlich wollen wir auch untersuchen, welche Maßnahmen in der vergangenen Dekade umgesetzt und welche nicht umgesetzt wurden. Wir wollen auch die Ursachen analysieren, warum es nicht geklappt hat“, sagte Josef Settele vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ), der einer der drei stellvertretenden Vorsitzenden des Global Assessments ist.

Aus Forschersicht eine Herausforderung

Der Agrarökologe hält das Global Assessment für wichtig, „weil man nicht zu hundert Prozent alles erfassen kann. Es geht um Integration. Ausgewiesene Experten schauen, welche Sichtweisen und Ergebnisse vorhanden sind und wo die Unterschiede liegen – in Abhängigkeit vom gewählten Forschungsansatz. Am Ende kann man dann sagen, welche Hauptströmungen es gibt oder welche Ergebnisse abweichen, aber berücksichtigenswert sind und welche nicht. Aus Forschersicht ist solch ein Assessment schon eine Herausforderung. Denn es ist auch eine Gratwanderung zwischen wissenschaftlicher Exaktheit und öffentlicher Verständlichkeit.“

Lob gab es an diesem Abend auch für den UN-Standort am Rhein. „Bonn, die kleine Stadt mit dem großen Einfluss, hat uns vor zwei Jahren mit offenen Armen empfangen“, sagte Larigauderie und erinnerte an den Enthusiasmus, mit dem ihr Team und sie die Arbeit angepackt hätten. Es sei eine fantastische Arbeitsatmosphäre in Bonn, schwärmte Watson, der offenbar auch einige gute Lokale ausgemacht hat. Watson: „Bonn, wir werden noch viele Male zurückkommen.“

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