Fastenmonat Ramadan Die große Herausforderung

Bonn · Fast 18 Stunden nichts essen, nichts trinken, keine schlechten Gedanken haben, über niemanden schlecht reden: Der muslimische Fastenmonat Ramadan, der sich am islamischen Mondkalender orientiert und somit jedes Jahr um elf Tage früher beginnt, ist in diesem Jahr wahrlich kein Zuckerschlecken – sollte man als Nichtmuslim meinen.

 Das allabendliche Fastenbrechen ist zurzeit gegen 22 Uhr. Nachdem die Muslime eine Dattel und einen Schluck Milch oder Wasser getrunken haben, beten sie – wie hier in der Al-Muhajirin-Moschee – und treffen sich dann zum Abendessen, dem Iftar.

Das allabendliche Fastenbrechen ist zurzeit gegen 22 Uhr. Nachdem die Muslime eine Dattel und einen Schluck Milch oder Wasser getrunken haben, beten sie – wie hier in der Al-Muhajirin-Moschee – und treffen sich dann zum Abendessen, dem Iftar.

Foto: Horst Müller

Fasten vom Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang, in Bonn also von etwa 4 bis kurz vor 22 Uhr, ist insbesondere im Juni in nördlichen Gefilden eine besondere Herausforderung.

Spricht man mit Hassan, Gomaa, Abdul und Ahmad, jungen Männern zwischen 16 und 27 aus Syrien, gewinnt man jedoch einen ganz anderen Eindruck. Die Flüchtlinge, die seit gut einem Jahr in Deutschland sind und schon unglaublich gut Deutsch sprechen, machen kurz vor dem allabendlichen Fastenbrechen, dem Iftar, einen fitten und ausgesprochen fröhlichen Eindruck, wie sie in der Al-Muhajirin-Moschee hin- und hereilen und das große Büfett mit leckeren arabischen Speisen herrichten.

Allabendliches Fastenbrechen

Es ist kurz vor 22 Uhr, der Vorstand der großen Moschee an der Brühler Straße, Mahmoud Kharrat, hat zahlreiche Gäste aus anderen Moscheen, aus Kirchen, von der Stadt und anderer Einrichtungen eingeladen, und die jungen Syrer und andere Gemeindemitglieder der Moschee haben geholfen, den Festsaal vorzubereiten.

„Uns fällt das Fasten bei diesen kühlen Temperaturen leichter als in der Hitze in Syrien – auch wenn die Tage in Deutschland deutlich länger sind“, meint Hassan, 19, der in Kuwait sein Abi mit 1,4 gemacht hat und sich jetzt um einen Studienplatz in Medizin bewerben will. Er ist einer von ganz vielen jungen Muslimen in Bonn, die zurzeit mit Eifer fasten.

„Meine Freunde finden das toll, dass ich die Kraft habe, das Fasten durchzuhalten“, berichtet auch der 19-jährige Muhammad, der nach einem langen Schultag in der Deutschen Angestellten Akademie auf dem Weg in seine Moschee in der Maxstraße unterwegs ist.

Wie in den meisten anderen muslimischen Gotteshäusern treffen sich viele Gläubige gerade an den letzten zehn, den „heiligen Tagen“ des islamischen Fastenmonats, um zu beten, im Koran zu lesen, das abendliche Fasten zu brechen und zu plaudern. Er fühle sich auch nach zehn Stunden Schule noch gut, sagt Muhammad, auch wenn er um 17 Uhr noch fünf Stunden ohne Essen und Getränke vor sich hat.

Zunächst wird er die Gebete des Tages nachholen, die er während der Schulzeit nicht verrichten konnte. Dann macht er Hausaufgaben, um nach Sonnenuntergang erneut zu beten, endlich zu essen und zu trinken. In den Nächten der „heiligen Tage“ verrichtet er noch einmal ein etwa halbstündiges Gebet, bevor es dann gegen Mitternacht ins Bett geht – um gut drei Stunden später wieder aufzustehen.

„Um kurz nach drei klingelt mein Wecker. Dann bete, esse und trinke ich wieder.“ Um den nächsten Tag zu überstehen, legt sich Muhammad anschließend wieder schlafen. Seine Freunde und er spornen sich gegenseitig an, „wenn es mal richtig hart wird. 'Komm, du schaffst das, gleich gibt es zu essen'“, erzählt der 19-Jährige.

Große Herausforderung

Als eine „große Herausforderung“ bezeichnet die städtische Integrationsbeauftragte Coletta Manemann das Fasten besonders in diesem Jahr. Sie beobachte nicht selten einen „Wettlauf unter Jugendlichen, wer noch besser fastet“, sagt sie als Gastrednerin in der Al-Muhajirin-Moschee. Es gehe jedoch um einen selbst und um den eigenen Glauben, betont Manemann, genau wie Imam Khaled Hanafi. „Der für Nichtmuslime komische “Gottesdienst„“, wie er den Ramadan nennt, diene der persönlichen Beziehung zu Gott.

Doch das Fasten sei darüber hinaus aber noch vieles mehr: ein Akt der Solidarität mit den Hungernden in dieser Welt – viele Muslime spenden gerade jetzt besonders an Bedürftige; ein gesellschaftliches Ereignis und nicht zuletzt eine Reinigung von Körper und Seele und ein Symbol charakterlicher Standfestigkeit. Das ist auch den Jungs aus Syrien wichtig: Es sei ein Zeichen der Willenskraft, sagt Hassan strahlend.

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