Kommentar zur Beethovenhalle Die Chance im Stillstand

Meinung | Bonn · Die Stadtverwaltung plant die Feiern von 2020 komplett ohne die Beethovenhalle. Die Idee klingt verrückt.

 Die Skulptur "Beethon" vor der Beethovenhalle.

Die Skulptur "Beethon" vor der Beethovenhalle.

Foto: Benjamin Westhoff

Baustopp in der Beethovenhalle, obwohl die Stadt schon Sanierungsaufträge für 50 Millionen Euro erteilt hat? Abriss und Neubau, obwohl das Gebäude und seine Außenflächen unter Denkmalschutz stehen? Soll Bonn ernsthaft auf seine traditionsreiche Mehrzweckhalle verzichten, um ein kombiniertes Opern- und Schauspielhaus zu bauen?

Aber: Es lohnt sich immer, abwegig erscheinende Gedanken zu Ende zu denken. Denn es geht den Absendern um mehr als die Beethovenhalle. Bonn hat nicht nur kein Geld, sondern auch ein marodes Opernhaus und marode Kammerspiele. Allein für eine Instandsetzung der Oper, die noch nicht einmal eine umfassende Sanierung wäre, kalkuliert die Stadt rund 82 Millionen Euro ein, weitere 27 Millionen für die Ertüchtigung der Schauspielbühne in Bad Godesberg.

Wie sich die Kosten entwickeln, wenn die öffentliche Hand alte Gebäude umbaut, ist ja bekannt. In der Beethovenhalle explodierte die Prognose binnen eines Jahres von 61,5 Millionen Euro auf 79 Millionen – und dabei sind bisher fast nur Abbrucharbeiten erfolgt. Der gesamte Ausbau, die Ausrüstung mit Gebäudetechnik und viele weitere Gewerke folgen jetzt noch mit großem Zeitverzug – den sich die Firmen mit Nachforderungen vergolden lassen werden.

Was die Oper angeht, wollen CDU, FDP und SPD aus gutem Grund prüfen lassen, ob ein Neubau die bessere Alternative zur Instandsetzung sein könnte. Am bisherigen Standort darf man das getrost vergessen: Sonst müssten über mehrere Jahre hinweg Millionensummen für eine Ersatzspielstätte investiert werden, wie immer diese auch aussehen sollte. Realistischer erscheint der von CDU-Fraktionschef Gilles ins Spiel gebrachte Neubau auf dem Areal der Godesberger Stadthalle, der errichtet werden könnte, während die Oper noch in Betrieb ist. Dafür müsste aber der Denkmalschutz aufgehoben werden – genau wie bei der Beethovenhalle. Das bisherige Operngrundstück am Rhein könnte die Stadt mit hohem Ertrag verkaufen.

Die Kernfragen sind sicher, wie teuer ein Neubau wäre, ob eine modernisierte Stadthalle die Beethovenhalle als Mehrzweckgebäude ersetzen kann und wie hoch Bonn den Denkmalschutz hält. Der Stillstand in der Beethovenhalle bietet jetzt die Chance für eine Denkpause: Fakten sammeln, alle Aspekte abwägen, zügig entscheiden – das wäre der Weg. Aber ob der Rat und die Stadtverwaltung dazu den Willen und die Entschlusskraft aufbringen? Tempo ist nicht Bonns Stärke. Einen Opernneubau zu prüfen, hat der Rat am 11. November beschlossen. Die Verwaltung benötigte drei volle Monate, um einen Gutachter zu beauftragen.

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