Unfall in Bonn Die Angst der Radfahrer vor der sich plötzlich öffnenden Autotür

Bonn · Es ist der Albtraum vieler Radfahrer: Plötzlich öffnet sich die Tür eines geparkten Autos, es gibt keine Chance mehr auszuweichen. Eine Beuelerin hat das erlebt. Dabei ist es leicht, solche Unfälle zu vermeiden.

 Brenzlig wird es für Radler, wenn Autofahrer wie in dieser gestellten Szene die Tür ihres Wagens unerwartet öffnen.

Brenzlig wird es für Radler, wenn Autofahrer wie in dieser gestellten Szene die Tür ihres Wagens unerwartet öffnen.

Foto: Benjamin Westhoff

Für die Radlerin war es ein Tag wie jeder andere, bis sich plötzlich die Tür des Autos öffnete – zu spät, um noch auszuweichen. Ein paar Tage danach sitzt die 31-Jährige auf einer Bank am Beueler Rheinufer und erzählt von dem Unfall. Sie war morgens mit dem Fahrrad unterwegs zur Arbeit nach Bad Godesberg. Kurz nach acht fuhr sie auf der Rheinallee, rechts geparkte Autos. „Ich habe noch gesehen, wie sich die Fahrertür öffnete“, sagt sie. Dann ging alles ganz schnell. „Ich kann nicht sagen, was genau passiert ist, ich erinnere mich nur noch daran, wie ich auf einmal auf dem Asphalt  lag.“

Bei dem Sturz holte sie sich Schürfwunden und Prellungen. „Mein Oberschenkel ist immer noch ganz blau“, sagt sie. Ihr Kopf blieb unverletzt, weil sich der Airbag-Helm aufpustete, den sie trug. „Nicht mal meiner Brille ist etwas passiert“, sagt sie. Eine Autofahrerin die den Unfall beobachtet hatte, hielt an, half ihr und fuhr sie später in ein Krankenhaus. „Ich war ganz zittrig, als ich im Wagen gesessen habe“, erzählt sie.

Das „Dooring“ ist der Albtraum aller Radfahrer

Unfälle wie diesen gibt es in Bonn immer wieder. 2019 waren es 24. Sie haben sogar einen eigenen Namen: Dooring, vom englischen „Door“ für Tür abgeleitet. Von Januar bis Mai 2020 zählte die Bonner Polizei sieben. Im gleichen Zeitraum 2019 waren es 20. „Zahlen für ganz Deutschland zu bekommen, ist schwierig“, sagt Heiko Johannsen von der Medizinische Hochschule Hannover.

Für eine Studie hat er sie anhand von Fällen in Dresden und Hannover hochgerechnet. Demnach starben 2013 bei Dooring-Unfällen 20 Menschen, 290 wurden schwer verletzt und mehr  als 2000 trugen leichte Verletzungen davon. Das Dooring mache drei Prozent aller Fahrradunfälle aus. Ähnlich sieht die Situation in Bonn aus, wo es im vergangenen Jahr 3,5 Prozent waren.

Eine einfache Lösung stellt der „holländische Griff“ dar

Diese Unfälle ließen sich aber leicht vermeiden. Und zwar mit dem „holländischen Griff“. In Fahrschulen in den Niederlanden lernen Schüler schon seit Jahrzehnten die rechte Hand zu benutzen, wenn sie die Fahrertür öffnen und die linke, wenn sie auf der Beifahrerseite aussteigen wollen. Dadurch, dass sich die Insassen des Autos dabei ein wenig drehen müssen, sehen sie, ob ein Radler angefahren kommt, bevor sie die Tür öffnen.

„Ich bringe den meinen Schülern auch bei“, sagt Fahrlehrer Lars Rauer, der die Fahrschule Schulterblick betreibt. „Die Tür so zu öffnen hilft absolut, um diese Unfälle zu vermeiden.“ Er merke aber, dass der holländische Griff nicht in allen Fahrschulen beigebracht werde. Er selbst habe mal erfahren müssen, wie wichtig so ein Blick über die Schulter ist, als er mit einem Oldtimer auf der Autobahn liegen blieb. Gerade als er die Tür öffnete, fuhr ein LKW vorbei. Der Luftzug riss ihm die Tür aus der Hand und beschädigte sie.

Auch technische Warnsysteme verhindern „Dooring“

Einige Autohersteller bauen bereits Systeme in ihre Wagen ein, die das Dooring verhindern sollen. Sie warnen durch einen Ton und ein Blinken im Außenspiegel davor, die Tür zu öffnen. Bei anderen lässt sich die Tür nur mit einer Verzögerung von rund einer Sekunde öffnen, wenn sich ein Radler nähert. In vielen Autos seien die notwendigen Sensoren ohnehin bereits eingebaut, schreibt der ADAC in einem Bericht. Sie könnten also für solche Systeme genutzt werden und so den Verkehr sicherer machen.

Eine weitere Möglichkeit Dooring -Unfälle zu vermeiden, fällt Werner Böttcher vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) in Bonn ein. „Die Infrastruktur anpassen“, sagt er. In etwa so wie am Hochstadenring. Dort ist zwischen den parkenden Autos und dem Radstreifen auf der Straße ein Abstand gelassen worden. „Aber diese 50 Zentimeter reichen noch nicht aus, um die Unfälle zu verhindern“, sagt Böttcher. Er weist auch darauf hin, dass zwar ein Rechtsfahrgebot für Radler gibt. „Aber die müssen nicht soweit rechts fahren, dass sie sich selbst gefährden“, sagt er. Das, sagt die Radlerin aus Beuel, habe sie erst nach ihrem Unfall erfahren.

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