Kommentar zur Feinstaublelastung Dicke Luft in Bonn

Bonn · Die Bonner Stadtverwaltung will sich nicht mit den Messungen des Bonner Meteorologen Karsten Brandt zur Feinstaubbelastung in der Stadt auseinandersetzen.

Der Bürger nervt! So muss man wohl die unwirsche Weigerung des städtischen Umweltamtes zusammenfassen, sich mit den Feinstaub-Messungen von Karsten Brandt im Umweltausschuss zu beschäftigen. Dabei hat der Meteorologe eigentlich nur bestätigt, was in Bonn jeder weiß: Die Stadt mit ihrer Kessellage und ihren erheblichen Pendlerströmen hat ein Abgas-Problem. Die Stadtverwaltung ist dabei wie so manch andere Kommune auch in einer unbequemen Lage.

Handel, Handwerk und Industrie warnen vor Beschränkungen für ihre Diesel-Flotte und prophezeien Standortnachteile, Kaufkraftverlust, ja gar Abwanderung. Die Mehrzahl der eigenen Bus-Flotte rumort mit ihren Diesel-Motoren auch durch enge Seitenstraßen. Und viele Einwohner fahren – vom Staat mit hohen Subventionen begünstigt – einen Diesel-Pkw und sehen sich von der Industrie mit gefälschten Abgaswerten getäuscht. Andererseits pochen Umweltschützer auf die Einhaltung von Grenzwerten, die zeitnah weiter verschärft werden. Die Gesundheit vor allem der Anwohner vielbefahrener Straßen steht akut auf dem Spiel.

Messwerte kommen ungelegen

Eine Diskussion, ob die dürftigen amtlichen Messwerte nur die Spitze des Eisberges darstellen, kommt der Stadt also denkbar ungelegen. Doch Brandts Daten nach dem Vogel-Strauß-Prinzip und mit dem Verweis auf nicht „gerichtsfeste“ Messungen einfach vom Tisch wischen zu wollen, zeugt von bemerkenswerter Bürgerferne. Niemand hat gefordert, die privaten Messergebnisse zur Grundlage städtischen Handelns zu machen.

Dafür sind sie viel zu stichprobenhaft und auch nicht auf die gesamte Stadt übertragbar. Aber eine Kommune, die sich vor aller Welt als Klimahauptstadt präsentiert und als Standort für nachhaltiges Handeln etablieren möchte, sollte offen auf sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung reagieren. Zusätzliche Messungen in Kopfhöhe begleitend zu amtlichen Messstellen sind schließlich nicht verboten. Zum Glück müssen die Parteien sich das Votum der Verwaltung nicht zu eigen machen. Der Umweltausschuss kann Brandt selbst einladen, wenn er sich für die Umwelt der Bonner tatsächlich interessiert.

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