Kirchen und ihre Schätze in Röttgen Der zweite Blick offenbart die Kostbarkeiten

RÖTTGEN · Modernes Backsteinmauerwerk, Ziegelwände, Sichtbeton, Fenster in schwindelerregender Höhe und eine plastische Deckenkonstruktion: Auf den ersten Blick ist Christi Auferstehung ein modernes, schlicht und reduziert gestaltetes Gotteshaus.

 Kontrast von modern und historisch: In die neuzeitliche Bronzekrone mit Szenen aus dem Leben Jesu wurde das einstige Betkreuz des Kurfürsten Clemens montiert.

Kontrast von modern und historisch: In die neuzeitliche Bronzekrone mit Szenen aus dem Leben Jesu wurde das einstige Betkreuz des Kurfürsten Clemens montiert.

Foto: Roland Kohls

Doch bei genauerem Hinsehen offenbart die Röttgener Pfarrkirche ihr zweites Gesicht: Mit dem alten Wegekreuz aus dem Kottenforst auf dem Vorplatz, dem Corpus Christi, datiert um 1420, im Eingangsbereich, der Mutter Gottes um 1380 am kleinen Marienaltar sowie der achteckigen Bronzekrone mit einem barocken Elfenbeinkruzifix aus dem 18. Jahrhundert schafft das Gotteshaus aus den 1960er Jahren den Spagat zwischen historischem Kleinod und moderner Architektur.

Selbst Kurfürst Clemens August hat Spuren hinterlassen. Keiner weiß das besser, als Horst Seiffert. Er ist nicht nur seit Jahrzehnten in der Kirchengemeinde aktiv, sondern war in jungen Jahren als Röttgener Ortsbürgermeister auch an vielen Planungen und Entscheidungen beteiligt. Mittelpunkt der Kirche ist die Bronzekrone über dem Altar. Der größte Schatz in Christi Auferstehung? "Natürlich", antwortet Seiffert ohne Zögern. Die zeitgenössische Altarkrone wurde Anfang 1983 nach einem Entwurf des Bildhauers Karl-Matthäus Winter gefertigt und besteht aus vier giebelförmigen Haupt- sowie vier rechteckigen Nebenfeldern. Zum Kirchenschiff hin ist Golgatha dargestellt. Das alte Kreuz mit einem filigran gearbeiteten Corpus aus Elfenbein in der Mitte sticht gleich beim Betreten der Kirche hervor.

"Das ist etwas ganz Einmaliges", erklärt Seiffert und betrachtet die wertvolle Arbeit. Denn dieses Kreuz stand wahrscheinlich einst in einer kleinen Betnische neben dem Salon im Erdgeschoss des kurfürstlichen Schlosses. Nach dem Abbruch der Residenz kam es in die Venantiuskapelle und zierte dort mehrere Jahre einen Seitenaltar. Irgendwann wurde es allerdings abgehangen und mit anderen Gegenständen in einer Kiste auf dem Dachboden verstaut. Nur durch Zufall wurde es schließlich entdeckt und in die moderne Darstellung der Auferstehung Christi implementiert. "Hat es nicht eine ganz besondere Ausstrahlung?", fragt Seiffert und betrachtet die feine Schnitzerei. Das makellose Weiß des Elfenbeins hebt sich kontrastreich gegen das dunkle Ebenholz ab. Neben der Szene auf Golgatha sind auf den Flächen der Krone weitere Darstellungen aus dem Leben Jesu ausgewählt.

Während bis in die 1960er Jahre hinein Röttgen ruhig und wenig besiedelt war, wurde mit der Wahl Bonns zur provisorischen Bundeshauptstadt und dem Ausbau der Unikliniken der Ort zum bevorzugten Wohngebiet für viele Neubürger. Die Einwohnerzahl wuchs rasch und in der kleinen Venantiuskapelle fanden bei den Sonntagsgottesdiensten schon bald nicht mehr alle Gläubigen Platz. Ende 1966 stand daher bereits fest: Röttgen braucht eine neue Pfarrkirche. Am 17. Juni 1968 wurde schließlich nach den Plänen von Heinrich Dölken der Grundstein gelegt.

Zuvor, am 24. Februar 1968, folgte Josef Kardinal Frings dem Wunsch der Röttgener und bestimmte, dass Kirche und Pfarre den Namen "Christi Auferstehung" tragen sollen. Die Arbeiten gingen rasch voran. Bei Schnee und Eis zogen bereits am Karsamstag 1970 die Gläubigen mit Osterkerzen, die an der Venantiuskapelle entzündet worden waren, in einer feierlichen Lichterprozession in die neue Kirche ein. Mit der Osterkerze vorweg betraten die Röttgener am 29. März 1970 ihr neues Gotteshaus. Offiziell geweiht wurde die Kirche schließlich am 29. August 1971. Zur gleichen Zeit wurde auch die neue Klais-Orgel mit 22 Registern eingebaut. In das Grab des Altars legte man Reliquien Kölner Märtyrer sowie die des Heiligen Hermann-Josef aus Steinfeld.

Das Innere der Kirche wurde ohne Stützen konzipiert und bietet so von jedem Platz aus eine optimale Sicht auf ein erhöhtes Podest. Dort stehen Ambo, Altartisch sowie Tabernakel in Form einer Thorarolle. Die Decke von Christi Auferstehung ist kassettenförmig ausgerichtet. Seit 1987 zieren zudem Kreuzwegreliefs aus Kalksandstein von Elmar Hillebrand das Innere.1992/1993 errichtete man einen 24 Meter hohen, freistehenden Kirchturm. Durch seine äußere Verkleidung mit Grauwacke und Ziegeln wirkt er jedoch wesentlich höher. Seit 2001 wird die Turmhaube von vier Posaune blasenden Engeln gekrönt. Sie sind ebenfalls nach Entwürfen von Elmar Hillebrand gefertigt.

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