Verkehrsplanung anno dazumal Der Traum von der Kottenforst-Autobahn

Ippendorf/Villiprott · Heute unvorstellbar, damals eine reale Planung: In den 1930er Jahren war eine Autobahn von Bonn nach Trier geplant, die über den Venusberg und quer durch den Kottenforst führen sollte. Das Teilstück von Ippendorf, in Verlängerung des Gudenauer Weges, bis nach Pech wurde sogar schon baulich vorbereitet, so dass man es noch heute erkennen kann.

 Wo mal Autos fahren sollten, steht heute ein Hund mitten im Wald. Am Gudenauer Weg Richtung Villip sind links und rechts des Wegs leichte Erdhügel zu erkennen: Es handelt sich um aufgeschütteten Mutterboden im Wald hinter Ippendorf.

Wo mal Autos fahren sollten, steht heute ein Hund mitten im Wald. Am Gudenauer Weg Richtung Villip sind links und rechts des Wegs leichte Erdhügel zu erkennen: Es handelt sich um aufgeschütteten Mutterboden im Wald hinter Ippendorf.

Foto: Roland Kohls

Spaziergängern im Wald wird es womöglich aufgefallen sein. Damals, Anfang 1939, waren nicht nur Bäume auf der schnurgeraden Strecke gefällt worden, die Arbeiter hatten auch schon den Mutterboden abgetragen und rechts und links der Trasse aufgeschüttet. Diese Hügel kennzeichnen noch heute den geplanten Verlauf der Strecke. Sie sind mit einer Höhe von einem Meter relativ niedrig und haben einen rechteckigen Grundriss.

Diese Form der Hügel deutet in den Augen von Experten darauf hin, dass der Abtrag des Bodens in Handarbeit und mit Schubkarren erfolgt ist. Während die Reihung der Hügel heute meist im Unterholz verborgen liegt und vor Ort schwer zu erkennen ist, zeichnet sie sich im digitalen Geländemodell deutlich ab. Dieses bildet die natürliche Geländeform ab, und man erkennt: Die Anordnung der Hügel rechts und links der Trasse sieht aus wie zwei Perlenketten.

Es gibt noch ein weiteres Zeichen dieser Autobahn-Planung, es ist das heutige Landhaus Kremmel in Villiprott. Als der Schreiner Josef Schmitz, der damals in dem ärmlichen Ort mit 50 Haushalten und vielleicht 250 Einwohnern lebte, erfuhr, dass die elterliche Gastwirtschaft „Zur schlanken Eiche“ der Autobahn zum Opfer fallen sollte, kam er auf die Idee, eine Raststätte an neuem Standort zu bauen. Am 20. Juli 1939 stellte er den Bauantrag und erhielt schon am 2. August grünes Licht dafür. Der Bauschein vom 9. Oktober 1939, ausgestellt vom Landrat, erlaubte die „Errichtung eines Wohnhauses mit Gastwirtschaft, Schreinerwerkstatt und Stall“.

Als die Familie Schmitz mit den Ausschachtungsarbeiten am neuen Standort begann, hatte die Autobahntrasse quer durch den Wald und über Wiesen und Äcker Villiprott bereits erreicht. Die Trasse kam zwischen dem Ort und Pech aus dem Wald, um dann in einem Bogen das Dorf zu erreichen. Dabei schnitt sie die heutige Dorfstraße (damals Hauptstraße), um dann wieder hinter der heutigen Waldstraße im Forst zu verschwinden. Vom Elternhaus des Josef Schmitz konnte man direkt auf die unfertige Straße schauen, wo ebenfalls der Mutterboden zu Erdhügeln an der Seite aufgetürmt worden war. Einigen Dorfbewohnern brachten die Arbeiten Lohn und Brot.

Gesagt, getan: Die Raststätte, das heutige Landhaus, wurde gebaut, umgeben von einer großen Wiese, wo heute im Sommer Bierbänke und Tische stehen. Josef Schmitz ließ seinen Sohn den mit Blick auf die Lage an der Autobahn zukunftssicheren Beruf des Autoschlossers lernen. 1941 zog die Familie Schmitz in den Neubau.

Doch dann kam alles anders: Mit dem Zweiten Weltkrieg wurden die Deckel der Planung erst mal zugeklappt, Wiedervorlage nach dem Krieg. Dabei ist es dann geblieben. Und die heutige Autobahn 565 wurde später auf anderer Trasse gebaut (siehe Infotext).

Noch heute fällt in Villiprott der andersartige Baumbewuchs auf, wo die Trasse den Wald verlässt. Und die Förster des Kottenforsts verabreden sich noch heute „auf der Autobahn“, wenn sie sich in einer bestimmten Parzelle östlich des Gudenauer Weges treffen wollen, erzählte ein altgedienter Förster einmal. Es soll dort einen kleinen Tümpel geben, der sich in einem damals ausgeschachteten Fundament für eine Brückenüberführung gebildet hat, vermuten Kenner.

Das Landhaus hat die Familie Schmitz bis 1969 selbst bewirtschaftet, danach wechselten sich mehrere Pächter ab, bis das Ehepaar Kremmel die Gastronomie übernahm. Und in der Raumaufteilung und der äußeren Anmutung ist das Haus bis heute unverändert im Original erhalten, dass es einmal eine Autobahnraststätte werden sollte, ist hingegen nicht überall bekannt.

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