Der Stadthalle fehlen 13 Millionen Euro

BAD GODESBERG · Als günstige Alternative für das kostspielige Beethoven-Festspielhaus hatte Bezirksbürgermeisterin Annette Schwolen-Flümann die Stadthalle noch vor wenigen Tagen ins Spiel gebracht. Doch nicht nur diese Pointe aus ihrer Büttenrede weist die launige Idee als gelungenen Witz aus. Wie der General-Anzeiger erfuhr, leidet die Stadthalle unter einem Sanierungsstau, für dessen Behebung sage und schreibe 13 Millionen Euro nötig wären. Geld, das die Stadtverwaltung bekanntlich nicht übrig hat.

Vom Dach und der Außenfassade über Innenbeleuchtung, Wandvertäfelungen und Deckenverkleidungen, die Türen und Fenster und die Einrichtung bis hin zum technischen Zustand von Heizungs-, Licht- und Toilettenanlage reichen die kritischen Punkte. Dezidiert wird der Zustand der Stadthalle in einer fünfseitigen Mängelliste beschrieben. Das interne Papier war Grundlage für eine Begehung im September und liegt dem GA vor. Neben zahlreichen punktuellen Schwierigkeiten werden darin auch Misslichkeiten beschrieben, mit denen die Pächter der Stadthalle auf dem Markt der Veranstaltungsgastronomie zu kämpfen haben.

So sei für die meisten Veranstalter heutzutage eine Klimaanlage selbstverständlich, mit der die 1955 eröffnete Halle aber nicht dienen kann. "Es gibt viel Ärger, Gäste wollen teilweise die Miete drücken, Veranstaltungen in den Sommermonaten sind nur schwer zu verkaufen", heißt es in der Giftliste. Auch sei eine Ausstattung mit Beamer und Leinwand sowie Onlinezugänge und die entsprechenden Leitungen inzwischen weitgehend Standard - nicht so in der Stadthalle, in der es bei Außentemperaturen unter minus fünf Grad auch nicht mehr warm genug werde.

Der Weinkühlschrank stammt aus den 60er Jahren, es mangelt an Tischen und Stühlen. Besonders kritisch aber ist es wohl um das Dach bestellt: An vielen Stellen, etwa in den Treppenhäusern, ziehen sich feuchte Stellen über die gesamte Fassadenhöhe. Auch sei das Magazin bei starkem Regen nicht vor Überflutung geschützt, sodass die Waren dann im Wasser stünden. Im Keller lauerten Stolperfallen, das Kücheninventar sei völlig veraltet, und im Verwaltungsbüro wehe der Wind regelmäßig Blätter und Schmutz durch offene Dachluken auf die Schreibtische.

Unschön auch die Zustandsbeschreibung des Großen Saals, den wohl ein Großteil aller Bonner mit mindestens einem persönlichen Erlebnis verbinden: Dort sind laut Mängelliste Fenster und Türen defekt und ließen sich nur schwer öffnen und schließen. Brisant dabei ist, dass es sich dabei teilweise auch um Fluchttüren handelt. Zudem seien die Fenster teilweise blind, die Holzvertäfelung vor und auf der Bühne ebenso erneuerungsbedürftig wie der Bühnenvorhang.

Und so zieht sich das Schreckensszenario weiter, über Brunnen- und Parksaal, den Toiletten, das Restaurant bis hin zu Foyer und Terrasse. Die Stadtverwaltung als Eigentümerin reagiert in einer ersten schriftlichen Stellungnahme nüchtern: So bestätigt das Städtische Gebäudemanagement (SGB) die Mängelliste. "Es wurde allgemein festgestellt, dass die Aufstellung der Mängel zutreffend ist", heißt es in einer Unterlage für den Wirtschaftsausschuss des Stadtrates, der Donnerstagabend zusammenkommt.

In diesem Zusammenhang bringt das SGB auch die Kostenschätzung für eine durchgreifende Sanierung in Höhe von "mindestens 13 Millionen Euro" ins Spiel. Diese Investition wäre nach Ansicht der Stadt erforderlich, um die Stadthalle zu verpachten. Weil dem Vernehmen nach aber die jetzigen Pächter Interesse an einer Verlängerung signalisiert haben, tendiert man im Stadthaus zur vorerst bequemen Variante: Der Pachtvertrag soll um weitere acht Jahre verlängert werden. Statt der umfassenden Sanierung soll die Stadt in diesem Zeitraum aber "nur" mit 50.000 bis 75.000 Euro jährlich für die Instandhaltung bereitstellen - die bereits geplante Reparatur der Lüftungsanlage nicht einberechnet.

Eine Prognose, in welchem Zustand sich die Stadthalle nach jenen acht Jahren befinden wird und welche Kosten ihr Sanierungsstau mutmaßlich dann erzeugt, enthält die Stellungnahme aus dem Stadthaus nicht.

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