Hilfseinsatz in Äthiopien Der Lessenicher Arzt Michael Brinkmann kehrt nach zwei Wochen Einsatz zurück

LESSENICH/MESSDORF · Sein Rucksack steht immer gepackt in einer Zimmerecke. "Wenn sich irgendwo in der Welt eine Katstrophe ereignet und man mich braucht, sitze ich 48 Stunden später im Flieger", erzählt Michael Brinkmann.

 Abwechslung im ansonsten tristen Alltag: Arzt Michael Brinkmann erheitert die Flüchtlingskinder mit Seifenblasen.

Abwechslung im ansonsten tristen Alltag: Arzt Michael Brinkmann erheitert die Flüchtlingskinder mit Seifenblasen.

Foto: GA (Repro)

Irak, Kongo, Ruanda, Kosovo - in den Krisengebieten der vergangenen 20 Jahre hat der Arzt Kranken und Verletzten geholfen.Seit 1991 reist der Lessenicher mit der Hilfsorganisation Humedica in Kriegsgebiete oder an Orte, die von Naturkatastrophen heimgesucht wurden.

Jetzt ist er gerade von einem Einsatz in Süd-Äthiopien nach Lessenich/Messdorf zurückgekehrt. Eigentlich sollte er noch eine dritte Woche in Dolo Odo bleiben, aber das Leben im Grenzgebiet zu Somalia wurde ihm zu gefährlich. "Die islamische Al-Shabaab-Miliz hat immer wieder Hilfskonvois überfallen und versucht, Ausländer zu entführen. Weil ich keine Lust hatte, als Zielscheibe dort rumzulaufen, bin ich abgereist", berichtet Brinkmann.

Im Lager Melkadia, einem von fünf UN-Flüchtlingslagern, war Brinkmann gemeinsam mit anderen Kollegen für die medizinische Grundversorgung verantwortlich. Täglich galt es, mehr als 100 Patienten zu betreuen. "Die medizinische Basis-Ausstattung war gut. Wir konnten rund 95 Prozent der gängigen Erkrankungen heilen. Dabei hat es sich vorwiegend um die Versorgung kleinerer Wunden und Durchfallerkrankungen gehandelt. Wir haben stets darauf geachtet, das sich keine Cholera ausbreitet", berichtet Brinkmann.

Erstaunt ist der Mediziner bei jedem Einsatz, mit wie wenig Medikamenten und Geräten man einen guten Job machen kann: "Abhören, Tasten und mit den Patienten reden reicht oft schon, um eine Diagnose zu erstellen. Es stellt schon eine Herausforderung dar, wenn man ohne Strom und ohne Apparate-Medizin Menschen helfen soll."

40.000 somalische Flüchtlinge leben in den fünf Lagern auf engstem Raum und unter schwierigsten hygienischen Bedingungen. Normalerweise teilen sich 50 Menschen eine Latrine, in Dolo Odo sind es 500. Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" kümmert sich dort um die unterernährten Flüchtlinge.

Früher absolvierte Brinkmann Langzeiteinsätze, die bis zu mehrere Monate dauerten, in den Krisengebieten. Seit seine Kinder auf der Welt sind, hat er die Reisen auf maximal drei Monate begrenzt - und das auch nur noch einmal im Jahr. Seine Familie hat ein Veto-recht. Wenn einem Familienmitglied der Trip des Vaters zu gefährlich erscheint, bleibt Brinkmann zu Hause. "Für mich ist ganz wichtig zu wissen, dass meine Familie hinter meinen Hilfseinsätzen steht. Ich will nicht, dass sie Angst um mich haben muss", betont der Arzt.

Seine langjährigen Erfahrungen im Ausland behält Brinkmann nicht für sich. Immer wieder berichtet er vor allem in Schulen über die Notstände rund um den Globus. "Ich will versuchen, dadurch den Horizont der Kids zu erweitern. Es gibt mehr zu erfahren, als nur die Computerwelt", erklärt Michael Brinkmann. Für dieses Jahr bleibt der Rucksack wohl gepackt in der Ecke stehen. Ein schweres Erdbeben irgendwo auf dieser Welt könnte den Arzt allerdings wieder umstimmen.

Zur Person

Michael Brinkmann wurde vor 52 Jahren in Bonn geboren. Nach dem Studium eröffnete er mit Kollegen eine Arztpraxis für Allgemeinmedizin in Niederkassel. Mit Ehefrau Heike und den beiden Kindern Tom (13 Jahre alt) und Lisa (9) lebt er in Lessenich.

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