Schicksal von Bonner Weltkriegsopfern Den Namen eine Geschichte geben

Kessenich · Was hat es mit Steinen in Kessenich auf sich? Sie tragen eine Inschrift, die kaum noch lesbar ist. Herbert Spoelgen (SPD) will das Geheimnis lüften.

 Herbert Spoelgen an dem Gedenksteinen am Kessenicher Friedhof.

Herbert Spoelgen an dem Gedenksteinen am Kessenicher Friedhof.

Foto: Roland Kohls

Die Schrift auf den Steinen ist kaum mehr zu lesen. Verwittert und zum Teil mit Moos überzogen liegen die Quader am Rand einer kleinen Senke oberhalb des neuen Kessenicher Friedhofs an der Straße „Am Buchenhang“.

Die Steine hätten schon dort gelegen, als er noch ein Kind gewesen sei, sagt Herbert Spoelgen. Damals hätte er sie aber nicht groß beachtet. „Wir waren als Kinder mehr an den Kaulquappen in dem Tümpel interessiert“, sagt der 60-jährige Ur-Kessenicher und SPD-Ratsherr.

Mittlerweile will er aber genau wissen, was es mit den Steinen auf sich hat. Denn so viel ist klar: Hinter ihnen steckt eine Geschichte. Und die will Spoelgen, der auch Mitglied im städtischen Unterausschuss Denkmalschutz ist, ans Licht bringen.

Dafür hatte er sich zunächst mit der Bitte an Stadtkonservator Franz Josef Talbot gewandt, die Steine einmal in Augenschein zu nehmen und zu versuchen, die Inschriften zu entziffern. Talbot teilte dann mit, dass man zum einen den Namen „Egbert Schneider“ entziffert habe.

Darunter stünden vermutlich die Jahreszahlen 1927 und 1944. Der andere Stein trägt die Inschrift „Anna Nem...“. Weitere Buchstaben sind nicht zu erkennen, da der Stein von einem anderen verdeckt wird.

Laut Talbot könnten die Steine im Zusammenhang mit einem Luftangriff vom 4. Februar 1944 stehen, bei dem 55 Menschen in Bonn ums Leben kamen. Damals wurde der Bunker an der Kessenicher Lotharstraße getroffen.

Der Angriff hätte eigentlich der Flakkaserne auf dem Venusberg gegolten, wegen Schneegestöbers seien die Bomben bereits über Dottendorf und Kessenich abgeworfen worden. Die Senke, an deren Rand sich die Steine befinden, sei vermutlich ein Bombenkrater. Weiter stellt Talbot die Überlegung an, dass es sich bei den Steinen um eine Erinnerungsstätte für Opfer dieses Angriffs handeln könnte. Mit diesen Informationen setzte Spoelgen seine historische Detektivarbeit fort.

Eine Anfrage ans Bonner Stadtarchiv brachte dann in der Tat eine Sterbeurkunde eines Egbert Peter Schneider zum Vorschein. Dem Dokument zufolge war der 1937 in Witten geborene Junge bei einem Fliegerangriff getötet worden – und zwar am 28. Dezember 1944 in einem Schutzraum an der Kasernenstraße in der Innenstadt.

Die Familie wohnte der Urkunde zufolge in der Wilhelmstraße 5, also unweit der Kasernenstraße. Eine Bestätigung dafür fand Spoelgen in einem alten Bonner Adressbuch der Jahre 1941/42, das er besitzt. „Dort ist eine Familie Schneider, wohnhaft in der Wilhelmstraße 5, erste Etage, verzeichnet.“

Eine weitere Anfrage ans Stadtarchiv ergab, dass nicht nur Egbert Schneider, sondern auch seine beiden jüngeren Geschwister und die Mutter bei dem Bombenangriff ums Leben gekommen sind. Zum Verbleib des Vaters gibt es keine Hinweise.

Die nächste Spur wird Spoelgen nach Bottrop führen. Denn aus der Sterbeurkunde des Jungen geht hervor, dass seine Eltern am 22. Juni 1935 dort geheiratet haben. Nun will der Kessenicher dort nach möglichen Informationen über die Familie anfragen. Warum dieser Einsatz? Er habe einfach Spaß an solchen historischen Dingen, sagt Spoelgen. Und: „Es ist schade, dass die Tafeln einfach so verrotten.“

Hinweise zu den beiden gesuchten Personen nimmt Herbert Spoelgen unter der Rufnummer 0228/634471 entgegen.

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