Prozess vor dem Verwaltungsgericht Dauerkranker Polizist aus Bonn wehrt sich

Bonn · Der Mann war einmal ein Vorzeigebeamter. Er baute die Innenstadtwache Gabi mit auf, sorgte für Ordnung im „Bonner Loch“, hatte aber auch ein Ohr für die Nöte der Süchtigen rund um den Hauptbahnhof. Ein Polizist mit Herzblut. Bis er selbst krank wurde. Heute ist der 51-Jährige bei vielen seiner Kollegen unten durch.

 Wache GABI: Die Wache GABI von Polizei und ordnungsamt soll auf absehbare Zeit umziehen.

Wache GABI: Die Wache GABI von Polizei und ordnungsamt soll auf absehbare Zeit umziehen.

Foto: Roland Kohls

Seit mehr als einem Jahr ist er krank geschrieben, bezieht weiter sein volles Gehalt (Besoldungsstufe A 11) und arbeitet trotzdem nebenher als Berufsbetreuer für mehrere Amtsgerichte. Um diesen Nebenjob kämpft er nun vor dem Verwaltungsgericht Köln.

Berufsbetreuer werden von Gerichten bestellt, wenn erwachsene Menschen ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Der Polizist kümmert sich seit einigen Jahren vor allem um Betroffene aus dem Süchtigen-Milieu, für die er ein besonderes Händchen zu haben scheint.

Er gründete dafür ein Betreuungsbüro mit zwei Mitarbeitern. Das Polizeipräsidium hatte ihm den Nebenjob erlaubt. Aber: „Wer längerfristig erkrankt ist, darf seiner Nebentätigkeit ohne ausdrückliche Genehmigung nicht weiter nachgehen“, betont Polizeisprecher Robert Scholten. Deshalb habe die Behörde ein Disziplinarverfahren gegen den 51-Jährigen eingeleitet.

Es werde geprüft, ob er noch diensttauglich sei oder in den Ruhestand versetzt werde, teilt Scholten mit. Außerdem habe das Präsidium am Jahresanfang die Genehmigung der Nebentätigkeit widerrufen und darüber auch die Amtsgerichte informiert.

Mehr als 30 Fälle betreut der kranke Polizist

Gegen diesen Widerruf klagt der Beamte vor dem Verwaltungsgericht Köln. Seine Betreuungsfälle bearbeitet er weiter: zwei Dutzend für das Bonner Amtsgericht, fünf für das in Siegburg und einige weitere für das Euskirchener Amtsgericht. „Wir haben ihm zwar keine neuen Aufträge mehr erteilt“, erklärt Birgit Niepmann, Direktorin des Bonner Amtsgerichtes. „Es gibt aber auch keinen Anlass, in seine bestehenden Betreuungsfälle einzugreifen. Durch die Klage am Verwaltungsgericht ist der Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung noch nicht rechtskräftig.“

Die Bonner Richter seien sehr zufrieden mit der Arbeit des 51-Jährigen, der vor allem mit Fällen aus einer „schwierigen Klientel“ beauftragt worden sei. Christoph Arnold, der Anwalt des Polizisten, geht davon aus, dass der „jahrelange sehr belastende Dienst im Bonner Loch“ zur Erkrankung des Beamten beigetragen hat.

Er war nach einem Klinikaufenthalt zunächst in Teilzeit in die Direktion Zentrale Dienste ins Ramersdorfer Präsidium versetzt worden, um dort Verwaltungsaufgaben zu erledigen. Als er wieder voll arbeiten sollte, erlitt er einen Rückfall.

Seit Anfang 2015 sei er dauerhaft krank, betont Arnold. „Er wird nie wieder in den Polizeidienst zurückkehren können und wartet nur noch auf den Ruhestand.“ Für den Anwalt ist unverständlich, dass Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa den Beamten nicht längst in den Ruhestand geschickt hat. Das werde erst geprüft, seit der 51-Jährige im Frühjahr selbst einen entsprechenden Antrag gestellt habe.

Die Frühpensionierung würde zwar massive finanzielle Einbußen für den in Trennung lebenden Familienvater bedeuten. Den Verlust würde er aber mildern, weil er dann problemlos als Berufsbetreuer weitermachen könnte. Allerdings droht ihm eine Kürzung oder sogar der Totalverlust seines Polizisten-Ruhegehalts – je nach Ausgang des Disziplinarverfahrens.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort