Antrittsbesuch des Bundespräsidenten Das war der Tag von Frank-Walter Steinmeier in Bonn

Bonn · Sein Antrittsbesuch führt Frank-Walter Steinmeier und Ehefrau Elke Büdenbender ins Alte Rathaus, ins WCCB und in das Museum Koenig. Zum Abschluss gibt es ein Gespräch mit Bonner Schülern. Wir haben den Tag zusammengefasst.

Auch ein Bundespräsident hat manchmal Lust, morgens die Brötchen zu holen. So steht Frank-Walter Steinmeier an diesem Mittwoch um kurz nach halb acht in der Bäckerei Gruhn mitten in Endenich, denkt dabei auch an seine Mitarbeiter, zahlt die 12,10 Euro für die große Tüte mit einem Hunderter und sieht zu, dass er zu Hause an den Frühstückstisch kommt.

So gewöhnlich, wie es klingt, geschieht es auch. Trotzdem hat es sich ein halbes Dutzend Journalisten nicht nehmen lassen, Zeitzeuge des morgendlichen Ereignisses an der Frongasse zu werden. Stephan Krüger, der Inhaber der Bäckerei, freut sich über die neue Bekanntschaft. Die hat durchaus ihren Hintergrund: Denn der Endenicher Bäcker ist gewissermaßen der Hoflieferant des Bundespräsidialamtes. Seit einigen Jahren pflegt man an der Adenauerallee, die Backwaren für Veranstaltungen am zweiten Dienstsitz des Bundespräsidenten in Endenich zu ordern. Und was liegt da näher für das Staatsoberhaupt, als am Tag seines Antrittsbesuches in Bonn die Bezugsquelle einmal selbst in Augenschein zu nehmen?

Gut gestärkt geht es zum General-Anzeiger und von dort aus in die Innenstadt. Vor dem Alten Rathaus werden Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender gegen 11 Uhr von OB Ashok Sridharan und dessen Frau Petra Fendel-Sridharan empfangen. Der Bundespräsident nimmt sich knapp zehn Minuten, um an der Absperrung Hände zu schütteln und mit Bürgern zu sprechen und zu scherzen. Rund 200 Zuschauer haben sich dort versammelt.

Auf der Rathaustreppe spielt die B4 Bigband der städtischen Musikschule ein Stück von Eddie Harris, weil Steinmeiers Vorliebe für Jazz bekannt ist. „Er hat uns erzählt, dass er die Nacht in der Villa Hammerschmidt verbracht hat“, berichtet später Annemarie Görke (80), die zufällig Augenzeugin der Ankunft geworden ist. „Ich finde es gut, dass er sich in Bonn sehen lässt“, sagt ihre Begleiterin Erkenheid Martens (76). „Ist schließlich sein zweiter Amtssitz.“ Beide Damen finden Steinmeier „sehr natürlich“ und „betont volksnah“.

Eintrag ins Goldene Buch

Im Gobelinsaal tragen sich Steinmeier und seine Frau ins Goldene Buch ein. Bereits im Juni 2015 hatte sich Steinmeier dort verewigt – damals noch als Außenminister. Das Staatsoberhaupt verspricht den geladenen Gästen aus der Bonner Stadtgesellschaft, der Besuch werde keine „Eintagsfliege“ bleiben. Schon im September werde er wieder an seinem zweiten Amtssitz in der Villa Hammerschmidt arbeiten. „Wir versuchen, so oft wie möglich durch unsere Anwesenheit die Bedeutung dieser Stadt zu unterstreichen“, versichert der Präsident.

Ihm sei sehr bewusst, wie viel Deutschland Bonn zu verdanken habe – dem Ort, an dem die von Vernunft und Ausgleich geprägte politische Kultur der Bundesrepublik gewachsen sei. Launig erzählt er von der „Riesen-WG“ auf dem Venusberg, die er 1999 mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, zwei Ministern und zwei Staatssekretären geteilt habe. Nach Mitternacht habe man sich oft nur noch mit „Cola und Chips aus der Esso-Tankstelle“ versorgen können.

Frank-Walter Steinmeiers Antrittsbesuch in Bonn

Sridharan erinnert daran, dass Steinmeier Bonn einmal als „Welthauptstadt für Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ bezeichnet hat, und dankt ihm für die „große Unterstützung“, die die Bundesregierung Bonn als UN-Standort zukommen lasse. Als Gastgeschenk überreicht er Steinmeier einen Farblinolschnitt des Bonner Künstlers Karl Theo Stammer – eine Hommage an den Kurfürsten Clemens August.

Kurz darauf, beim Fototermin im Plenarsaal des World Conference Center Bonn (WCCB) wiederholt der Präsident seine lobenden Worte für die Bundesstadt. „Eine Liebeserklärung an Bonn“, so ordnet eine anwesende Fernsehreporterin seine Erklärung spontan ein. Im Präsidialtrakt des früheren Bundestagsgebäudes direkt am Rhein folgt ein Mittagessen für geladene Gäste.

Wie schön und zeitsparend es für Politiker stets in Bonn war, bestätigen die Nachmittagstermine. Die können das Staatsoberhaupt und seine Mitarbeiter nämlich zu Fuß erledigen, was kein Kunststück ist: Um das Museum Alexander Koenig zu erreichen, muss Steinmeier von der Villa Hammerschmidt aus lediglich die Adenauerallee überqueren.

Nahe Wege in Bonn

Drüben wartet schon Bernhard Misof, der stellvertretende Direktor des Forschungsmuseums. Wie nah in Bonn nicht nur die Wege, sondern auch die historischen Bezüge sind, zeigt der Umstand, dass die Villa Hammerschmidt das Elternhaus Alexander Koenigs war, der später das Museum gründete.

Und, natürlich: Im Lichthof der zoologischen Sammlung trat, in Gesellschaft präparierter Giraffen und Elefanten, am 1. September 1948 der Parlamentarische Rat zusammen, der dann das Grundgesetz ausarbeitete. Das wissen auch die 25 Kinder und Jugendliche, mit denen Steinmeier den Rest des Nachmittags verbringt. Es sind Schüler der Marie-Kahle-Gesamtschule aus dem Bonner Norden, in deren Begleitung der Bundespräsident einen Blick in das einstige Arbeitszimmer Konrad Adenauers wirft.

Über Demokratie möchte das Staatsoberhaupt mit den Schülern ins Gespräch kommen. Mit dabei sind auch Schulleiterin Sabine Kreutzer und Lehrer Jens Wünnenberg. Normales Museumspublikum hat für die Dauer des Kurzbesuchs keinen Zutritt. Aus Sicherheitsgründen, heißt es. Gemeinsam wechselt man erneut die Straßenseite, passiert ein eisernes Tor und violett blühenden Rhododendron und findet sich unversehens im kühlen Schatten der Veranda auf der Rückseite der Villa Hammerschmidt wieder.

Auf dem Rhein tuckern die Kähne, und auf der Präsidentenwiese fühlt sich eine Nilgans wohl. Zunächst fragt der Bundespräsident. Wie sie sich über das Tagesgeschehen informieren, wie es mit der Schülerzeitung läuft, ob es genügend Kandidaten für die Klassensprecherwahl gibt, und wer daheim eine Tageszeitung liest, möchte er wissen. Viele Hände gehen in die Höhe. Freude bei Steinmeier – und den Journalisten in der letzten Reihe. Es dauert ein wenig, dann tauen die Schüler auf. Direkte Demokratie, Integration von Ausländern, die langen Wege der Gesetzgebung sind nur einige Themen des lebhaften Gesprächs.

Auch einen dezenten Hinweis erhält der Bundespräsident von einem Schüler: Er habe ein Buch gelesen, das die Zusammenhänge gut erklärt. Sein Titel: „Wie wird man eigentlich Chef von Deutschland?“. Steinmeier muss lachen und fragt vorsichtig: „Aber Du lässt mir hier noch ein paar Jahre, oder?“

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