„Können uns Neubau vorstellen“ Das sagt der Fördervereinsvorsitzende zum Deutschen Museum

Bonn · Im März hat der Bonner Stadtrat 400.000 Euro für das Deutsche Museum bewilligt. Dieser Zuschuss sichert die mittelfristige Zukunft des Wissenschaftshauses. Der General-Anzeiger sprach mit dem Fördervereinsvorsitzenden Antonio Casellas.

Antonio Casellas: Wir hatten in diesem Jahr über 120.000 Besucher. Laut Bericht der Stadt Bonn liegt dieses kleine, aber feine Museum damit auf Platz drei auf der Museumsmeile – noch vor dem Museum Koenig –, was ich mit Schmunzeln entgegengenommen habe.

In diesem Jahr hat der Rat einen Zuschuss von 400.000 Euro zugesichert. Wie sieht die Finanzierung insgesamt aus?

Casellas: Wir müssen im Jahr 1,2 Millionen Euro aufbringen. Die haben wir aufgeteilt. 600 000 Euro sind Basiskosten. Davon trägt die Stadt Bonn dankenswerterweise 400.000 Euro. 75 000 Euro kommen aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Der Kreis Ahrweiler wird sich ebenfalls beteiligen – mit einem fünfstelligen Betrag. Für den Restbetrag ist die Dr.-Hans-Riegel-Stiftung eingesprungen. Der Stifterverband hat die Miete für das Objekt um 10.000 Euro reduziert und stellt gleichzeitig 50.000 Euro für Projektmittel bereit.

Und wie wird die andere Hälftefinanziert?

Casellas: Die anderen 600.000 Euro müssen wir fast privatwirtschaftlich gewinnen – zum Beispiel durch Eintrittsgelder. Die müssen wir im kommenden Jahr leider erhöhen. Die Besucher finanzieren damit aber direkt das Deutsche Museum. Weitere Einnahmequellen sind Spenden, Mieteinnahmen, zum Beispiel für Symposien und Projektarbeit, sowie die Einnahmen aus dem Museumsshop. Die Telekom Stiftung wird ab 2019 mit jährlich 50.000 Euro helfen. Die Dr.-Hans-Riegel-Stiftung hat uns für drei Jahre eine Unterstützung von 226.000 Euro zugesagt.

Welchen Beitrag leistet dabei der Förderverein „Wissen schafft Zukunft“?

Casellas: Der Förderverein hat sich zum Ziel gesetzt, rund 200.000 Euro pro Jahr einzusammeln. Die Mitgliederzahl steigt weiter. Wir haben rund 150 Mitglieder und Spender aus Verbänden, Firmen oder Universitäten, Handwerksbetrieben, aber auch Privatleute. Es ist eine sehr positive und immer breiter werdende Gemeinschaft.

Welche Herausforderungen sehen Sie?

Casellas: Die vergangenen anderthalb Jahre waren eine Zitterpartie. Es muss wieder Vertrauen geschaffen werden, damit auch Förderprojekte bewilligt werden. Mit den 120.000 Besuchern, die in diesem Jahr in das Museum geströmt sind, sind wir an unsere Grenzen gekommen. Wir haben zwar viele Helfer, aber nur drei hauptamtliche Mitarbeiter.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Rhein-Sieg-Kreis aus?

Casellas: Der Rhein-Sieg Kreis hilft uns nicht nur mit der Finanzierung, sondern auch mit Rat und Tat sowie bei den Projekten. Der Kreis Ahrweiler hat uns im vergangenen Jahr ebenfalls stark unterstützt. Aber auch vom Kreis Euskirchen gibt es Interesse. In der nächsten Zeit werden wir noch drei oder vier andere Kreise und Städte gewinnen, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber im Endeffekt müssen wir den Status eines Landesmuseums erreichen. Das ist unser Ziel.

Wie wollen Sie diesen Status erreichen?

Casellas: Wir werden die Landespolitiker ins Museum einladen und unser Konzept noch einmal vorstellen. Es ist zwar immer schwer, Überzeugungsarbeit zu leisten, aber wenn die Leute einmal hier waren, sind sie auch überzeugt. Es ist schließlich ein Stück Zukunft. NRW ist ein Industrieland, darin sind wir stark. Das spiegelt sich leider nicht in der Förderung wider. Dennoch haben wir eine breite politische Rückendeckung. In diesem Vorhaben wird uns auch das Deutsche Museum München unterstützen und bei der Landesregierung vorsprechen. Man hört immer wieder, dass Fachkräfte fehlen, aber Fachkräfte werden hier akquiriert. Es gibt kein Museum, das so stark in die Jugend und in Mint-Fächer investiert wie dieses Museum. Da geht auch die Strategie hin.

Welche Erwartungen haben Sie an 2018?

Casellas: 2018 ist ein besonderes Jahr. Es ist unser Entscheidungsjahr. Das Deutsche Museum in München unterstützt uns zwar, will aber sehen, wie wir unser Finanzierungskonzept umsetzen. In diesem Jahr haben wir die Finanzierung noch geschafft, im nächsten Jahr müssen wir uns beweisen. Es gibt kaum ein Museum, das versucht, sich zu 50 Prozent selbstständig zu finanzieren. Schaut man sich andere Museen in der Umgebung und deren Zuschüsse an, dann kommt schon etwas Neid auf.

Welche Veränderungen planen Sie für das Museum?

Casellas: Wir können uns vorstellen, in ein neues Gebäude zu ziehen. Es gibt aber auch Überlegungen hinsichtlich eines Neubaus – mit einer größeren Ausstellungsfläche von 5000 Quadratmetern. Der Bau könnte über einen Sponsor finanziert werden. Bevor wir diese Planungen konkretisieren, müssen wir allerdings unsere laufenden Kosten managen.

Wie lange läuft der Mietvertrag für die derzeitige Immobilie?

Casellas: Die Immobilie ist vom Stifterverband angemietet worden. Den Mietvertrag hatte bisher die Stadt Bonn inne, der nun ausläuft. Ab jetzt wird das Deutsche Museum die Miete vermutlich selber an den Stifterverband zahlen.

Sie hatten angekündigt, das Museum als außerschulischen Lernort auszubauen. Wie soll das aussehen?

Casellas: Wir möchten das Workshopangebot weiter ausbauen. Ich habe hier erlebt, dass die Kinder einfach durch Begreifen und Anfassen Wissenschaft verstehen. Derzeit bieten wir mehr als 20 verschiedene Workshops zu Lebensmitteln, Farben oder Kunststoffen. Der Förderverein hat für den Besuch von Schulen einen kostenlosen Bustransfer eingerichtet – für die Städte und Kommunen, die das Museum unterstützen. Außerdem können Schüler bei uns den Laborführerschein machen, der von der Industrie- und Handelskammer abgenommen wird. Hauptsächlich nutzen Hauptschüler diese Möglichkeit. Sie bekommen einen Schein und können sich damit auch bewerben.

Was erwartet die Besucher im kommenden Jahr?

Casellas: Wir werden die Lego-Ausstellung weiter ausbauen und zum Beispiel vor Ort zeigen, wie Legosteine durch das Spritzgussverfahren hergestellt werden. Außerdem wird es Anfang des Jahres ein Symposium zu den Themen Umwelt, Mobilität, Ernährung und Energie geben. In diesem Rahmen werden der Ingenieur Professor Dr. Günther Schuh von der RWTH Aachen und der Physiker Dr. Nils Bornemann zu Gast sein und über Mobilität und Energie reden. Ebenso wird die Vortragsreihe „Technik schafft Zukunft“ fortgesetzt.

Wie sieht die Zukunft aus?

Casellas: Mein Traum ist eine stabile Finanzierung: eine Mischfinanzierung zwischen NRW, der Stadt, den Kreisen sowie eine Basisfinanzierung durch Industrie- und Handwerksbetriebe und die Wissenschaft, die auch mitgestalten dürfen. Dazu eine größere Ausstellungsfläche sowie die Möglichkeit, Schulklassen vernünftig unterrichten zu können. Persönlich ist mir wichtig, dass unsere zwölf Nobelpreisträger im Ausstellungsbereich stärker gewürdigt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort