Interview mit Leiterin der Botanischen Gärten Das macht die Hitze mit den Pflanzen in Bonn

Bonn · Hitze und Trockenheit haben ihre Spuren in Bonn hinterlassen. Cornelia Löhne, Wissenschaftliche Leiterin der Botanischen Gärten, erklärt, wie sich der Garten nach den Extremtemperaturen wieder erholt.

Auch in den Botanischen Gärten waren die Mitarbeiter damit beschäftigt, die Pflanzen vor der Trockenheit zu bewahren. Im Interview erklärt Cornelia Löhne, Wissenschaftliche Leiterin der Botanischen Gärten, die Folgen der Hitzewelle für die heimische Pflanzenwelt und gibt zudem Tipps, was Hobbygärtner nun beachten sollten.

Wie haben die Pflanzen im Botanischen Garten die Hitzewelle überstanden?

Cornelia Löhne: Das Schlimme ist nicht die Hitze, sondern die Trockenheit. Beim Gang durch den Garten sieht man, dass der Wasserstand im Weiher mehr als einen halben Meter unter dem Normalpegel liegt. Auch die Uferbepflanzung hat unter dem niedrigen Wasserstand gelitten. Die Rasenflächen sind völlig verbrannt, viele Bäume lassen ihr Laub fallen.

Gab es vergleichbare Hitzeperioden?

Löhne: 2003 war es wohl ähnlich. Dennoch scheint es dieses Jahr noch schlimmer zu sein.

Wie haben Sie die Pflanzen vor der Trockenheit geschützt?

Löhne: Wir haben vor allem die für uns wichtigen Pflanzen gegossen – in dem Maße, in dem es für uns möglich war. In den vergangenen Wochen waren alle Gärtner täglich damit beschäftigt, die Pflanzen zu gießen. An manchen Ecken mussten wir daher das Unkraut wachsen lassen. Dennoch haben wir es nicht geschafft, alles ausreichend zu bewässern.

Wie funktioniert die Bewässerung in den Botanischen Gärten?

Löhne: Es ist immer ein Abwägen: Die Pflanzen, die am schlimmsten aussehen, werden zuerst gewässert. Wir haben in den Botanischen Gärten verschiedene Bewässerungssysteme: fest installierte Regner, die man nur aufdrehen muss, an anderen Stellen gibt es jedoch keine fest installierten Wasseranschlüsse. Dort wird mit Schläuchen und transportablen Regnern gearbeitet.

Welche Schutzmaßnahmen gibt es neben der ausreichenden Wässerung noch?

Löhne: Schattenspenden ist wichtig. Empfindliche Pflanzen, die in Töpfen oder Kübeln wachsen und bewegt werden können, haben wir in den Schatten geräumt. Das schützt vor zu starker Sonneneinstrahlung und Überhitzung. Das ist vor allem bei jungen Pflanzen wichtig, die erst herangezogen werden.

Welche Pflanzen sind besonders betroffen?

Löhne: Das sind vor allem die Sträucher und Bäume, die erst in den vergangenen Jahren gepflanzt wurden. Einige werden es vermutlich auch nicht überleben. Bis zu einem gewissen Punkt können viele Bäume mit der Trockenheit umgehen. Man sieht allerdings, dass einige ernsthaften Schaden genommen haben. Bei manchen wird man das Ausmaß erst später sehen können, wenn das Wetter umschlägt. Häufig erscheint der Baum von außen gesund, dennoch sind die Wurzeln durch die Hitze so stark angegriffen, dass sich der Baum bei Regenfall schnell mit einer Pilzerkrankung infizieren könnte. In dem Fall kann es sein, dass ein Baum, von dem man dachte, er habe die Trockenheit gut überstanden, innerhalb weniger Wochen oder Monate eingeht.

Wie gehen Sie jetzt vor?

Löhne: Bei einigen Buchen haben wir festgestellt, dass Äste aufgrund der Trockenheit herausgebrochen sind. Vor allem alte Bäume müssen wir jetzt stärker beobachten: Werden sie wieder grün? Zeigen die Äste Anzeichen von Schäden oder Krankheit? Dann müssen gegebenenfalls auch Fällungen durchgeführt werden – bei manchen reicht es aus, nur Teile der Krone zu entfernen, andere müssen eventuell komplett gefällt werden. Schließlich müssen wir in den Botanischen Gärten für die Sicherheit der Besucher sorgen.

Welche Pflanzen und Bäume sind besonders hitzeresistent?

Löhne: Häufig sind das Pflanzen aus mediterranen Regionen. Gute Anzeichen zeigt beispielsweise die Platane am Weiher: Sie hat sämtliche Blätter bereits sehr früh abgeworfen. Das könnte ein Zeichen sein, dass der Baum gut mit der Hitze umgehen kann. Wenn ein Baum seine Blätter rechtzeitig abwirft, schützt er sich vor weiterer Verdunstung, die hauptsächlich über die Blätter erfolgt. Das ist ein vorprogrammierter Prozess in der Pflanze, den man „Herbstprogramm“ nennen könnte: Nährstoffe werden aus den Blättern herausgezogen, ein Abschlussgewebe bildet sich, und das Blatt fällt ab. Vermutlich werden die Bäume, deren Blätter noch grün am Baum vertrocknet sind, den größeren Schaden davontragen.

Wie erkennen Hobbygärtner, ob ihre Pflanzen und Bäume Schaden genommen haben?

Löhne: Gerade bei Gehölzen gilt es zu beobachten. Ein Strauch, der jetzt völlig vertrocknet aussieht, muss nicht zwangsläufig aufgegeben werden. In dem Fall sollte man bis zum nächsten Jahr abwarten. Auf keinen Fall sollte man aber während der Hitzeperiode noch Hecken beschneiden. Besser ist es, die gestressten Pflanzen vorerst in Ruhe zu lassen und diese erst nach mehreren Regenfällen im Herbst kräftig zurückzuschneiden. Kritische Anzeichen sind allerdings tote Äste bei Bäumen, die herabfallen könnten. Pauschalisieren lassen sich diese Anzeichen allerdings nicht. Bei den Platanen ist abgeplatzte Rinde zum Beispiel normal und ein Indiz, dass es dem Baum gut geht. Wenn hingegen bei einer Buche die Rinde großflächig aufplatzt, dann ist das mit Sicherheit kein gutes Zeichen.

Was sollten Balkon- und Terrassenbesitzer beachten?

Löhne: Wichtig ist auch hier, Schatten zu spenden. Wer kann, spannt tagsüber die Markise oder den Sonnenschirm auf. Das schützt vor dem direkten Verbrennen. Durch den Schatten wird die Temperatur reduziert und damit auch die Verdunstung der Pflanzen herabgesetzt.

Wie können Hobbygärtner ihre Pflanze vor Hitze und Trockenheit schützen?

Löhne: Wichtig ist, weiterhin zu wässern. Für den Kleingärtner bieten sich Bewässerungsschläuche an, die an mehreren Stellen perforiert sind. Dieser Spezialschlauch kann dann an eine Hecke oder an einen neu gepflanzten Strauch anlegt werden. Darüber tröpfelt nach und nach Wasser in den Boden. Das hat den Vorteil, dass nicht so viel Wasser verdunstet. Denn bei Regnern oder Rasensprengern verdunstet bereits eine Menge Wasser, bevor es den Boden erreicht.

Sollte man daher auf Rasensprenger verzichten?

Löhne: In Privatgärten empfiehlt es sich, Rasensprenger nachts anstatt tagsüber anzustellen, da weniger verdunstet. In den Botanischen Gärten setzen wir die Rasensprenger tatsächlich nur noch tagsüber ein, wenn wir sie kontrollieren können. Die Sprenger sind vor allem bei Kindern sehr beliebt, die die Regner immer mal wieder verstellen. So hatten wir häufig Pfützen an Stellen, die den Pflanzen nichts genützt haben. Daher werden die Anlagen meist nach Feierabend abgestellt.

Welchen Gartentipp haben Sie noch?

Löhne: Im Zweifelsfall sollten Gartenbesitzer Prioritäten setzen. Rasen bekommt man schneller wieder hergestellt als beispielsweise eine alte Buche.

Hitzeperioden werden laut den Prognosen in Zukunft häufiger vorkommen. Sollten wir unser Gartenkonzept daher komplett überdenken?

Löhne: Gartenplaner und Städtebauer setzen sich jetzt schon mit dem Thema auseinander und versuchen, alternative Pflanzen für unsere Gärten zu finden. Pflanzen, die mit mediterranen Bedingungen und heißen, trockenen Sommern besser zurechtkommen. Dennoch können Pflanzen aus dem Mittelmeerraum nicht einfach bei uns verwendet werden. Trotz der klimatischen Veränderungen müssen die Pflanzen hier immer noch Frost überstehen können, was viele mediterrane Gewächse nicht tun. Über neue Pflanzkonzepte nachzudenken, wird sicherlich eine Herausforderung für die Zukunft sein. Auch bei der Jahrestagung vom Verband der Botanischen Gärten, die im September in Bonn stattfindet, wird ein zentrales Thema sein, wie wir mit den Klimabedingungen umgehen sollen.

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