Neustart als Vermessungstechnikerin Daiva Maleckine aus Bonn ist beste Auszubildende NRWs

Bonn · Daiva Maleckine absolvierte als Beste aus NRW eine Ausbildung zur Vermessungstechnikerin. Die 43-Jährige zog erst vor vier Jahren aus ihrer Heimat Litauen nach Bonn und wagte einen Neuanfang.

 Daiva Maleckine auf dem Bonner Weihnachtsmarkt.

Daiva Maleckine auf dem Bonner Weihnachtsmarkt.

Foto: Nicolas Ottersbach

Manchmal braucht Daiva Maleckine eine kleine Pause, um nach den passenden Worten zu suchen. Die deutsche Sprache bereitet der Litauerin noch Probleme. „Es ist, wie sagt man, eine Liebesgeschichte.“ Nur durch Zufall hielt sie auf einer Reise in Bonn an. Von da an war ihr klar, dass sie in der Stadt bleiben möchte. Jetzt, vier Jahre später, ist sie die beste Auszubildende in der Vermessungstechnik in Nordrhein-Westfalen.

„Wir sind schon immer gerne gereist“, sagt die 43-Jährige. Damals war sie mit ihrem Mann in Köln zu Gast und wollte auf dem Weg nach Frankfurt noch einen Abstecher auf den Drachenfels machen. „Aber wir verpassten die Ausfahrt und landeten in Bonn.“ Aus der ungewollten Situation entstanden eine Autofahrt durch die Stadt, ein Spaziergang und schließlich Sightseeing. „Ich hatte mich direkt verliebt, in die Altbauten, die grünen Straßen. In die ganze Atmosphäre.“

Wieder zu Hause im litauischen Kaunas angekommen, stand die Entscheidung bereits fest: In Bonn soll ihr neues Leben beginnen. „Vor meinem 40. Geburtstag wollte ich noch mal etwas Verrücktes machen.“ Ihr Mann, der eine Textilfirma besaß, verkaufte alles und suchte sich auf gut Glück einen Job am Rhein – mit Erfolg. Selbst eine Wohnung fand er im Bonner Musikerviertel – Altbau natürlich. Ma-leckine absolvierte Sprachkurse und legte am litauischen Goethe-Institut eine Deutschprüfung ab, ehe sie nachzog.

Da hatte sie bereits ein Studium im Industrieingenieurswesen abgeschlossen und Zusatzqualifikationen in Wirtschaft sowie Geodäsie erworben. „Bei einer dem Katasteramt ähnlichen Behörde arbeitete ich als Abteilungsleiterin, aber das war mir zu theoretisch.“ In Bonn sah sie die Chance, noch einmal von vorn anzufangen, mit viel Praxis und Abwechslung. Sie bewarb sich als Erstes beim Kölner Ingenieursbüro KDS als Vermessungstechnikerin und wurde auch zum Vorstellungsgespräch eingeladen. „Da stellte sich aber heraus, dass ich dafür eine Ausbildung machen musste.“ Zwangsläufig kam die Frage auf, ob sie mit 40 Jahren noch einmal die Schulbank drücken wollte. „Das war überhaupt kein Problem, weil für mich zählt, etwas zu lernen.“

Dank ihres Studiums konnte sie die Ausbildung von drei auf zweieinhalb Jahre verkürzen. Ohnehin zahlte sich ihre Erfahrung aus. „Ich kannte meine Schwächen und konnte mich so auf die wichtigen Bereiche konzentrieren.“ Von ihren Kollegen bekam sie zudem viel Unterstützung. „Auf sie war immer Verlass.“ Zum Beispiel dann, wenn sie Nachfragen hatte, weil sie wegen der vielen Fremdwörter etwas nicht verstanden hatte.

Das Ergebnis ist eine Traumnote, die es dieses Jahr in Nordrhein-Westfalen nur einmal gibt: Bei der Prüfung, die aus vier Teilen bestand, holte sie 95 Prozent. „Das Schwierigste war, sich in die deutschen Gesetze und Vorschriften einzuarbeiten, die in Litauen ganz anders sind.“ Während es in Deutschland viele verschiedene Behörden gibt, legen die Litauer die Institutionen häufig zusammen.

Der Preis für die Mühe ist nun nicht nur eine Auszeichnung von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst, die sie am Donnerstagabend in Empfang nahm, sondern auch eine Beschäftigung als Vermessungstechnikerin in ihrem Ingenieursbüro. „Jetzt erhole ich mich erst mal“, sagt sie. Eine Städtereise wäre genau das Richtige.

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