Die Feinheiten der bönnschen Sprache Crashkurs "Bönnsch für Anfänger" im Stadtmuseum

Bonn · Eine ganz besondere Schulstunde gaben jetzt die Bonner Originale Elisabeth und Karl-Friedrich Schleier im Stadtmuseum. In einem Crashkurs befassten sie sich mit den Feinheiten der bönnschen Sprache.

 Lehrer für das reine Bönnsch-Platt: Karl-Friedrich und Elisabeth Schleier kennen die Untiefen des rheinischen Dialekts und können die Fallstricke erklären.

Lehrer für das reine Bönnsch-Platt: Karl-Friedrich und Elisabeth Schleier kennen die Untiefen des rheinischen Dialekts und können die Fallstricke erklären.

Foto: Rolf Kleinfeld

Ein Spitzebützje ist für den Rheinländer kein toller Kuss, sondern hübsche Frauenunterwäsche. Und den Begriff Tüte übersetzt man ins Bönnsch Platt nicht mit „Tütt“, sondern mit „Bloos“ oder „Büggel“. So weit, so einfach. Die Bonner Originale Elisabeth und Karl-Friedrich Schleier hatten beim Crashkurs „Bönnsch für Anfänger“ im Stadtmuseum als Lehrer aber auch die schwierigeren Elemente der Mundart im Gepäck – verzeihung, im Jepäck, denn das G am Wortanfang gibt es in der bönnschen Sprache nicht. Da heißt es Jade für Garten, Jewidde für Gewitter, Jesöcks für Gesindel oder Jemöhs für Gemüse.

Zu den schwierigen Elementen gehört zum Beispiel das verschwundene R, nachzuprüfen in dem schönen Satz: „De Motte jeht in de Kelle un hollt de Butte“ (Die Mutter geht in den Keller und holt die Butter). Steht sie wieder in der Küche, steckt sie „de Brode in de Ovven“, also den Braten in den Ofen. Und an der Stelle wird es tückisch, denn wenn „de Brode“ (also der Bruder) vorbeikommt, stellt sich heraus: Brode und Brode unterscheiden sich nur in einer winzigen Aussprachefeinheit beim Buchstaben O. Und wir reden jetzt nicht vom Aussehen des Bratens und des Bruders.

Aufklärung über die Tücken der Sprache

Aber der Bönnsche kann noch mehr, siehe das Beispiel Flugzeugträger: Da werden drei verschiedene Varianten des gesprochenen G in ein einziges Wort gepackt. „Fluchzeuschträje“. Wenn die Schleiers solche Tücken der Sprache erklären, kommen sie irgendwann automatisch zu ihrem Lieblingssatz, der schön beschreibt, zu welch liebenswürdigen Umschreibungen der Rheinländer fähig ist. Wenn er also sagen will: Der Regen hört jetzt gerade auf, wandelt er das um und ruft aus: „Et hätt aanjefange upzehüre ze rähne“. Herrlich! Ebenso, wenn der Bönnsche jemandem einen Tritt in den Hintern androht, dann sagt er: „Pass op, sonst hätt ding Futt Kirmes.“

Das katholische Grundmuster des Einheimischen spiegelt sich auch in den Gebildebroten wieder. Was das ist? Ein Weckmann an St. Martin ist ein Gebildebrot, und die Schleiers erklären: „Die Pfeife des Weckmanns ist eigentlich ein umgedrehter Bischofsstab.“ Oder ein Christstollen. Der spiegelt das in Windeln gewickelte Jesuskind wieder. Und eine Brezel soll an verschränkte Arme erinnern.

Unterschied zwischen Bönnsch und Kölsch

„Ich han en Frooch“, rief ein Teilnehmer plötzlich dazwischen und outete sich damit. Denn Schleiers Schüler waren keineswegs „Imis“, sondern zumeist echte Bonner, die sich für etwas anderes interessierten: „Wie ist die Abgrenzung zum kölschen Dialekt?“, lautete die Frage. Denn da gibt es viele Begriffe, die sich sehr unterscheiden. Also: Wenn der Kölner sagt „Weedschaff“, „Blootwuesch“, „Päed“ und „Trone“, würde das auf Bönnsch als „Wiedschaff“, Blootwoosch“, Pääd“ und „Träne“ klingen. Ach ja, den Unterschied zwischen Blutwurst und Flönz gab's gleich mit dazu: Erstere ist geräuchert, Flönz nur gekocht. Wer hätte das gewusst? Die Schleiers finden Bönnsch übrigens schöner, denn es sei insgesamt melodischer als der Kölner Dialekt.

Manchmal kommen aber auch Mundart-Experten an ihre Grenzen. Nämlich als das Ehepaar einmal Texte für die Stadtwerke ins bönnsche Platt übertragen sollte. „Wie übersetzt man das Wort Energieeffizienz oder Nachhaltigkeit?“, fragten sich beide. Die Antwort: „Das kann man nur umschreiben.“

Am besten mit vielen Worten, wie es der Bönnsche in seiner Mundart gerne macht. Trotzdem: Karl-Friedrich und Elisabeth Schleier sind davon überzeugt, dass die Mundart in Bonn ausstirbt. Die Einheimischen werden weniger, die Zugezogenen sprechen Hochdeutsch. „In zwei bis drei Generationen ist der Dialekt weg“, sagen sie voraus. Die Bonner werden es wohl auf die leichte Schulter nehmen, so wie der „Schmitze Tünn“, der einmal einen über den Durst getrunken hat. So sehr, dass man den Pfarrer kommen ließ und dieser fragte: „Mein Sohn, willst du die letzte Ölung?“ Und der Schmitze Tünn antwortete: „Bloß net, jetzt nix Fettiges.“

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