Deutsches Rotes Kreuz in Bonn Corona wirbelt Blutspendetermine durcheinander

Bonn · Das Deutsche Rote Kreuz muss gegenwärtig wegen des Coronavirus viele Spendetermine ausfallen lassen. Manchmal müssen Spender abgewiesen werden. Eine Besserung ist bis Ende des Jahres nicht in Sicht.

 Sicherheit geht vor: Friederike Dietsch muss beim Spenden eine Maske tragen. 

Sicherheit geht vor: Friederike Dietsch muss beim Spenden eine Maske tragen. 

Foto: Meike Böschemeyer

In der Realschule in Beuel steht am späten Nachmittag bereits eine Schlange von gut 30 Menschen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) bietet für dreieinhalb Stunden die Möglichkeit, Blut zu spenden. Blut, das jetzt dringend gebraucht wird, seit die Krankenhäuser wieder im Normalbetrieb sind und nicht zwingend notwendige Operationen durchführen.

Das Rote Kreuz stehe vor einer großen Herausforderung, schreibt Stephan David Küpper, Pressesprecher des DRK. Der Bedarf an Blutpräparaten steige momentan stark an und sei vom DRK kaum zu decken. Der Grund: Corona habe die gesamten Termine der Blutspendeaktionen durcheinander geworfen. Sein dringender Appell ist deshalb, dass die derzeit angebotenen Termine unbedingt angenommen werden müssen.

Das gespendete Blut werde unter anderem im onkologischen Bereich gebraucht. „19 Prozent wird für Krebserkrankungen verwendet“, sagt Küpper dem GA. „Weitere 16 Prozent für Herz- und Kreislauferkrankungen, 16 Prozent für Magen- und Darmerkrankungen und weitere zwölf Prozent bei Verletzungen und Unfällen.“

Beim Termin in Beuel ist viel los. „Es gibt viele Leute, die Zeit haben und Gutes tun wollen“, sagt Annette Hüsch-Sauter, Leiterin der Gruppe Blutspende. „Vor allem bei den Erstspendern gibt es eine deutliche Steigerung.“ Zum ersten Mal dabei sind auch Rebecca Epple (19) aus Hennef und ihre Freundin Friederike Dietsch (18) aus Beuel. Der Vater einer ihrer Freundinnen habe eine Nachricht zum Blutspenden erhalten. So seien sie auf die Idee gekommen, selbst zu spenden. „Man hört ja zurzeit viel, dass Blut gebraucht wird,“ sagt Epple.

„Auch wenn es im Jahresverlauf immer schwierige Zeiten wie Ferien- und Feiertage gibt, so ist die Versorgung mit Blutpräparaten in Deutschland sehr sicher,“ sagt Küpper. Doch nun sei der Dienst einer „extrem dynamischen Entwicklung ausgesetzt“. Terminstrukturen existieren nicht mehr. Das habe verschiedene Gründe: Etwa den Ausfall fast aller Blutspendetermine in Firmen, an Kollegschulen und Universitäten. Ebenso sind die Termine in Mobilen und Trucks gestrichen. Schulen brauchen mehr Zeit und Räume für den Unterricht, andernorts sei es so eng, dass der Mindestabstand nicht gewährleistet sei.

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat das DRK seine Abläufe angepasst, um die Sicherheit aller Beteiligten zu garantieren. Bei den Liegen etwa muss der Mindestabstand eingehalten werden. Dadurch können weniger Menschen spenden. „Bereits jetzt fehlen dem DRK über 650 geplante Termine“, so Küpper. „Das entspricht über 26.000 Blutkonserven.“ Auch für den Rest des Jahres rechnet das DRK nicht damit, dass sich die Situation verbessert.

Die Schlange an der Realschule Beuel wird nach und nach kürzer. Bei jedem wird zu Beginn die Körpertemperatur über die Stirn gemessen. Rainer Unkel ist schon ein alter Hase, was das Blutspenden angeht. „Ich mache das bereits seit vielen Jahren“, erzählt der 59-Jährige. Hinter ihm stehen noch knapp zwei Dutzend Menschen. Um die Hygienebestimmungen zu erfüllen, sind in der Realschule nur sechs Betten aufgestellt. Drei zum Blutspenden, drei weitere zum Erholen nach der Spende.

„Normalerweise wären es doppelt so viele“, sagt Hüsch-Sauter. Da komme es auch vor, dass manche bereitwilligen Spender am Ende abgewiesen werden müssen, weil die Kapazitäten nicht ausreichen. „Zurzeit kommen nicht etwa 50, sondern 70 oder gar 80 Leute“, so Hüsch-Sauter. Bei einem Zeitfenster von dreieinhalb bis vier Stunden sei das kaum zu schaffen.

Auch wenn der Aufruf Blut zu spenden bei den Bonner Bürgern auf sehr großen Widerhall trifft. Das Blutspendewesen benötige dringend regelmäßige Blutspender. „Jetzt so dringend wie noch nie“, mahnt Küpper. Auch an die Kommunen richtet sich der Pressesprecher mit einem Appell: „Lassen Sie die Blutspende nicht im Regen stehen. Nur mit einem Dach über dem Kopf, das uns als Spendelokal dient, können wir arbeiten.“ Niemand müsse sich Sorgen machen, dass eine Blutspendeaktion erhöhte Risiken für die Teilnehmer oder Nutzer der Räumlichkeiten darstellt.

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