Weihnachten und Neujahr in der Gastfamilie Chinesin Peiqi Thu verbringt die Feiertage bei Bonnern

BONN · Auf Zehenspitzen steht die chinesische Austauschstudentin Peiqi Thu in der Küche der Bonner Familie Sieber. "Die deutschen Küchen sind zu hoch für mich", sagt sie, streckt ihren Hals und schiebt das Schweinefleisch im Wok hin und her. Es soll eine Vorspeise für das Festessen werden.

 Die Bonner Familie Sieber schenkt Gaststudentin Peiqi Thu einen Beethoven-Taler. Am Mittagstisch sitzen und stehen von rechts Astrid, Philipp, Gaston, Alexa Burieke, Vater Philipp R., Henrike und Flavia und Peiqi.

Die Bonner Familie Sieber schenkt Gaststudentin Peiqi Thu einen Beethoven-Taler. Am Mittagstisch sitzen und stehen von rechts Astrid, Philipp, Gaston, Alexa Burieke, Vater Philipp R., Henrike und Flavia und Peiqi.

Foto: Nicolas Ottersbach

Im Wintergarten warten sieben hungrige Gastgeber: Astrid und Philipp R. Sieber, die Kinder Gaston, Philipp, Henrike, Flavia und Oma Alexa Burieke. Sie haben Peiqi aufgenommen, um mit ihr Weihnachten und Neujahr zu verbringen.

Schon im vergangenen Jahr feierten sie mit einem Fremden, der ihnen durch den Austausch-Verein "Experiment" vermittelt wurde. Der 16-jährige Philipp fand darüber eine Gastfamilie in den USA, bei der er zehn Monate verbrachte. Die Siebers landeten in der Kartei. Und bekommen deshalb Anfragen, ob sie auch jemanden aufnehmen möchten. "Das war bisher sehr kurzfristig", erzählt Vater Philipp R. Sieber. Anfang Dezember erfuhren sie von Peiqi.

Laut Tochter Flavia habe die Diskussion darüber, ob man sie beherbergen wolle, keine fünf Minuten gedauert. Sie räumte wie selbstverständlich ihr Zimmer für den Gast aus der Millionenmetropole Shenzhen in Südostchina nahe Hongkong. Die 20-Jährige studiert Deutsch in der Hauptstadt Peking, bis Sommer ist sie an der Universität Duisburg-Essen und belegt Germanistik. Über die Sprache pflegt sie zu sagen, dass sie "sehr männlich" klinge. Schwierig auszusprechen sei das für eine junge Frau wie sie. Französisch findet sie dagegen eher weiblich. Obwohl sie manches Mal nach den richtigen Worten suchen muss, wird bei den Siebers viel geredet. Zwischen Sauerbraten und Nachtisch geht es darum, was Peiqi an Deutschland am liebsten mag.

"Die hübschen Männer und das Bier", sagt sie und lacht verlegen. Oder dass die Deutschen viele Werkzeuge haben, in der Küche gibt es unzählige Messer, Löffel, Gabeln und Geräte. "Wir kommen mit Stäbchen aus." Es sind aber nicht nur leichte Themen, in der Weltpolitik würden die Menschenrechte in China immer wieder kritisiert. "Wir wissen schon, was in unserem Land passiert", erzählt Peiqi. Internetseiten wie Facebook oder Youtube seien zwar zensiert, aber dank der modernen Technik könnten solche Sperren leicht umgangen werden. "Die Menschen suchen sich ihren Weg." Die Vorgehensweise sei anders als beispielsweise in Europa. Man sei eher zurückhaltend und überlege mehrmals, bevor man etwas macht. "So ist unsere Erziehung, so ist unsere Kultur", sagt Peiqi. Die Siebers nicken. "Wir waren schon immer weltoffen", sagt Oma Alexa Burieke. Schon vor rund 30 Jahren hatte sie einen amerikanischen Ziehsohn, der nun der Patenonkel von Flavia ist.

Andersherum lernt Peiqi in den zwei Wochen bei ihrer Gastfamilie mehr über die deutsche Kultur, als während ihres gesamten Aufenthalts. "Die meisten anderen Austauschstudenten nutzen die Zeit, um durch das Land zu reisen. Ich wollte aber die Menschen genau kennenlernen", sagt sie. Ob sie wirklich so sind, wie sie ihr Dozent Florian Rosbach in Peking immer beschreibt: Strebsam und offenherzig. Er habe Recht. So "freundlich und besinnlich" hat sie das Weihnachtsfest in China noch nicht erlebt. "Wir kaufen viele Geschenke, wissen auch wo Weihnachten seinen Ursprung hat, aber so ruhig wie hier ist es nie." Weihnachten sei eher bunt und ein gutes Geschäft für die Läden. Ganz ohne Geschenke gehe es aber auch hier nicht, findet Astrid Sieber. Für Peiqi gibt es deshalb einen goldenen Beethoven-Taler.

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