Zuversicht statt Resignation Bonnerin gründet Treffpunkt für junge Krebskranke

Bonn · Charlotte bekam vor zwei Jahren die erschütternde Diagnose: Sie hat Krebs. Doch die inzwischen 33-Jährige gab sich keineswegs ihrem Schicksal hin. Sie gründete stattdessen einen Treffpunkt, an dem junge Krebskranke über ihre Probleme reden können.

 Die 33-jährige Charlotte hat den „Treffpunkt Bonn“ für junge Erwachsene mit Krebs gegründet.

Die 33-jährige Charlotte hat den „Treffpunkt Bonn“ für junge Erwachsene mit Krebs gegründet.

Foto: Benjamin Westhoff

Ein strahlendes Lächeln, eine flotte Kurzhaarfrisur und jede Menge Lebensfreude: Charlotte ist auf den ersten Blick eine junge Frau, die ihr Leben genießt. Bei einer flüchtigen Begegnung erahnt ihr Gegenüber nichts von dem Schmerz, der Hoffnung, der Angst und der Trauer, die seit knapp zwei Jahren ihr Leben bestimmen.

„Es geht mir wirklich sehr gut“, wiegelt die 33-jährige Bonnerin ab. „Auch wenn ich niemals mehr vollkommen frei von den Gedanken an das eigene Sterben sein werde, habe ich in den letzten Monaten zu mir selbst gefunden“, erzählt sie ganz offen. Trotz ihres Schicksals und des ungleichen Kampfs, den sie seit Monaten führt. Die junge Frau erhielt im Oktober 2016 aus heiterem Himmel die Diagnose Krebs. „Das hat mir natürlich den Boden unter den Füßen fortgerissen. Wieso ich? Niemand in meiner Familie ist bisher daran erkrankt.“ Sie habe damals lange mit ihrem Schicksal gehadert.

Nach dem ersten Schock und der Ohnmacht mobilisierte sie schnell alle ihre Kräfte. Sie holte eine Zweitmeinung ein, informierte sich über Therapien sowie alternative Ansätze, suchte das Gespräch mit anderen. „Doch mir war schnell klar, dass ich mich auf die Schulmedizin verlassen werde.“ Es folgten Chemo, Bestrahlung, Operation und Reha – mit allen Nebenwirkungen. „Gerade während der Chemo ging es mir so schlecht, dass ich kurz davor war, alles abzubrechen“, erinnert sie sich – und hielt durch.

Weniger schmerzlich war für sie der Verlust ihrer langen Haare. „Ich habe das einfach akzeptiert und mich nicht versteckt. Ich bin mit der Situation ganz offen umgegangen und habe sogar oft auf eine Perücke verzichtet.“ Was ihr in dieser schweren Zeit allerdings am meisten gefehlt hat, war der Austausch mit anderen Betroffenen. „Wer in jungen Jahren an Krebs erkrankt, der hat ganz andere Bedürfnisse als jemand, der die Diagnose nach einem erfüllten Leben bekommt“, sagt die 33-Jährige. Als Beispiel nennt sie unerfüllte Lebensträume oder materielle Not. „Wenn man am Anfang des Berufslebens steht oder eine kleine Familie hat, kommt man mit dem Krankengeld schnell an seine finanziellen Grenzen.“

Auch der Austausch mit Krankenkassen sei oft zermürbend und energiezehrend. Daher hat sie zusammen mit Tanja, die sie während ihrer Therapie kennenlernte, den „Treffpunkt Bonn“ der „Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs“ gegründet. Mittlerweile nutzen 20 Betroffene zwischen 18 und 39 Jahren aus Bonn und der Region das Angebot zum Austausch. „Ich hatte einfach das Bedürfnis, mich mit Gleichaltrigen zu treffen, gemeinsam etwas zu unternehmen und natürlich auch über Therapien und Ängste zu sprechen“, erzählt Charlotte.

Ins Rollen kam die Gründung des Treffpunkts im vergangenen Jahr. Mit Blick auf ihren 33. Geburtstag im Januar sei sie immer wieder gefragt worden: Was wünschst Du Dir? „Irgendwann war mir dann klar, dass ich mir Zeit wünsche. Zeit, die ich mit Menschen verbringen kann, die mir am Herzen liegen und denen ich am Herzen liege.“ Daher sammelte sie bei Freunden und Familie Geld für Aktivitäten des Bonner Treffpunkts. Jetzt treffen sich die Mitglieder regelmäßig. Es wird gemeinsam etwas unternommen, geredet, gelacht und manchmal auch geweint. „Aber genau diesen Austausch braucht man in dieser extremen Ausnahmesituation“, sagt die Bonnerin.

Geholfen haben ihr jedoch auch Eltern, Geschwister, Freunde und Arbeitskollegen. „Ich bin so dankbar dafür, dass ich großartige Menschen in meinem Umfeld habe, die mich unterstützen und begleiten“, sagt sie. Heute weiß sie, dass der Krebs auch eine Chance in ihrem Leben ist. „Ich habe gelernt, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich lebe gerne, jeden Tag. Und ich schiebe nichts mehr auf die lange Bank.“ Daher wird sie im Sommer Norwegen erkunden.

„Das hatte ich eigentlich schon seit Jahren vor. Aber jetzt wird dieser Plan endlich umgesetzt“, freut sie sich auf die Reise, die sie ganz bewusst alleine unternehmen wird. „Ich glaube, dass unser Lebensweg vorherbestimmt ist. Darauf vertraue ich und deswegen blicke ich auch ruhig, gelassen und positiv meiner Zukunft entgegen. Trotz mancher Rückschläge“, sagt Charlotte und strahlt Mut und Zuversicht aus.

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