Fällungen von Bäumen Bonner Wald im Wandel

Bonn · Zum Schutz der Spaziergänger lässt die Stadt im Herbst Bäume fällen. Jäger müssen den Wildschweinbestand minimieren.

 Pilze und Käfer sorgen dafür, dass die Bäume im Stadtwald instabil werden, erklärt Stadtförster Sebastian Korintenberg.

Pilze und Käfer sorgen dafür, dass die Bäume im Stadtwald instabil werden, erklärt Stadtförster Sebastian Korintenberg.

Foto: Stefan Hermes

Der Herbstwald kann zauberhaft sein. Wenn sich die verschiedenen Grüntöne langsam mit den sich rot, orange und gelb verfärbenden Blättern mischen und dann auch noch die Sonne durch einen lichter werdenden Wald strahlt, wird gerne prosaisch vom „goldenen Herbst“ gesprochen. Doch die Verfärbungen der Blätter erscheinen manch einem zu langsam, andere wiederum empfinden den Rückzug des grünen Farbstoffs Chlorophyll als zu schnell. Der Klimawandel verunsichert die Einschätzung.

„Die Verfärbungen wechseln in jedem Jahr anders. Da gibt es keinen festen Zeitpunkt“, beruhigt dagegen Stadtförster Sebastian Korintenberg bei einem Treffen mit Jagdpächter Reiner Wolter an der Waldau. Für die beiden Männer bedeutet der Herbst vor allem – seinem sprachgeschichtlichen Ursprung nach – Erntezeit, also Arbeit.

Durch die letzten beiden extrem warmen und trockenen Jahre ist  Stadtförster Korintenberg schon seit geraumer Zeit mit seinen Mitarbeitern und freien Unternehmern mit dem Fällen von rund 7000 Fichten beschäftigt, die von Buchdrucker- und Kupferstecher-Borkenkäfern befallen sind.

Der bereits geringe Fichtenbestand von etwa fünf Prozent werde im Stadtwald bald gar nicht mehr vorhanden sein, so der Förster. Im Moment werden zum Schutz der Waldbesucher vor allem die Bäume gefällt, die im 30-Meter-Abstand von den Wegen entfernt stehen. „Es gibt jetzt natürlich einen völligen Fichten-Überschuss in Gesamt-Europa“, sagt Korintenberg. Die Sägewerke würden sich jetzt nicht gerade um Fichtenholz reißen, „aber wir kriegen es immerhin noch kostendeckend abgesetzt.“

Bei der Wiederaufforstung von etwa 30 bis 40 Hektar gerodetem Fichtenwald liegt nun der Schwerpunkt auf Stiel- und Traubeneichen. Darunter kommen klima­stabile Hainbuchen, Winterlinden und Vogelkirschen zum Einsatz. An feuchteren Stellen werden schnell wachsende Erlen gepflanzt, die mit ihren Kronen einen Schutzschirm über den Neupflanzungen bilden sollen.

Auch einige für den Bewuchs an der Waldau so typische Kopfbuchen sterben in einer rapiden Geschwindigkeit ab. „Wenn ein Baum nicht mehr gesund ist, kann er sich nicht wehren, dann kommen Pilze und Käfer und die die Kronen brechen beim Fällen wie ein Kartenhaus zusammen“, erklärt Korintenberg.

Auf dem „Weg der Artenvielfalt“ an der Waldau mussten bereits etliche Kopfbuchen gefällt werden, was nun riesige Löcher zurücklasse. „Massive Klimaschäden“, so der Forstmann, hätten neben den Buchen auch die Kiefern an trockeneren Standorten wie in Bad Godesberg getroffen.

Die gefällten pilzerkrankten Bäume würden nun oft im Wald liegengelassen und bildeten mit ihrem Totholz die Lebensgrundlage für eine Fülle von Tier- und Pflanzenarten. Neben den unzähligen Insekten und Pilzen sind auch Siebenschläfer, in Höhlen brütende Vögel oder wärmeliebende Reptilien auf Totholz angewiesen. „Nicht jeder Waldbesucher findet den Anblick gut“, weiß Korintenberg.

Auch Jäger Wolter sieht im Totholz eher die Gefahr, dass sich Tiere darin verfangen. Vor allem, wenn Rehe oder Damwild von den frei laufenden Hunden gejagt werden. Es gilt nach dem Landesforstgesetz: Hunde fürfen außerhalb von Wegen nur angeleint mitgeführt werden. Auf Wegen müssen sich nicht unbedingt an die Leine.Die nicht einfache Aufgabe des Jägers ist es, den Wildschweinbestand in seinem rund 330 Hektar großen Pachtwald zu minimieren. Doch mehr als 20 bis 30 Sauen kommen den sieben Jägern auf Venusberg, Kaiserpark und im Melbtal nicht vor die Büchse.

„Die Sauen sind schlau“, sagt Wolter, die würden in der Nähe von Wegen auf der Suche nach tierischem Eiweiß ganze Wiesen umwühlen – einem Bereich, in dem nicht geschossen werden darf. Noch schlauer seien nur die Hasen, die man nur im Sommer sehe. Kaum sei die Schonzeit um, lasse sich auch kein Hase mehr blicken. Eine Ursache sieht er in dem zunehmenden „Nachtverkehr“.

Es gebe viele Mountain- und Dirtbiker, Jogger und Geocacher, die nachts mit Stirnlampen im tiefsten Wald die Tiere aufschreckten. Jagdpächter und Stadtförster sind sich einig in ihrem Wunsch nach einem gegenseitigen Respekt von Waldbesuchern und -pflegern gegenüber der Natur.

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