Wegen geplanter Sanierung des Tausendfüßlers Bonner Tierheim und Kleingärtner streiten um Flächen

Bonn · Wegen der Sanierung des Tausendfüßlers verliert das Bonner Tierheim an Platz. Auf der Suche nach Ersatzflächen gibt es bislang keine Lösung. Stattdessen gibt es einen Streit mit dem langjährigen Nachbarn - einem Kleingartenverein.

 Das Bonner Tierheim unter der Autobahnbrücke.

Das Bonner Tierheim unter der Autobahnbrücke.

Foto: Dr. Martin Wein

Unter langjährigen Nachbarn ist ein Streit ausgebrochen. Das Albert-Schweitzer-Tierheim und der Kleingärtnerverein Flora am Lambareneweg sind schlecht auf den anderen zusprechen. Das sei nichts Persönliches, wie beide Seiten betonen. Der Grund liegt in der geplanten Sanierung des Tausendfüßlers, eines Abschnitts der Autobahn 565. Das Tierheim wird Flächen abgeben müssen, damit der Neubau erfolgen kann, der nach Fertigstellung an die heutige Stelle verschwenkt werden soll.

Protest vor dem Stadthaus

Die Vorsitzende des Bonner Tierschutzvereins, Barbara Töpfer, spricht von der Hälfte der Fläche, die abzutreten wäre. Im August hat sie einen Bürgerantrag gestellt, auf die städtischen Schrebergärten auszuweichen. Um dieser Forderung Ausdruck zu verleihen, demonstrierten am Dienstag vor der Sitzung der Bezirksvertretung rund 60 Teilnehmer mit ihren Hunden unter dem Motto "Wir brauchen Platz für Hund, Maus und Katz". Oberbürgermeister Ashok Sridharan war vor Ort. Er erklärte: "Wir werden uns dafür einsetzen, dass es für das Tierheim - auch während der Baumaßnahme des Landes - eine Alternative gibt", so Sridharan.

Der Vorstoß von Töpfer schmeckt den Flora-Mitgliedern überhaupt nicht. Sie fordern einen runden Tisch, das Thema soll Chefsache werden. Wie die Verwaltung in ihrer aktuellen Stellungnahme zum Bürgerantrag darstellt, seien die Probleme bereits seit 2017 bei der Planung in die Überlegungen einbezogen worden. Regina Rademächers aus dem Beirat des Tierheims erklärte gegenüber dem GA am Dienstag dennoch: "Es ärgert uns, dass die Stadt nicht früher gehandelt hat."

Laut Verwaltung stehe erst seit diesem Jahr fest, dass das Tierheim während der gesamten Baumaßnahme "in einer Weise betroffen sein wird, die ein Aufrechterhalten des Betriebs am Standort nur unter Neuorganisation und Erweiterung des genutzten Areals nach Westen gewährleisten wird".

Richtung Westen liegen die Schrebergärten. Eine Standortverlagerung bewertet die Verwaltung als "schwierig". Die Maßnahme müsse aber bis zum Sanierungsstart des Tausendfüßlers - laut dem Bauherrn Landesbetrieb Straßenbau NRW für den Jahreswechsel 2021/22 angedacht - abgeschlossen sein. Konkret von einer Verlagerung betroffen sind ein Hundetrakt mit Auslauf, eine Quarantänestation sowie möglicherweise Zufahrt und Stellplätze.

Wie aus der Verwaltungsstellungnahme hervorgeht, muss die Funktionsfähigkeit des Tierheims durchgehend gewährleistet sein, damit die Betriebserlaubnis bestehen bleibt. Ein Verlust hätte auch für die Stadt Folgen. Denn es ist vertraglich festgelegt, dass die Einrichtung Fund- und eingezogene Tiere aufnimmt. 1300 waren es laut Töpfer 2018. Der Bonner Stadtverband der Gartenfreunde als Verpächter der Anlage ist strikt gegen eine Verkleinerung. Man habe bereits zweimal Flächen zugunsten des Tierheims abgegeben, ohne Ersatz zu fordern. "Die Kleingärtner haben im Verein eine soziale Heimat gefunden. Das Vereinsleben ist für diese Menschen von größter Wichtigkeit", sagt der Vorsitzende Peter Terlau. "Wir wollen einen runden Tisch, dann wird Tacheles geredet. Freiwillig gehen wir nicht."

Seitens des Tierschutzvereins macht Barbara Töpfer keinen Hehl daraus, dass sie das jetzige rund 5000 Quadratmeter große Areal, das im Eigentum des Vereins ist, nicht ohne die Zusage für ein neues Tierheim verlassen werde. Ein Neubau dürfte einige hunderttausend Euro kosten. Falls es keine Lösung gebe, sei sie festentschlossen, das jetzt beginnende Planfeststellungsverfahren mit Einspruch und Klage zu blockieren. "Wir gehen bis zur Enteignung." Töpfers Druckmittel ist, dass über dieses Verfahren Jahre ins Land gehen könnten. Die Betriebserlaubnis des Tausendfüßlers läuft aber 2022 aus.

Die Verwaltung will eine einvernehmliche Lösung. Dazu hätten Gespräche mit den Betroffenen stattgefunden, betonte Oberbürgermeister Ashok Sridharan jüngst im Stadtrat. Mit dem Kleingartenverein Flora sei über alternative Standorte gesprochen worden, die nun geprüft würden. Auch mit dem Bauherrn, dem Landesbetrieb, sei die Stadt im Gespräch. Angeregt von der Verwaltung wurde, sowohl das Tierheim wie auch die Kleingartenanlage in das Planfeststellungsverfahren zum Tausendfüßler einzubeziehen. Einen runden Tisch einzuberufen liegt nach Ansicht der Verwaltung in der Zuständigkeit des Landesbetriebs.

Michael Faber von der Linksfraktion hatte den OB aufgefordert, "die Angelegenheit zur Chefsache zu erklären". Mit einem entsprechenden Antrag wollte er die Suche nach Ersatzflächen beschleunigen. Faber zeigte sich enttäuscht, dass die Jamaika-Koalition diesen Vorschlag gegen die Stimmen der eigenen Fraktion, der SPD, des Bürger Bundes Bonn und der Sozialliberalen zunächst in die Fachausschüsse verwies.

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