Pferdezucht in Röttgen Bonner Tierärztin ist Spezialistin für die texanische Rasse Quarter Horses

RÖTTGEN · Wer die Witterschlicker Allee zwischen Röttgen und Witterschlick entlangspaziert, findet sich erst einmal im Nichts wieder. Außer Wald gibt es dort nur eine Autobahnbrücke, die Abwechslung vom tiefen Wald verspricht. Doch mitten im Kottenforst weht ein Hauch von Wildem Westen.

 Pferdezucht im Kottenforst: Frauke Daniels (links) und Anna-Lena Schmauck mit einem drei Wochen alten Fohlen und seiner Mutter.

Pferdezucht im Kottenforst: Frauke Daniels (links) und Anna-Lena Schmauck mit einem drei Wochen alten Fohlen und seiner Mutter.

Foto: OTTERSBACH

Dort hat die Bonner Tierärztin Frauke Daniel ihre Quarter-Horse-Zucht samt Besamungsstation aufgebaut. Mit Erfolg: Ihre Pferde brachten schon viele Preise ein und sind international bekannt.

Dabei hatte alles recht unscheinbar angefangen, als sie mit drei Jahren ihre erste Reitstunde nahm. "Über zehn Jahre musste ich quengeln, bis mir meine Eltern den Mädchentraum vom eigenen Pferd erfüllten", erzählt die 39-Jährige. Zur Konfirmation stand dann ein Haflinger vor der Haustür. Noch vor Daniels Abitur 1993 bekam die Stute ihr erstes Fohlen, kurze Zeit später folgte das zweite.

Auf den Wiesen und in den kleinen Holzhütten ihres Vaters Günter Daniel konnte sie die Tiere zunächst aufziehen. In die Quarter Horses verguckte sie sich bei einem Austauschjahr in Texas, als sie auf einer Ranch lebte. "Die sind so schön unkompliziert", sagt Daniel. Denn die Pferde der Cowboys seien so gezüchtet, dass sie stets ruhig seien und eine gewisse "Coolness" ausstrahlten. "Eben richtige Arbeitstiere."

Während ihres Studiums in Leipzig und Wien flog sie jedes Wochenende zurück auf den heimischen Hof. "In dieser Zeit tauschte mein Vater seinen Beamtensessel gegen Trecker und Gummistiefel", sagt sie. Ohne seine Unterstützung wäre es nicht möglich gewesen, das kleine Unternehmen aufrechtzuerhalten. 2004 wagte sie den Schritt, als eine der ersten deutschen Quarter-Horse-Züchterinnen Gefriersamen einzusetzen, heute gilt sie als Spezialistin auf dem Gebiet. Damals eröffnete das ganz neue Möglichkeiten: Die bei minus 196 Grad Celsius eingefrorenen Spermien der Hengste werden so ewig haltbar gemacht und konnten direkt aus den Vereinigten Staaten importiert werden. Auch bei der neusten Entwicklung ist sie Pionierin: Beim Embryotransfer werden ganze Embryonen zwischen Stuten ausgetauscht.

2007 war der Betrieb so groß, dass die kleinen Holzhütten nicht mehr ausreichten und ein provisorisches Zelt aufgestellt wurde. Zwei Jahre später war die Stallanlage fertig. Da holte sie auch ihren ersten Deckhengst "Jacks Great Spirit" im Flugzeug von Oklahoma nach Bonn. Mit seinen 22 Jahren ist er immer noch ihr bestes Pferd im Stall, wenn ihn auch Rückenprobleme plagen. "Um ihm das Besteigen der Stuten zu erleichtern, haben wir ihm eine dafür eine Grube ausgehoben", erzählt sie.

Noch heute sind die Gefriersamen ein schwieriges Handwerk. In der Zuchtsaison zwischen März und August muss Frauke Daniel ihre Stuten alle sechs Stunden per Ultraschall untersuchen - Tag und Nacht. Denn das Zeitfenster, in denen die Tiere befruchtet werden können, ist sehr eng. Die Eizellen leben nur acht Stunden. "Weil der Gefriersamen lediglich zwölf Stunden nach dem Auftauen hält, ist die Besamung fürchterlich aufwendig", sagt Daniel. Deshalb sei es für viele Tierärzte gar nicht möglich, mit Gefriersamen zu arbeiten. "Dafür müssten die Veterinäre rund um die Uhr unterwegs sein, ich muss nur zu meiner eigenen Pferdepraxis im Wald fahren." So pendelt sie in der Mittagspause zwischen ihrem normalen Job in der Beueler Kleintierpraxis und dem Kottenforst hin und her. Zeit zum Reiten bleibt da nicht.

Mittlerweile braucht sie viele helfende Hände, um die aktuell 45 eigenen und Kundenpferde sowie die etwa 60 pro Jahr geborenen Fohlen zu versorgen. Neben ihrem 81-jährigen Vater gibt es eine Vollzeitkraft. Immer dabei ist die Tierarzthelferin Anna-Lena Schmauck, deren Traumjob die Tiermedizin ist. "Hier kann ich schon voll mitarbeiten", sagt die 25-Jährige, die seit sechs Jahren auf einen Studienplatz wartet. Größer möchte Frauke Daniel ihre Zucht nicht haben. "Sonst wird das zur Fließbandarbeit", sagt sie. "Das schönste ist, nachts im Stroh zu sitzen und zu beobachten, wie ein Fohlen auf die Welt kommt."

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