Suche nach Veranstaltungsort Bonner SPD freut sich über Sonderparteitag in Bonn

Bonn · Die SPD will sich zu einem Sonderparteitag in Bonn treffen, um über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der CDU zu entscheiden. Die Bonner SPD reagiert erfreut.

Die Bonner SPD hat erfreut auf die am Dienstag verbreitete Nachricht reagiert, dass der für den 21. Januar angesetzte Sonderparteitag der Genossen in Bonn stattfinden wird. „Das finde ich sehr schön, nicht zuletzt, weil hier schon viele wichtige Entscheidungen für die SPD getroffen worden sind, wie zum Beispiel das Godesberger Programm“, sagte Gabriel Kunze, Vorsitzender des Unterbezirksvorstands, dem GA.

Er selbst habe auch erst am Dienstag erfahren, dass der Sonderparteitag in Bonn stattfinden werde und könne über die Gründe dafür nur spekulieren. „Es musste ja ziemlich kurzfristig ein Veranstaltungsort gefunden werden, weil wir beim Bundesparteitag entschieden haben, dass es vor möglichen Koalitionsgesprächen mit der Union noch einen Sonderparteitag geben soll“, sagte Kunze.

Womöglich hätten die Verantwortlichen gezielt nach einer Veranstaltungsstätte in Nordrhein-Westfalen gesucht, weil in NRW viele SPD-Mitglieder zu Hause seien. Er vermute, dass der Sonderparteitag nun im World Conference Center Bonn (WCCB) abgehalten werde.

Suche nach Bundesregierung verzögert sich

Wie SPD-Chef Martin Schulz am Dienstag mitteilte, wollten die Christsozialen vor ihrer Klausurtagung in Kloster Seeon (4.-6. Januar) nicht mit Sondierungen beginnen. „Deshalb brauchen wir ein bisschen mehr Zeit“, so Schulz.

Der SPD-Sonderparteitag, der über die mögliche Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheidet, soll nun nicht wie gedacht am 14., sondern am 21. Januar in Bonn stattfinden. Mit einer neuen Regierung in Deutschland wird nicht mehr vor März gerechnet.

Nach der Klausur der CSU-Landesgruppe könnte dann ab dem 7. Januar sondiert werden. Der SPD-Sonderparteitag mit 600 Delegierten in Bonn gilt als eine der entscheidenden Hürden auf dem Weg in Richtung große Koalition. Mit den in den Sondierungen vereinbarten Kernprojekten muss Schulz vor die Delegierten treten und um eine Zustimmung für förmliche Koalitionsverhandlungen werben. Ein Ja ist völlig offen.

Zur Vorbereitung und Absprache erster inhaltlicher Punkte treffen sich Merkel, Schulz, CSU-Chef Horst Seehofer und die Spitzen der Fraktionen an diesem Mittwoch in Berlin. Schulz hatte eine erneute große Koalition mehrfach ausgeschlossen. Jetzt herrscht große Skepsis in der SPD, der Thüringer Landesverband hat die „GroKo“ bereits klar abgelehnt. Eigentlich wollte die SPD nach der Wahlniederlage in der Opposition ihr Profil schärfen und einen Erneuerungsprozess starten - aber nach dem Aus der Jamaika-Verhandlungen von Union, FDP und Grünen will und muss Merkel nun mit der SPD eine Koalition schmieden.

Eine Schlüsselfigur wird der neue „Liebling“ der SPD, die mit 97,5 Prozent zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählte Malu Dreyer. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin sieht ihre Partei selbstbewusst aufgestellt.

„Die SPD hat noch nie Angst gehabt zu regieren“, sagte sie. Die Partei habe nach der Bundestagswahl gute Gründe für die Entscheidung gehabt, nicht in eine große Koalition zu gehen. „Wir haben mit genau dem gleichen großen Selbstbewusstsein festgestellt, dass sich die Lage verändert hat.“ Dreyer hatte zuletzt eine Präferenz für eine von der SPD tolerierte Minderheitsregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erkennen lassen - aber Merkel hat diese Tür schon geschlossen: Sie will nur über eine stabile große Koalition verhandeln.

Am Dienstag wurde mit dem 86. Tag nach der Wahl ohne neue Regierung der bisherige Rekord der längsten Regierungsbildung eingestellt. 2013 wurde das Kabinett Merkel zu diesem Zeitpunkt im Bundestag vereidigt. Ursprünglich war geplant, dass der SPD-Parteitag am 14. Januar in Berlin stattfindet und dass die Aufbauten des jüngsten Parteitags in der Berliner Messe einfach stehen bleiben und so die Kosten von normalerweise rund einer Million Euro verringert werden können. Nach diesem Datum wird die Halle aber für die Grüne Woche gebraucht. Nun weicht die SPD in die frühere Hauptstadt Bonn aus.

In der SPD wächst unterdessen der Unmut über Ex-Parteichef Sigmar Gabriel wegen dessen Kritik am Kurs der Partei. „Bei einigen Aussagen habe ich mir wirklich die Augen gerieben“, sagte der Vizevorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Dann habe ich mich gefragt, wer denn in den letzten Jahren Verantwortung als Parteivorsitzender und Wirtschaftsminister getragen hat.“ SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles reagierte in der „Saarbrücker Zeitung“ (Mittwoch) mit Ironie: „Es ist gut, wenn auch Sigmar Gabriel, der die Politik der SPD in den letzten acht Jahren maßgeblich geprägt hat, über die Erneuerung der SPD nachdenkt.“ Die Bundestagsabgeordnete Ulrike Nissen meinte: Gabriel „geht mir immer mehr auf den Senkel“.

Der geschäftsführende Außenminister hatte in einem Gastbeitrag im „Spiegel“ eine zu starke Distanz der SPD zu ihren klassischen Wählerschichten beklagt und eine grundlegende Kurskorrektur sowie auch ehrliche Debatten über die Begriffe „Heimat“ und „Leitkultur“ gefordert. Er mahnt seit langem, die Sorgen wegen des Flüchtlingszuzugs ernster zu nehmen. Parteiintern eckt er immer wieder an. Die SPD hatte mit Schulz als Parteichef und Kanzlerkandidat im September mit 20,5 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren.

Gabriel gilt als Architekt der letzten großen Koalition mit Merkel. Trotzdem wurde der geschäftsführende Vizekanzler von Schulz nicht in das zwölfköpfige Sondierungsteam der SPD berufen. (ga/dpa)

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